dc.description.abstract | Juckreiz ist ein weit verbreitetes Symptom, das in Verbindung mit zahlreichen Erkrankungen auftritt. Vor allem im Rahmen von chronischen Hauterkrankungen, wie der ND, kann dieser Juckreiz für die Patienten bisweilen sehr quälend sein. Ähnlich wie
Schmerz löst das Auftreten von Juckreiz beim Betroffenen eine bestimmte Reaktion aus, in diesem Fall eine Kratzreaktion. Es existieren verschiedene Methoden zur experimentellen Juckreizinduktion. Eine etablierte und nicht-invasive Möglichkeit stellt
die Induktion über audiovisuelle Stimuli dar. Es werden z.B. Bilder von Hauterkrankungen oder sich kratzenden Menschen gezeigt, wodurch Juckreiz beim Betrachter ausgelöst werden kann. Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss der
Erwartungshaltung hinsichtlich juckreizbezogener Stimuli und deren Auswirkung auf Juckreiz und Kratzverhalten bei audiovisuell induziertem Juckreiz. Solche Effekte wurden bislang noch nicht untersucht. Zusätzlich wurde untersucht, ob die in Vorgängerstudien gefundenen Zusammenhänge zwischen Juckreiz und Kratzverhalten sowie psychologischen Faktoren replizierbar sind. Untersucht wurden eine Gruppe von 40 ND-Patienten und eine Kontrollgruppe mit 40 hautgesunden Probanden. Beide Probandengruppen wurden nochmals in zwei Subgruppen aufgeteilt. Eine Hälfte bekam vorab die Information, dass es nachfolgend zum Auftreten von Juckreiz kommen kann, die andere Hälfte erhielt diese Information nicht. Beiden Gruppen wurde
in randomisierter Reihenfolge ein Video mit juckreizbezogenem Inhalt (EV) sowie ein Neutralvideo (NV) zur Kontrolle gezeigt. Zur Erfassung der psychologischen Faktoren wurden Daten mithilfe mehrerer Fragebögen erhoben (u.a. HADS, NEO-FFI, SAM). Die
Juckreizintensität wurde ebenfalls mittels Fragebogen jeweils nach Darbietung beider Videos erhoben. Die Probanden wurden während der Videobetrachtung gefilmt, um anhand der Aufzeichnung Kratzdauer und Kratzhäufigkeit zu ermitteln. Es wurden die
Anstiege und Summen der drei Parameter Juckreizintensität, Kratzhäufigkeit und Kratzdauer nach Betrachten beider Videos ermittelt. Es zeigte sich, dass mittels audiovisueller Stimulation erfolgreich Juckreiz und Kratzen induziert werden konnte.
Die Anstiege von Kratzhäufigkeit und Kratzdauer waren in der nicht-informierten NDGruppe signifikant größer als in der informierten ND-Gruppe. Hinsichtlich der Juckreizintensität ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden
ND-Gruppen beobachten. Zwischen den informierten und den nicht-informierten Hautgesunden ergaben sich bezüglich Juckreizintensität, Kratzdauer und Kratzhäufigkeit keine signifikanten Unterschiede. Die zuvor gefundenen Zusammenhänge
zwischen Kratzhäufigkeit, Verträglichkeit und öffentlicher Selbstaufmerksamkeit sowie zwischen Depression und Juckreizempfinden ließen sich in dieser Studie nicht replizieren. Im Rahmen dieser Untersuchung gelang es erstmals, Erwartungseffekte auf audiovisuell induzierten Juckreiz, insbesondere bei ND-Patienten, nachzuweisen.
Die Ankündigung von potentiell aufkommendem Juckreiz ermöglicht es den NDPatienten, anders mit dem Juckreiz umzugehen als die nicht-informierten Mitprobanden. Diese Untersuchung zeigt, dass eine realistische Symptomvermittlung
für die Arzt-Patienten-Beziehung im Alltag einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf von Patienten mit chronischem Juckreiz haben könnte. Die Frage, welche Kontrollmechanismen und Coping-Strategien die ND-Patienten zur Reduktion
ihres Kratzverhaltens anwenden, sollte Gegenstand weiterer Forschung sein. | de_DE |