Munk, AishaKlucken, TimSchmidt, Norina ManonNorina ManonSchmidt2024-12-182024-12-182024https://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/20060https://doi.org/10.22029/jlupub-19415Die kognitive Verarbeitung von erotischen Reizen hat, zahlreichen theoretischen Modellen zufolge, bedeutsame Implikationen für sexuelles Wohlbefinden und die Entstehung sexueller Funktionsstörungen. Dennoch ist bislang wenig darüber bekannt, welche Bedeutung endokrine und dispositionelle Faktoren für die erotische Stimulusverarbeitung haben, obgleich ihr potenzieller Einfluss auf die sexuelle Gesundheit vielfältig diskutiert wird. Um diese Forschungslücke zu adressieren, wurde im vorliegenden Dissertationsprojekt der Zusammenhang ausgewählter endokriner und dispositioneller Faktoren mit neuralen Korrelaten der emotionalen und erotischen Stimulusverarbeitung untersucht. Die neurale Ansprechbarkeit wurde dabei mittels ereigniskorrelierter Potentiale (EKPs) erfasst. Diese stimulusgekoppelten Potentialveränderungen im Elektroenzephalogramm (EEG) konnten in vorherigen Untersuchungen mit spezifischen kognitiven und emotional-motivationalen Prozessen in Verbindung gebracht werden, wodurch sich ihre besondere Eignung für die Erfassung der Stimulusverarbeitung ergibt. Aufgrund der weiten Verbreitung oraler hormoneller Kontrazeptiva (OHK) und ihrem inhärenten Einfluss auf die weibliche Sexualität widmete sich die erste Publikation möglichen Veränderungen der subjektiven und neuralen Verarbeitung emotionaler und erotischer Stimuli unter OHK-Einnahme. Die Ergebnisse offenbarten keine Unterschiede zwischen freizyklierenden Frauen und Verwenderinnen von OHK bezüglich der subjektiven Valenz- und Arousaleinschätzung erotischer, positiver oder neutraler Stimuli. Auch unterschieden sich die Gruppen nicht hinsichtlich früher oder später EKPs. Die frühe posteriore Negativierung (EPN) war dabei als Marker für frühe, selektive Aufmerksamkeitsprozesse erhoben worden, das späte positive Potential (LPP) als Indikator für die mit einem Stimulus verbundene motivationale Salienz und Annäherungsmotivation. Innerhalb der Gruppe der OHK-Verwenderinnen zeigten sich Unterschiede zwischen aktiven und inaktiven Phasen des Einnahmeschemas. Die LPP-Amplitudendifferenz zwischen erotischen und neutralen Stimuli fiel innerhalb der siebentätigen Pillenpause und zu Beginn eines neuen Pillenblisters geringer aus als in der Mitte des 21-tätigen aktiven Einnahmephase. Dieser Befund lässt sich vor dem Hintergrund hormoneller Veränderungen zu Beginn bzw. am Ende des Einnahmerhythmus erklären. Grundlage der zweiten Publikation bildete das von John Bancroft und Erick Janssen vorgestellte duale Kontrollmodell (DKM) zur Beschreibung interindividueller Unterschiede in sexuellen Reaktionen. Hier zeigte sich ein negativer Zusammenhang zwischen der sexuellen Inhibition und der selbstberichteten sexuellen Funktion. Außerdem ergab sich für die neurale Ansprechbarkeit auf erotische Reize eine signifikante Interaktion zwischen Inhibitions- und Exzitationstendenzen. Eine stärkere Neigung zur sexuellen Inhibition ging mit geringeren LPP-Amplituden in Reaktion auf erotische Stimuli einher. Die Stärke dieses Zusammenhangs war jedoch reduziert bei Frauen, die gleichzeitig von einer ausgeprägten Exzitationsneigung berichteten. Dieser Befund kann als Beleg für das von Bancroft und Janssen propagierte dynamische Zusammenspiel von Exzitations- und Inhibitionstendenzen interpretiert werden. Zusammengefasst betonen die Ergebnisse beider Untersuchungen die besondere Bedeutung dispositioneller Faktoren für die erotische Stimulusverarbeitung. Der Einfluss endokriner Faktoren scheint dagegen komplexer und von vielen Faktoren abhängig zu sein, die im Rahmen der Arbeit diskutiert werden.deIn CopyrightEreigniskorrelierte PotentialeOrale KontrazeptivaErotische StimulusverarbeitungNeurale Korrelateddc:150Neurale Korrelate der erotischen Stimulusverarbeitung bei Frauen unter Berücksichtigung endokriner und dispositioneller Faktoren