Roeb, ElkeSchneider, MaryamMaryamSchneider2025-10-202025-10-202025https://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/20874https://doi.org/10.22029/jlupub-20224Die parasitäre Infektionskrankheit Schistosomiasis ist eine der häufigsten weltweit und betrifft schätzungsweise 250 Millionen Menschen, insbesondere in Afrika, Asien und Südamerika. Als Neglected tropical disease stellt sie einen relevanten Faktor für die weltweite Morbidität und Mortalität dar. Unter den humanpathogenen Spezies kann insbesondere S. mansoni eine schwere Leberschädigung hervorrufen, inklusive Leberfibrose, portaler Hypertension und der Entwicklung von Varizen. Eine Blutung aus Ösophagusvarizen ist dabei die häufigste Todesursache der Patienten. Derzeit ist aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden Globalisierung eine weltweite Ausbreitung der Parasiten auch in Europa zu beobachten. So wurden seit dem Jahr 2000 Ausbrüche der urogenitalen Schistosomiasis in Spanien, Portugal und Frankreich verzeichnet. Zudem breitet sich die Sorge bezüglich einer Resistenzentwicklung gegen das momentan einzig eingesetzte Medikament Praziquantel aus. Derzeit wird die Spezies S. mansoni von der IARC als Klasse 3 Karzinogen eingestuft. Jedoch legen Fallberichte und Ergebnisse aus Tierstudien die Vermutung nahe, dass S. mansoni die Entstehung von Karzinomen wie dem hepatozellulären Karzinom, HCC, begünstigen kann. In der Gegenwart bekannter Hepatokarzinogene – wie HCV, HBV, Aflatoxin oder Alkohol – entwickelten sich dysplastische Veränderungen früher und zeigten einen aggressiveren Charakter. In dieser tierexperimentellen Studie wurde in einem Modell für das toxisch induzierte HCC das Hepatokarzinogen Diethylnitrosamin verwendet und männlichen C57/BL6 Mäusen alleine und in Kombination mit einer S. mansoni-Infektion verabreicht. Zwei weitere Mausgruppen des Tiermodells erhielten lediglich eine Infektion mit S. mansoni oder dienten als Kontroll-Gruppe. Im Alter von 29 Wochen wurden Serum- und Leberproben gewonnen und unterschiedliche Aspekte der Leberpathologie analysiert, darunter zelluläre Leberschädigung, Inflammation, oxidativer Stress, Proliferation, Fibrose und onkogene Signalwege. Der Fokus der Analysen lag insbesondere auf additiven und potenzierenden Effekten durch die beiden schädigenden Faktoren. Die Infektion mit S. mansoni führte zu einer hepatischen Inflammation, an deren Etablierung Th1-, Th2- sowie regulatorische Immunzellen beteiligt waren. Durch die zusätzliche Wirkung des Karzinogens DEN kam es zu einer verstärkten Leberschädigung, die sich in einer Aktivierung von Inflammasomen zeigte. Auf dem Boden chronischer Entzündungen produzieren Immunzellen eine Reihe reaktiver Sauerstoffspezies. Diese reagieren einerseits mit Pathogenen und andererseits mit verschiedenen zellulären Biomolekülen und führen zu einer Schädigung derselben. In unserem Modell wurde eine erhöhte Aktivität der Myeloperoxidase in S. mansoniinfizierten Mäusen nachgewiesen. Dabei handelt es sich um ein Enzym, welches hauptsächlich in neutrophilen Granulozyten exprimiert wird und maßgeblich an der Produktion von ROS im Zuge der Pathogenabwehr beteiligt ist. Entsprechend führte die Infektion zu einer gesteigerten Lipidperoxidation, die anhand des MDA quantifiziert wurde. Sowohl MPO- als auch MDA-Konzentration waren in der DEN + S. mansoni- Versuchsgruppe gegenüber den Kontrollen erhöht. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich DEN und S. mansoni im Hinblick auf die Leberschädigung durch die Produktion von ROS potenzieren und gemeinsam zu einer Aggravierung des hepatischen oxidativen Stresses führen. Darüber hinaus haben wir eine Induktion des Zellzyklus durch S. mansoni demonstriert. Die Zellproliferation konnte durch die zusätzliche Exposition gegenüber DEN weiter gesteigert werden. Vor dem Hintergrund des im Lebergewebe herrschenden oxidativen Stresses durch S. mansoni und DEN impliziert dies Replikationsstress, insbesondere in der DEN + S. mansoni-Gruppe. Dieser begünstigt die Vermehrung genotoxisch geschädigter Zellen, in denen prämaligne Veränderungen vorliegen sowie die Akkumulation weiterer Mutationen, die letztendlich zur malignen Transformation führen. Die Neigung zur Mutagenese in den S. mansoni- und insbesondere in den DEN + S. mansoni-Mäusen wird durch die verstärkte Aktivierung des in der hepatozellulären Karzinogenese konstitutiv aktivierten Transkriptionsfaktors STAT3 untermauert. Zusammenfassend konnte erstmalig gezeigt werden, dass die Infektion von S. mansoni zu einer karzinomfördernden Mikroumgebung in der Leber führt, deren Ausmaß durch das zusätzliche Wirken eines Hepatokarzinogens wie DEN potenziert werden kann. Dieser Zusammenhang wurde bereits bei anderen als Klasse 1 Karzinogen klassifizierten Parasiten wie S. haematobium und O. viverrini für deren karzinogene Wirkung verantwortlich gemacht. Die vorliegende Studie demonstriert molekularbiologische Zusammenhänge, die die fördernde Funktion von S. mansoni während der Hepatokarzinogenese belegen. Weiterführende klinische Studien zur Assoziation von S. mansoni mit dem HCC könnten zusammen mit unseren Ergebnissen zu einer Neueinstufung der Karzinogenität dieser vernachlässigten Tropenkrankheit beitragen.deIn Copyrightddc:610Pro-karzinogene Effekte einer Infektion mit Schistosoma mansoni in einem Diethylnitrosamin Mausmodell für das hepatozelluläre Karzinom