Schmidt, MartinPfitzer, JohannesJohannesPfitzer2022-11-042022-11-042022https://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/7777http://dx.doi.org/10.22029/jlupub-7208In der Humanmedizin wird die Magnetresonanztomographie zur Gewinnung zusätzlicher Informationen bei Patienten mit Rückenmarkpathologien eingesetzt. Auch in der Tiermedizin wurden in den letzten Jahren zahlreiche Studien durchgeführt, welche die prognostische Aussagekraft der MRT bei Rückenmarkschädigungen untersuchten. Dabei zeigte sich, dass die Anwesenheit und das Ausmaß eines intramedullären, hyperintensen Signals in T2 Wichtung ein wichtiger prognostischer Parameter sein kann. Auch andere pathologische Rückenmarkveränderungenen wurden bereits in retrospektiven Studien auf mögliche prognostische Zusammenhänge hin untersucht. Ziel der hier durchgeführten prospektiven Studie war es daher, die im MRT sichtbaren pathologischen Rückenmarkveränderungenen bei Bandscheibenvorfällen und ischämischen Myelopathien bezüglich ihrer prognostischen Aussagekraft, zu vergleichen. Hierzu wurden 109 Hunde herangezogen, welche aufgrund von neurologischen Symptomen in einer privaten Kleintierklinik im Zeitraum zwischen Januar 2019 und Dezember 2019 vorgestellt wurden und folgende Einschlusskriterien erfüllten: vollständige neurologische Untersuchung, MRT der Wirbelsäule, Diagnose einer Bandscheibenextrusion, eines akuten nicht-kompressiven Bandscheibenvorfalles, einer akuten kompressiven hydratisierten Nucleus pulposus Extrusion oder einer fibrokartilaginären Embolie. Hunde, bei denen konkurrierend vorliegende Erkrankungen der Wirbelsäule vorlagen, wurden ausgeschlossen. Ebenso Hunde, bei denen keine Verlaufskontrolle durchgeführt werden konnte. Die Diagnosestellung erfolgte anhand der neurologischen Untersuchungsergebnisse und dem magnetresonanztomographischen Erscheinungsbild. Die Auswertung der MRT Bilder wurde für die unterschiedlichen Rückenmarkerkrankungen (Bandscheibenextrusion, ANNPE, HNPE, FCE) jeweils nach demselben Schema durchgeführt. So wurde zunächst die exakte Lokalisation der Myelopathie bestimmt. Daraufhin erfolgte eine Charakterisierung der vorliegenden Rückenmarkpathologien (Rückenmarkkompression, hypointenses, intramedulläres Signal auf T2W bzw. T2*GE Bildern, hyperintenses, intramedulläres Signal auf T2W Bildern). Im Anschluss wurden die festgestellten pathologischen Rückenmarkveränderungenen vermessen (Durchmesser und Fläche des Rückenmarks auf sagittalen bzw. transversalen T2W Aufnahmen, Länge und Fläche von hyperintensen, intramedullären Signalen, Ausdehnung von epiduralen Blutungen auf sagittalen T2*GE Bildern). Anhand dieser Daten konnten Verhältnisse des pathologisch veränderten Rückenmarkes errechnet werden. Zur Datenanalyse wurden sowohl eine deskriptive statische Auswertung als auch multiple logistische Regressionsmodelle durchgeführt. In der hier vorliegenden Studie waren zu einem großen Anteil nicht chondrodystrophe große Hunderassen von zervikalen BSV betroffen, wohingegen chondrodystrophe Hunde den größten Anteil an thorakolumbalen BSV bildeten. Das mediane Alter der Hunde mit BSV lag bei 6 Jahren, wobei kein signifikanter Zusammenhang zwischen Patientenalter, sowie Therapieerfolg und Zeitdauer bis zum Eintritt einer Besserung der neurologischen Symptomatik nachgewiesen werden konnte. Männliche intakte Hunde bildeten mit 33,7 % die am häufigsten von einem BSV betroffene Gruppe. Das mediane Gewicht der Hund mit einem BSV lag bei 11,45 kg. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen Therapieerfolg Grad 0 und Patientengewicht festgestellt werden. So nahm die Aussicht auf eine erfolgreiche Therapie (Grad 0) signifikant (p = 0,04) mit dem Gewicht ab. Zudem dauerte es mit zunehmendem Gewicht signifikant (p = 0,017) länger bis es postoperativ zu einer Besserung der neurologischen Symptomatik kam. Die gezeigte neurologische Symptomatik der Hunde mit einem BSV in dieser Studie war im Allgemeinen bei zervikalen BSV weniger schwerwiegend als bei thorakolumbalen ausgeprägt. Weiterhin wurde festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit auf eine erfolgreiche Therapie (Grad 0), mit zunehmendem Schweregrad der neurologischen Symptomatik abnahm. Jedoch konnte zwischen dem Schweregrad der initialen neurologischen Symptomatik und der Zeitdauer, bis eine Besserung der Symptomatik auftrat, kein signifikanter Zusammenhang gefunden werden. Hunde mit zervikalen BSV wurden zudem später vorgestellt, als Hunde mit thorakolumbalen BSV, was höchst wahrscheinlich auf die schwerwiegendere Symptomatik, welche Hunde mit thorakolumbalen BSV aufwiesen, zurückzuführen ist. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Zeitdauer bis zur Vorstellung und chirurgischen Dekompression, sowie der Zeitdauer bis eine Besserung der Symptomatik postoperativ eintrat und dem Therapieerfolg, wurde nicht nachgewiesen. Die MRT Auswertung ergab, dass die Mehrzahl (62 %) der BSV im Bereich des thorakolumbalen Überganges lokalisiert war, wobei auf die Zwischenwirbelspalte von T12-T13 und T13-L1 die meisten BSV entfielen. Des Weiteren war der Anteil der lateralisierten BSV im Bereich der thorakolumbalen Wirbelsäule mit 48,5 % höher als im Bereich der zervikalen Wirbelsäule (21,7 %). Ein in T2W hyperintenses, intramedulläres Signal wurde bei 17,4 % der Hunde mit zervikalen und bei 28,7 % der Hunde mit thorakolumbal lokalisierten BSV nachgewiesen. Hunde, bei denen ein hyperintenses intramedulläres Signal in T2W nachgewiesen werden konnte, zeigten in der vorliegenden Studie tendenziell (p = 0,051) häufiger eine nicht erfolgreiche Therapie. Weiterhin kann angenommen werden, da 20 % der Hunde mit einem T2W-Längen-Verhältnis > 1,24 und nur 11 % der Hunde mit einem T2W- Längen-Verhältnis < 1,24 eine nicht erfolgreiche Therapie hatten, dass die Länge des hyperintensen intramedullären Signals, wie von Levine et al. (2009) bereits beschrieben, eine wichtige Rolle in Bezug auf die Prognosestellung bei Hunden mit BSV einnimmt. Die Rückenmarkkompression war im Bereich der Halswirbelsäule bei Hunden mit BSV geringer ausgeprägt als in den restlichen Rückenmarkbereichen. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Grad der transversalen Rückenmarkkompression, sowie Therapieerfolg und Dauer bis zur Besserung der Symptomatik, konnte in der hier vorliegenden Studie nicht nachgewiesen werden. Jedoch zeigte sich auch hier eine deutliche Tendenz (p = 0,067), wonach ein Therapieerfolg (Grad 0) mit zunehmendem Längen-Kompressionsverhältnis unwahrscheinlicher wurde. So war bei zwei von fünf Hunden mit einem Längen- Kompressionsverhältnis > 3 die chirurgische Therapie nicht erfolgreich. Zudem dauerte es bei 30 % der Hunde mit einem Längen-Kompressionsverhältnis > 1,31 länger als 4 Wochen bis diese ihre Gehfähigkeit zurückerlangten, wohingegen dies nur 14,3 % der Hunde mit einem Länge-Kompressionsverhältnis < 1,31 betraf. Aus diesen Ergebnissen lässt sich folgern, dass der Länge, über welches das Rückenmark durch einen BSV komprimiert bzw. geschädigt wird, eine gewisse prognostische Aussagekraft zukommt. In der vorliegenden Studie war die chirurgische Therapie bei 95 % der Hunde mit BSV im Bereich C1-C5 und bei 85,7 % der Hunde mit BSV im Bereich T3-L3 erfolgreich. Dabei erreichten 85 % der Hunde mit zervikalen BSV und 39,3 % der Hunde mit thorakolumbalen BSV im Untersuchungszeitraum von 6 Wochen eine vollständige Symptomfreiheit, wobei Hunde mit einer initial weniger schwerwiegenden Symptomatik zu einem größeren Prozentsatz eine erfolgreiche Therapie (Grad 0) aufwiesen, wie solche mit einer initial schwerwiegenderen Symptomatik. Innerhalb einer Woche postoperativ besserte sich der neurologische Zustand im Vergleich zur präoperativ gezeigten Symptomatik bei 70 % der Hunde mit zervikalen BSV und bei 60,7% der Hunde mit thorakolumbalen BSV. Zu einer Verschlechterung der neurologischen Symptomatik am Tag postoperativ kam es in der vorliegenden Studie bei 15 % der Hunde mit zervikalen BSV und bei 26,8 % der Hunde mit thorakolumbalen BSV, wobei diese Verschlechterung bei sämtlichen Hunden transient verlief. Bei keinem der Hunde wurde im Untersuchungszeitraum von einem rezidivierenden BSV berichtet, jedoch wäre sinnvollerweise ein längerer Untersuchungszeitraum notwendig, um die Rezidivgefahr besser einschätzen zu können. Als Schlussfolgerung dieser Studie kann gesagt werden, dass die Magnetresonanztomographie teilweise zur Präzisierung der Prognose bei Rückenmarkpathologien dienen kann, jedoch der klinisch neurologischen Untersuchung weiterhin die Hauptrolle hierbei zukommt. Es konnte die prognostische Aussagekraft, welche der Länge des nachgewiesenen hyperintensen intramedullären Signals bei Patienten mit Bandscheibenextrusionen zukommt, bestätigt werden. Weiterhin konnten tendenzielle Zusammenhänge zwischen Therapieerfolg und dem Vorliegen eines hyperintensen intramedullären Signals in T2W, sowie dem Längen-Kompressionsverhältnis nachgewiesen werden. Um zu klären, ob ein signifikanter prognostischer Aussagewert dieser Parameter besteht, sind weitere Untersuchungen mit größerem Stichprobenumfang notwendig.deAttribution-NoDerivatives 4.0 InternationalBandscheibenvorfälleMagnetresonanztomographiePrognoseddc:630Prognostische Aussagekraft der Magnetresonanztomographie bei Hunden mit Bandscheibenvorfällen