Choi, Yeong-HoonZiegelhöffer, TiborTiborZiegelhöffer2025-03-102025-03-102022https://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/20315https://doi.org/10.22029/jlupub-19666Die Grundsteine für die Diagnostik von Herzrhythmusstörungen wurden schon in der Antike durch Hippokrates und Aristoteles gelegt. Aufgrund der fehlenden pathophysiologischen Kenntnisse wurde ein Konzept für modernes Pacing, basierend auf der transthorakalen elektrischen Stimulation des Herzens, jedoch erst 1889 durch den englischen Arzt John Mac William erstellt1. Ungeachtet dessen musste die Medizin aber weitere Jahrzehnte warten, bis die neuen Entdeckungen bezüglich der Anatomie und Physiologie des Herzens sowie der technische Fortschritt mit Einführung des Elektrokardiograms, den Transfer seiner Theorie in eine effektive Therapie ermöglichten. 1928 hat Mark Lidwell, ein australischer Anästhesist, durch elektrische Stimulation mit einer transthorakal in den Ventrikel eingeführten Stimulationselektrode erfolgreich das Leben eines Kindes gerettet, welches nach der Geburt einen Herzstillstand erlitten hatte. Weitere Pioniere, wie Alber Hyman, Wilfred Bigelow, John Hopps, Paul Zoll, Earl E. Bakken und Walton Lillehei, welche die Einführung des externen Schrittmachers in die Therapie von bradykarden Herzrhythmusstörungen ermöglichten, prägten die Entwicklung der Elektrodevicetherapie für die nächsten 30 Jahre. Allerdings konnte diese Therapie nur mittels transthorakaler Stimulation erzielt werden und war deshalb mit hoher Invasivität und somit auch mit entsprechendem Komplikationspotenzial verbunden. Die daraus resultierende limitierte Anwendung, zusammen mit wissenschaftlichem und technischem Fortschritt, beschleunigte die Entwicklung von implantierbaren kardialen elektronischen Systemen1. Die erste vollständige Implantation eines kardialen elektronischen Systems erfolgte am 8. Oktober 1958 in Stockholm, als der schwedische Herzchirurg Ake Senning in Zusammenarbeit mit Rune Elmqvist, dem Leiter der Abteilung für medizinische Elektronik bei Siemens-Elema, dem 43-jährigen Patienten Arne Larsson einen Herzschrittmacher implantierte2. Dieser wurde noch in Eigenarbeit in der zugehörigen Klinikwerkstatt hergestellt. Das Gehäuse wurde aus einer sterilisierten Schuhcremedose angefertigt und die Lebensdauer der verwendeten Batterie betrug nur wenige Stunden. Gleichwohl war die Therapie erfolgreich und der Patient wurde beeindruckende 86 Jahre alt. Im Laufe seines Lebens wurden ihm insgesamt 26 Herzschrittmacher implantiert. Heute, mehr als 60 Jahre später, ist der Einsatz der implantierbaren kardialen elektronischen Systeme ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil in der Therapie von Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienztherapie. In dem jährlich veröffentlichen Bericht des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) werden die aktuellen nationalen Fallzahlen dokumentiert. Die bundesweite Auswertung der Qualitätsdatabase zum Erfassungsjahr 2019 von „Herzschrittmacher-Implantation“ zählte über 100.000 Eingriffe im Bereich der Herzschrittmacherimplantation, Herzschrittmacheraggregatwechsel und Herzschrittmacherrevision/-systemwechsel/-explantation. Im Bereich „Implantierbare Defibrillatoren-Implantation“ wurden 2019 zusätzlich mehr als 40.000 Eingriffe im Gebiet der Defibrillator Implantation (ICD-Erstimplantation und -Systemumstellung von Herzschrittmacher auf ICD), ICD-Aggregatwechsel und ICD-Revision/-Systemwechsel/-Explantation durchgeführt. Die große Breite der verfügbaren implantierbaren kardialen elektronischen Systeme, beginnend mit den Einkammer-Schrittmachersystemen, bis zu komplexen Cardiac Resynchronisation Therapy (CRT)-Schrittmacher- und Defibrillatorsystemen, sowie deren große Implantationszahlen, sind nicht nur dem inzwischen sehr breitem Indikationsspektrum, sondern auch dem technischen Fortschritt zuzuschreiben. Die Indikationen für den Einsatz implantierbarer kardialer Systeme finden sich in Leitlinien, Kommentaren, Curricula und Empfehlungen der nationalen sowie internationalen Fachgesellschaften, wie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), des American College of Cardiology (ACC), der American Heart Association (AHA), der Heart Rhythm Society (HRS), und der European Society of Cardiology (ESC) wieder. Die Grundlage für ein einwandfrei funktionierendes implantierbares kardiales elektronisches System ist eine gute Funktionalität der einzelnen Systemkomponenten und deren Interaktion. Nahezu alle aktuell verfügbaren Systeme, mit Ausnahme von „Leadless Einkammer-Herzschrittmachern“, bestehen aus einem Aggregat und einer, abhängig vom implantierten System, variablen Anzahl an Sonden. Die modernen Herzschrittmacher- und ICD-Aggregate sind ausgestattet mit einer Vielzahl von Funktionen. Die stetig und rasant fortschreitende Entwicklung der Technik machte die modernen Aggregate sehr zuverlässig, bei gleichzeitig entwickelter enormer Breite an möglichen Stimulationsmodi und verschiedenen Formen der antitachykarden Therapie. Obwohl die Zuverlässigkeit der implantierten Aggregate allgemein anerkannt ist, kam es gelegentlich zu Sicherheitsrückrufaktionen der einzelnen Hersteller. Ursache hierfür sind mögliche Interaktionen von sehr komplexen Algorithmen während einer Therapie. Gleichwohl stellen die Sonden im Vergleich zu den Aggregaten die eigentliche Achillesferse der modernen Elektro-Device-Therapie dar. Die Funktion der Sonden ist die Übertragung der elektrischen Aktivität des Herzens zum implantierten Aggregat und, falls im Rahmen des Therapiealgorithmus notwendig, die anschließende Übertragung des elektrischen Impulses in das gewünschte Areal des Herzens. Somit ist die einwandfreie Funktion der Sonden eine Voraussetzung für die Therapiesicherheit und Effektivität des implantierten kardialen elektronischen Systems. Die historisch ersten Herzschrittmachersysteme übertrugen die erforderlichen elektrischen Stimulationsimpulse an das Myokard durch unipolare epikardiale Sonden. Diese mussten von Herzchirurgen durch eine Thorakotomie implantiert werden. Zusätzlich waren diese Sonden anfällig für Dysfunktionen, was zu einer hohen Revisionsrate mit erneut notwendiger Thorakotomie führte. Der daraus resultierende dringende Wunsch zur Reduktion der Invasivität, zusammen mit dem technischen Fortschritt führte zur klinischen Einführung der transvenös implantierbaren Sonden. Diese stellen heutzutage den Standard für die verschiedensten implantierbaren kardialen elektronischen Systeme dar. Allerdings steigt mit dem sich kontinuierlich erweiterndem Indikationsspektrum und mit der steigenden allgemeinen Lebenserwartung der Bevölkerung auch die Anzahl von Patienten, bei denen eine transvenöse Sondenimplantation nicht erfolgreich, unmöglich oder unter bestimmten Umständen nicht zielführend ist. Unter diesen Voraussetzungen können alternativ epikardiale Sonden implantiert werden. Derzeit sind bei den modernen epikardialen Sonden zwei verschiedene technische Konzepte verfügbar, die Einschraub- und die Annähsonden. Die fehlenden Daten in der Literatur zum Vergleich zwischen diesen beiden epikardialen Sondentypen bildeten den Anlass für eine Vergleichsstudie, die im Kapitel B.1 behandelt wird. Gut funktionierende linkventrikuläre Sonden sind Voraussetzung für eine effektive kardiale Resynchronisationstherapie (CRT). Diese werden heutzutage standardmäßig transvenös via Koronarsinus implantiert. Allerdings könnten eine ungünstige Anatomie des venösen Abflusssystems des Herzens, inakzeptable Stimulationsschwellen oder die unerwünschte Stimulation des Nervus phrenicus, Hindernisse zur erfolgreichen Implantation transvenöser linksventrikulärer Sonden darstellen. Durch die Entwicklung und Einführung der multipolaren linksventrikulären Sonden in die klinische Anwendung hat man Lösungen für einige dieser Probleme entwickelt, mit dem Ziel die Erfolgsrate der transvenösen linksventrikulären Sondenimplantation zu verbessern. Die klinischen Erfahrungen mit diesen neuartigen Sonden wurden im Rahmen einer Studie in der Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim gesammelt und publiziert. Die Ergebnisse dieser Studie werden in Kapitel B.2 präsentiert. Die erfolgreiche Einführung der multipolaren linksventrikulären Sonden in die klinische Praxis hat die Erfolgsrate der transvenösen Sondenimplantation zwar maßgeblich verbessert, allerdings wurden, um die kardiale Resynchronisationstherapie durchführen zu können, bei bestimmten anatomischen Anomalien, teilweise auch bei kontinuierlich anhaltendem Zucken des Zwerchfells aufgrund unerwünschter, schmerzhafter Stimulation des Nervus phrenicus oder bei wiederkehrenden Elektrodenversetzungen und somit kurz- oder langfristig einem Versagen des transvenösen Ansatzes, die epikardialen linksventrikulären Sonden weiterhin verwendet. In einer früheren Studie (siehe Kapitel B.1) haben wir gezeigt, dass die epikardialen Aufnäh- und Einschraubsonden stabile Langzeitergebnisse aufweisen und die Implantation mit einer geringen Komplikationsrate durchgeführt werden kann. Ein direkter Vergleich von epikardialen und transvenösen linksventrikulären Sonden war jedoch aufgrund der limitierten Datenlage weiterhin nur begrenzt möglich. Aus diesen Gründen haben wir eine Studie zum Vergleich der Haltbarkeit, Leistung und den erzielten Therapieerfolg zwischen epikardialen und transvenösen linksventrikulären Sonden während eines Beobachtungszeitraums von 5 Jahren durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie werden in Kapitel B.3 vorgestellt. Ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) gehört heutzutage zur Standardtherapie von tachykarden Herzrhythmusstörungen bei Patienten mit hohem Risiko für einen plötzlichen Herztod. Die Basis für eine breite Anwendung von ICDs bilden die Ergebnisse von mehreren multizentrischen, prospektiven Studien, die in den letzten Dekaden publiziert worden sind. Es konnte nachgewiesen werden, dass eine ICD-Therapie das Überleben von Patienten, sowohl bei primärprophylaktischer und auch bei sekundärprophylaktischer Indikation, erhöhen kann. Die evidenzbasierten Empfehlungen für die ICD-Therapie sind in den aktuellen Richtlinien von ESC und ACC/AHA zusammengefasst. Seit der Einführung der ICD-Therapie in die klinische Praxis in den frühen 1980er Jahren, waren ICD-Tests zum Zeitpunkt der Geräteimplantation ein wesentlicher Bestandteil des operativen Verfahrens. Die ausschlaggebende Begründung für die intraoperative ICD-Testung war die Ermittlung der Defibrillationsschwelle (DFT) als Grundlage für die Programmierung der ICD-Schockparameter und die Sicherstellung einer angemessenen Erkennung von Kammerflimmern/Tachyarrhythmie, Systemintegrität und einer wirksamen Beendigung der Arrhythmie. Der DFT-Test repräsentiert die intraoperativ wiederholte Induktion von Kammerflimmern und die anschließende Anwendung von Testschocks mit abnehmender Energie, um den Schwellenwert für eine effektive Defibrillation zu bestimmen. Im letzten Jahrzehnt kam es zu einer Verlagerung von DFT zu einem einzigen intraoperativen Defibrillationstest (DT), um die Anzahl der Defibrillationen und der damit verbundenen möglichen Komplikationen zu verringern. Normalerweise entspricht die im Rahmen des DT angelegte Energie einer Sicherheitsmarge von ≥ 10 Joule unter der maximalen Generatorleistung. Die anhaltenden technischen Fortschritte bei der Entwicklung neuer ICD-Sonden, Schockalgorithmen, einer schnelleren therapeutischen Energieabgabe und die Einführung von „high energy“ Defibrillatoren in die klinische Praxis führten jedoch dazu, dass die Notwendigkeit intraoperativer Defibrillationstests grundsätzlich in Frage gestellt wurde. Allerdings waren diese Strategien nicht zufriedenstellend evidenzbasiert. Aus diesen Gründen wurden einige klinische Studien wie die SIMPLE- oder die NORDIC ICD-Studie gestartet, um diese Ansichten zu untermauern. Diese prospektiven Studien beschränkten sich jedoch nur auf „de novo“ Implantationen in ausgewählten Patientenkohorten, sodass die große Anzahl von Patienten mit bereits implantiertem ICD-System weggelassen wurde. Gerade bei diesem Patientenkollektiv kann das Alter der implantierten Sonden zum Zeitpunkt des Austauschs des ICD-Impulsgenerators einen großen Einfluss auf die Funktionalität des implantierten ICD-Systems haben. Dies wird unterstützt durch die Ergebnisse einer Studie von Kleemann et al.. In dieser Studie wurden 990 konsekutive Patienten, bei denen eine erste ICD-Implantation durchgeführt wurde, auf die jährliche Rate transvenöser Defibrillationssondendefekte im Langzeit-Follow-up über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren untersucht. Bei diesem Patientenkollektiv stieg die jährliche Sondendysfunktionsrate mit der Zeit nach der Implantation progressiv an und erreichte nach 10 Jahren bereits 20%. Wie bereits erwähnt, stellt eine gute Funktion und das Zusammenspiel aller Systemkomponenten, inklusive der ICD-Sonden, die Bedingung für ein einwandfrei funktionierendes, implantierbares, kardiales elektronisches System und daher auch für eine erfolgreiche antitachykarde ICD-Therapie. Daher haben wir in einer multizentrischen Studie die Wirksamkeit, Sicherheit und Berechtigung der intraoperativen DT bei realem und nicht vorselektiertem Kollektiv, bestehend aus 4572 Patienten, untersucht. Diese Studie wird in Kapitel B.4 behandelt. Im Falle einer reduzierten linksventrikulären Ejektionsfraktion < 35%, eines Linksschenkelblocks mit QRS Komplex > 120 ms und einer manifesten Herzinsuffizienz mit New York Heart Association (NYHA) Stadium III-IV sollte eine CRT-Geräteimplantation gemäß den Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) (Klasse I / IIa) durchgeführt werden. Das Hauptziel der CRT-Therapie besteht darin, die Herzfunktion zu erhalten oder sogar zu verbessern und dadurch auch die Symptomatik, die Leistungsfähigkeit und letztendlich auch die Lebensqualität der Patienten positiv zu beeinflussen. Allerdings konnten neuere Studien zeigen, dass 5 - 40% der Patienten mit Herzinsuffizienz zusätzlich Vorhofflimmern entwickeln. Die Datenlage zur Effizienz einer CRT-Therapie bei Patienten mit zusätzlichem Vorhofflimmern ist unzureichend. Während relevante größere CRT-Studien (z. B. CARE-HF, COMPANION) herzinsuffiziente Patienten mit gleichzeitig vorliegendem Vorhofflimmern ausdrücklich ausschlossen, zeigten einige kleinere Studien, dass die erwarteten vorteilhaften Effekte der CRT Therapie bei diesem Patientenkollektiv weniger ausgeprägt sind. Darüber hinaus weisen Patienten mit Vorhofflimmern im Vergleich zu Personen im Sinusrhythmus eine signifikant höhere CRT-Non-Responder-Rate auf. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit der Konversion von Vorhofflimmern in dem Sinusrhythmus unter CRT-Stimulation nicht bekannt und es ist weiterhin unklar, ob diese Patienten von der Implantation einer atrialen Sonde profitieren würden. Um diese Aspekte zu untersuchen, analysierten wir den Rhythmus und das Outcome der Patienten mit Vorhofflimmern nach einer CRT-Implantation im Langzeit-Follow-up. Diese Studie wird im Detail in Kapitel B.5 präsentiert.deAttribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 Internationalddc:610Technologischer Fortschritt in der kardialen Device-Therapie