Zorn, HolgerRühl, MartinPfeiffer, JaninJaninPfeiffer2024-07-222024-07-222024https://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/19342https://doi.org/10.22029/jlupub-18702Aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung, des anhaltenden Klimawandels und der damit ein-hergehenden Folgen wie Hungersnöten oder Naturkatastrophen steigt die Nachfrage nach nach-haltig und zuverlässig produzierbaren alternativen Proteinquellen. Insekten, wie die Larven der Schwarze Soldatenfliege (engl.: black soldier fly larvae (BSFL)), spielen hierbei besonders in der Futtermittelindustrie eine große Rolle. Aber auch die Forschung an Alternativen für die Humanernährung ist weit verbreitet. In diesem Zusammenhang könnten Pilze der Abteilung Basidiomycota in der Zukunft eine tragende Rolle einnehmen. Die Fruchtkörper verschiedenster Speisepilze werden weltweit in großen Mengen verzehrt und aufgrund ihres einzigartigen Geschmacks geschätzt, doch auch das Myzel erfährt ein immer größer werdendes Interesse in der Lebensmittelindustrie. Durch ihr einzigartiges Enzymportfolio sind die Pilze im Stande, lignocellulosehaltige Biomasse, zu der eine Vielzahl der Seitenströme der Lebensmittelindustrie gehören, zu verwerten und in proteinreiche Lebensmittel umzuwandeln. Die Seitenströme der Palmölindustrie, empty fruit bunches (EFB) und Palmkernmehl (PKM) sind reich an lignocellulosehaltigen Fasern und sollten als Futtersubstrat für die BSFL eingesetzt werden. Diese können nachfolgend als Futtermittel verwendet werden. Es wurde eine Fermentation mit den Weißfäulepilzen Bjerkandera adusta, Marasmius palmivorus und Irpex consors auf einer Mischung dieser Seitenströme in Festbettkultivierung durchgeführt, um die Verdaulichkeit für die BSFL zu steigern. Zur Optimierung der Fermentation wurden das Pilzwachstum, der Lignin- sowie der Proteingehalt der Substrate und Fermentationsprodukte analysiert. Im Zuge dessen zeigte sich, dass lediglich eine Fermentation der EFB zielführend war. Durch nachträgliche Beimischung des PKM wurde verhindert, dass die Pilze wertvolle Nährstoffe aus dem PKM metabolisierten und das Lignin der EFB zum Biomasseaufbau nutzten. Der Gesamtligningehalt wurde durch die Pilze nicht verringert. Allerdings wurde ein Teil des säureunlöslichen Lignins in säurelösliches Lignin abgebaut. In Fütterungsversuchen stellte sich heraus, dass die BSFL das mit B. adusta fermentierte Futtersubstrat bevorzugten und sich signifikant schneller entwickelten. Das Myzel von Pilzen der Abteilung Basidiomycota könnte allerdings aufgrund der erhöhten Nachfrage nach alternativen Proteinquellen in der Humanernährung auch als Lebensmittel eingesetzt werden. Auch hierbei können lignocellulosehaltige Seitenströme als Wachstumssubstrat dienen. Nach einem Screening mit 22 Speisepilzen auf Agarmedien aus unterschiedlichen Biertrebersorten als alleiniger Nährstoffquelle wurden Pleurotus eryngii und Pholiota nameko auf Grundlage ihrer Wachstumsgeschwindigkeit und Geruchseindrücke ausgewählt und submers in unterschiedlichen Pilsener-Treber- und Weizenbiertreber-Medien kultiviert. Die Fermentationen wurden teils optimiert und die erhaltenen Produkte unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte näher charakterisiert: Für den Pilz P. eryngii wurde das Kulturmedium optimiert, um einen möglichst hohen Pilzgehalt und eine gute Proteinqualität im Fermentat zu erhalten. Der höchste Pilzgehalt mit über 65% wurde bei einem Substrateinsatz von 2,5 g Biertreber pro Liter erreicht. Bei einer so geringen verwendeten Menge ist allerdings der Recyclingaspekt von in Tonnen anfallenden Nebenströmen zu hinterfragen. Die biologische Wertigkeit unterschied sich in Abhängigkeit der Substratkonzentration dagegen kaum und lag bei 88 bis 89. Die Medienoptimierung für P. nameko wurde analog zu den Experimenten mit P. eryngii durchgeführt. Darüber hinaus wurde das Aroma der Kulturen mit ansprechenden Geruchseindrücken mittels GC-MS-O analysiert. Im Anschluss wurde der Glutengehalt analysiert, welcher innerhalb von 14 Kulturtagen um 99,55% abnahm. Dies senkt das allergene Potential der Fermentationsprodukte und erhöht somit ihr Anwendungsspektrum. Aufgrund des geringen allergenen Potentials von Speisepilzen und der nachgewiesenen hohen Proteinqualität der Fermentate eignet sich neben den Fruchtkörpern auch das ressourcenschonend produzierbare Myzel als alternative Proteinquelle. Bei der Produktion von Myzel ist, wie bei der BSFL ein vertikales, platzsparendes System denkbar, jedoch steht die Zulassung der Mycelien als Novel Food durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) noch aus. Mit der Zulassung der BSFL als Futtermittel in der Europäischen Union wurden die rechtlichen Voraussetzungen der Umsetzung des Projekts zum Recycling der Palmölseitenströme geschaffen. Das Upscaling der Fermentation in Metallcontainern konnte erfolgreich durchgeführt werden. Fermentation und Insektenzucht könnten direkt in den Palmöl-produzierenden Ländern erfolgen, um eine Wertschöpfung vor Ort zu erzielen und Transportkosten der Rohstoffe EFB und PKM zu vermeiden. Die Insektenzucht ist durch ein vertikales Zuchtsystem platzsparender als der Anbau pflanzlicher Futtermittel für die Nutztierhaltung. Auf diese Weise ließe sich auch die Konkurrenz um die Nutzung von Agrarflächen (Nutztier- vs. Humanernährung) minimieren.deIn Copyrightddc:540Fermentation unterschiedlicher Seitenströme der Lebensmittelindustrie zur Produktion alternativer Proteinquellen für die Futter- und Lebensmittelindustrie