Michail Vrubel‘ und Stanisław Wyspiański als Wegbereiter der Moderne. Von „verweltlichten Ikonen“ und „ikonisierten Bauern“ im Zarenreich und Galizien (1880–1910)

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2022

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In der Dissertation werden zwei einflussreiche künstlerische Positionen des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Michail Vrubel‘ aus dem russischen Zarenreich (St. Petersburg/ Moskau) und Stanisław Wyspiański aus Galizien (Krakau), vergleichend untersucht. Die Studie basiert auf der Annahme, dass gesellschafts- und kulturpolitische Prozesse sowie die forcierte Setzung eines Nationalbewusstseins in Ost- und Ostmitteleuropa zu einer autonomen Kunstentwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten. Im Mittelpunkt der Bildanalyse stehen Vrubel’s Ikonenbild „Gottesmutter mit Kind“ (1885) in der Kiever Kyrill-Kirche und Wyspiańskis Wandbild „Maria mit Kind“ (1895) in der Krakauer Franziskanerkirche. In der Dissertation werden ihre Auftragswerke für Kircheninnenräume erstmals innerhalb ihres historischen und gesellschaftspolitischen Kontextes verortet und ausgehend von ihrer kulturspezifischen Bildmetaphorik analysiert. Michail Vrubel' führte einen Bedeutungswandel des orthodoxen Ikonenbildes herbei, indem er seine Marienikone lebensnah interpretierte und ihr individualisierte, porträthafte Gesichtszüge verlieh. Stanisław Wyspiański bildete als erster Maler eine „Bauernmadonna“ in einer polnischen Kirche ab und erhob sie dadurch zu einer „nationalen Ikone“. Die beiden Maler revolutionierten das konventionalisierte Madonnenbild und begehrten gegen den Akademismus mit provokanten, gesellschaftskritischen Bildmotiven und Formenexperimenten auf. In ihren Bildern, plastischen Arbeiten sowie Entwürfen für Theater- und Ballettaufführungen verhandelten sie Aspekte nationaler Zugehörigkeit und Selbstzuschreibung (Wyspiański), sie rezipierten westliche Kunstströmungen und reproduzierten heimisches Formenrepertoire der bäuerlichen Lebenswelt oder sie versinnbildlichten Transformationsprozesse geschlechtlicher Kategorien und das Wechselspiel von Organischem zu Anorganischem (Vrubel'). Beide Künstler operierten als Mitglieder führender Künstlergruppen (Abramcevo-Künstlerkreis, Welt der Kunst/ Mir iskusstva, "Sztuka", Junges Polen, Gesellschaft für polnische angewandte Kunst) des Arts and Crafts Movements in ihren Herkunftsländern und führten stilistisch und inhaltlich innovative Bildwerke, Arbeiten im Bereich der angewandten Kunst sowie im Kunsthandwerk aus. Vrubel's und Wyspiańskis Leistungen im Bereich Malerei, Kunsthandwerk und angewandter Kunst markieren den Übergang zu einem gattungs- und genreübergreifenden Kunstverständnis und schöpferischen Schaffen, weshalb sie als Wegbereiter der Avantgardebewegungen im russischen Zarenreich und geteilten Polen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu bewerten sind.

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