Untersuchungen zur Prävalenz des Vitamin D-Mangels und sekundären Hyperparathyreoidismus sowie deren Risikofaktoren bei Migranten aus der Türkei in Deutschland im Vergleich zu Deutschen in Deutschland und Türken in der Türkei

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2005

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Der Begriff der 'Migranten-Osteomalazie' wurde in den 70 er Jahren in England in der medizinischen Terminologie etabliert, um ein Phänomen bei pakistanischen und indischen Migranten zu beschreiben [211-213, 222, 245-252]. Es wurde in vielen Berichten dokumentiert, dass die Prävalenz für Vitamin D-Defizienz und sekundären Hyperparathyreoidismus in diesen Migranten sehr hoch war. 1978 hat Offermann den Begriff 'Migranten-Osteomalazie' in seiner Studie benutzt. In dieser Studie wurden 97 Türken, die in Deutschland lebten, untersucht. Offermann zeigte, dass der Vitamin D Spiegel grundsätzlich in dieser Gruppe niedriger war, als in der deutschen Vergleichsgruppe. Seit 1978 ist die Zahl der in Deutschland lebenden Türken konstant angestiegen. Gleichzeitig konnte auch ein starker Anstieg von diffusen Schmerzen (Körper oder Knochen) beobachtet werden. Es gibt seitdem keine Studie, die sich in Deutschland mit diesem Problem und dessen Ursachen befasst hat. Aus diesem Grunde wurde die vorliegende Studie durchgeführt. Das Ziel dieser neuen Studie war, die Prävalenz des Vitamin D-Defizienzs und dem sekundären Hyperparathyreoidismus bei Türken, die in Deutschland leben, im Vergleich zu einer deutschen Kontrollgruppe und einer Kontrollgruppe von Türken, die in der Türkei leben, zu ermitteln und gleichzeitig systematisch Risikofaktoren zu identifizieren. Es wurden von 994 gesunden Erwachsenen, die in Städten lebten, (589 Frauen ; 405 Männer, Alter 16-69, Median 37 Jahre, BMI 16-47, Median 23 kg/m2) drei Gruppen gebildet: 101 Deutsche (D / 51 Frauen ; 50 Männer / 50° N Breitengrad ), 327 Türken, die in der Türkei leben (T / 242 Frauen ; 85 Männer / 36° und 42° N Breitengrad) und 566 Türken, die in Deutschland leben (TD / 296 Frauen ; 270 Männer / 50° N Breitengrad). Das mittlere Alter in allen Subgruppen war statistisch nicht different und reicht von 30 (Frauen T) bis 38 Jahren (Frauen D).Während einer 4-wöchigen Periode am Ende der Wintersaison, und zwar im März wurden die EDTA Blutproben entnommen und 25(OH)D, iPTH und Calcium aus diesen bestimmt. Nach sofortiger Zentrifugation wurde das Plasma bis zur Messung bei minus 20° gelagert. Zusätzliche klinische Daten wie Alter, Geschlecht, Herkunftsland, Wohnort, BMI, ob Kopftuch-Trägerin oder nicht, Rauchen, Ernährungsgewohnheiten, Sonnenexposition, diffuse Knochenschmerzen, Zahl der Kinder / Schwangerschaft, Dauer des Aufenthaltes in Deutschland für die Türken, die in Deutschland leben, wurden aus einem Standardfragebogen entnommen. Für die statistische Auswertung wurde jeweils ein logistisches Regressionsmodell benutzt, um die möglichen Einflussfaktoren zu verifizieren. Die Ergebnisse der multifaktoriellen Analysen wurden als Odd s Radios mit jeweiligen 95 % Konvidensintervall berechnet. 25(OH)D-Insuffizienz war sehr häufig bei Türken, unabhängig davon, wo sie leben (>75 % der Türken hatten Vitamin D-Spiegel < 50 nmol/L). Die türkischen Frauen waren viel stärken betroffen mit der Vitamin D-Defizienz (< 25nmol/L), verglichen mit den Männern (TG: 31 vs. 8 %, T: 19 vs. 6 %). Durch die Messung von Intakt-PTH konnte eine hohe Inzidenz von sekundärem Hyperparathyreoidismus bei türkischen Migranten (Frauen: 31 % / Männer: 21 %), speziell bei Frauen mit Kopftuch, erkannt werden. Im Vergleich dazu sind nur 15 % (Frauen) bzw. 4 % (Männer) von den Türken, die in der Türkei leben, mit erhöhtem iPTH gemessen worden. Mit Hilfe der logistischen Regressionsanalyse konnten die wesentlichen Einflussfaktoren für den niedrigen Vitamin D-Spiegel erkannt werden. Dies waren neben dem Geschlecht, der BMI, die zu geringe Aussetzung zum Sonnenlicht sowie die Mitgliedschaft in den verschiedenen Gruppen (T, D, TD). Zusätzlich wurden das Tragen eines Kopftuches sowie die Zahl der Kinder insbesondere bei türkischen Frauen als unabhängige Risikofaktoren für 25(OH)D-Defizienz erkannt. Die Prävalenz der diffusen Körperschmerzen war signifikant erhöht bei Türken, unabhängig von Wohnort, im Vergleich zu der deutschen Gruppe: T: 55 %, TD: 62 % und D: 15 %. Eine sehr enge Korrelation wurde zwischen den niedrigen 25-Hydroxyvitamin D Spiegeln und den länger andauerenden generalisierten Knochenschmerzen gefunden. Zusätzlich wurde entdeckt, dass der 25(OH)D-Spiegel bei Türken, die in der Türkei leben, abhängig von dem Breitengrad ist. Die höchste Vitamin D-Konzentration wurde in Mersin gemessen, die südlichste gelegene Stadt in der Türkei, die in dieser Studie teilgenommen hat. Da der sekundäre Hyperparathyreoidismus als Hauptursache für Osteomalazie und Osteoporose, die mit einem erhöhten Knochenbruchsrisiko, höheren Raten von Krankenhausaufenthalten und einer höheren Sterblichkeit einhergehen, bekannt ist, ist der Einfluss auf die Gesundheitssysteme in der westlichen zivilisierten Welt erheblich [120, 204]. Daher sollten türkische Migranten in Deutschland eindeutig als eine Risikopopulation in diesem Sinne aufgefasst werden. Besonders eingewanderte türkische Frauen mit Kopftuch und mehreren Kindern haben ein sehr stark erhöhtes Risiko. Im Falle von generalisierten Knochenschmerzen sollten 25(OH)D und iPTH Spiegel kontrolliert werden. Bei Migranten-Osteomalazie sind Calcium- und Vitamin D-Substitution dringend empfehlenswert. Vorbeugende Calcium- und Vitamin D-Substitution für türkische Migranten in Deutschland, speziell für Frauen während der Winterzeit, sind in Betracht zu ziehen.


The expression 'osteomalacia in immigrants' has been used in England during the early 70th to describe a phenomenon observed in Pakistani and Indian immigrants. Several reports have shown a strikingly high prevalence of vitamin D deficiency and secondary hyperparathyreoidism (sHPT) in immigrants in western countries. In 1978 Offermann used the same term in a study including 97 Turkish people living in Germany (TG). He showed that vitamin D Spiegels in TG were lower than in a German reference group. Since that time the number of Turks living in Germany has constantly increased and a rise of patients in TG complaining of diffuse skeletal pain has been observed. However, no further studies concerning this problem have been published. Therefore, we decided to study parameters of bone metabolism in TG in comparison to matched groups of Germany (G) and Turks living in Turkey (T). The aim of this study was to determine the prevalence of vitamin D deficiency and sHPT as well as to systematically identify potential predictors of vitamin D deficiency in 3 groups of 994 apparently healthy, urban living adults (589 female ; 405 male, age 16-69, median 37 years, BMI 16-47, median 23 kg/m2): 101 Germans (G / 51 female ; 50 male / living at 50° N latitude), 327 Turks from Turkey (T / 242 female ; 85 male / living between 36° and 42° N latitude) and 566 Turkish immigrants in Germany (TG / 296 female ; 270 male / living at 50° N latitude). Median ages of all subgroups were statistically not different and ranged from 30 (female T) to 38 years (female D). During a 4 week period end of winter-season in March EDTA blood samples were collected to measure 25-hydroxyvitamin D [25(OH)D], intact-Parathormon (iPTH) and Calcium. Plasma was separated in less than 1 hour, transported and stored at 20°C until measurement. Additionally clinical data were obtained by standard questionnaires, including the items age, sex, country, city, BMI, veiled/not veiled, smoking habits, nutritional habits, sun exposure, diffuse skeletal pain, number of children and duration of stay in Germany (TG).An unconditional logistic regression model was used to calculate relations between different parameters. 25(OH)D insufficiency was very common in Turks independent where they live (>75 % of Turks had Spiegels <50 nmol/L). Turkish females were far more affected by 25(OH)D deficiency (<25 nmol/L) compared to males (TG: 31 vs. 8 %, T: 19 vs. 6 %). By measuring iPTH a high incidence of sHPT was detected in TG (female 31 % / male 21 %). In contrast only 15 % % and 4 % of Turks from Turkey showed elevated PTH values. Unconditional logistic regression analysis identified the most important predictors for low 25(OH)D Spiegels: sex, body mass index (BMI), lack of sun exposure and group membership (T, G or TG). Additionally wearing a scarf and number of children were found to be independent risk factors in Turkish women. The prevalence of pain was also significantly different T: 55 %, TG: 62 % and G: 15 %. A strong correlation between low 25(OH)D Spiegels and higher rates and longer duration of bone- or generalised pains has also been found. We conclude that sHPT accompanied by low 25(OH)D values is common in Turkish immigrants in Germany, especially in veiled women. Finally a latitudinal influence of 25(OH)D Spiegels in Turks living in Turkish cities was detected /the highest 25(OH)D Spiegels were seen in Mersin, the most southern Turkish participating city). Since sHPT is known to be a major cause of osteomalacia and osteoporosis accompa-nied by an increased fracture risk, a higher hospitalisation rate and higher mortality the impact on the western health care systems is remarkable [120, 204]. Therefore Turkish immigrants in Germany should be regarded as a risk population. Especially immigrated veiled Turkish women with multiple children seem to have a very high risk. In case of diffuse skeletal pain, 25(OH)D and PTH Spiegels should be controlled. If 'osteomalacia in immigrants' is diagnosed calcium + vitamin D substitution is highly recommended. Preventative calcium + vitamin D substitution for Turkish immigrants in Germany (especially for females during winter time) should seriously be taken into account.

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Wettenberg : VVB Laufersweiler 2005

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