Experimente zur Photorekombination atomarer Ionen an Schwerionenspeicherringen

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2002

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Diese Arbeit beschäftigt sich mit den vielfältigen Aspekten der Rekombination atomarer Ionen mit freien Elektronen. Die hier vorgestellten Experimente wurden an mit Elektronenkühlern ausgerüsteten Schwerionenspeicherringen durchgeführt. Im Elektronenkühler wird dem im Speicherring zirkulierenden Ionenstrahl ein energiescharfer Elektronenstrahl überlagert, der zunächst ein Kältebad für die anfänglich 'heißen' Ionen darstellt und in dieser Eigenschaft dem Ionenstrahl eine geringe Impuls- und Ortsunschärfe verleiht. Gleichzeitig findet im Überlappvolumen die Ion-Elektron-Wechselwirkung statt. Aufgrund der hohen mittleren Geschwindigkeit beider Teilchenstrahlen typischerweise bewegen sich die Ionen im Ring mit 10%iger Lichtgeschwindigkeit verlassen die Reaktionsprodukte, d. h. als Folge der Wechselwirkung umgeladene Ionen, das Reaktionsvolumen in eine wohl definierte Richtung und können daher mit nahezu 100%iger Effizienz nachgewiesen werden. Trotz der extrem geringen Teilchendichten im Elektronen und Ionenstrahl von typischerweise 10 6 10 7 cm- 3 , die für konventionellere experimentelle Methoden eine starke Limitierung darstellen, sind daher in einem Speicherringexperiment die experimentellen Signalraten auf gut handhabbarem Niveau.

Experimentelle Untersuchungen der Elektron-Ion-Rekombination erlebten mit der Inbetriebnahme von Schwerionenspeicherringen Anfang der 1990er Jahre einen zuvor ungeahnten Aufschwung, da die bei der Elektron-Ion-Rekombination auftretenden Prozesse erstmalig detailliert auch für hochgeladene Ionen untersucht werden konnten. Bei den genannten Teilchendichten sind die relevanten Prozesse die nichtresonante radiative Rekombination (RR), bei der ein anfänglich freies Elektron unter Aussendung eines Photons in einen gebundenen Zustand des Ions eingefangen wird, und die dielektronische Rekombination (DR), bei der das anfänglich freie Elektron seine Energie durch Anregung eines am Ion schon vorhandenen gebundenen Elektrons abgibt und vom Ion eingefangen wird. Dabei wird ein mindestens doppelt angeregter Zwischenzustand gebildet, der sich durch Photonenemission abregen muss, damit das rekombinierte Ion in einen gegenüber der Autoionisation stabilen Zustand übergeht. Aufgrund der Tatsache, dass nur diskrete Anregungsenergien möglich sind, ist die DR ein resonanter Prozess. Die im Rekombinationswirkungsquerschnitt auftretenden Resonanzen liefern direkt spektroskopische Informationen über die an der DR beteiligten atomaren Zustände bis hin zu QED-Beiträgen atomarer Bindungsenergien.

Bei vollständig ionisierten Ionen ist die RR der einzig mögliche Rekombinationsprozess. Das anfänglich freie Elektron wird dabei in einen wasserstoffähnlichen Zustand des Ions eingefangen. Da die Theorie der RR vollständig ionisierter Ionen seit den Anfängen der Quantentheorie exakt bekannt ist, war die Überraschung groß, als bei den ersten Speicherringexperimenten zur Rekombination atomarer Ionen, Rekombinationsraten gemessen wurden, die die theoretischen Vorhersagen um ein Vielfaches übertrafen. Dieser spektakuläre Ratenüberhöhungseffekt, der bei kleinen Relativenergien zwischen Elektronen und Ionenstrahl beobachtet wird, ist bisher unverstanden. Zur Aufklärung der Ursachen des Effekts wurden im Rahmen dieser Arbeit eine Reihe von Untersuchungen mit vollständig ionisierten Ionen bis hin zu U 92+ durchgeführt.

Da sowohl bei der DR und der RR mindestens ein Photon emittiert wird, werden beide Prozesse zusammen in Analogie zur zeitinversen Photoionisation auch als Photorekombination bezeichnet. Quantenmechanisch sind RR und DR ununterscheidbar, wenn sie von demselben Anfangszustand ausgehend in denselben Endzustand führen. In diesem Fall kann es zur Interferenz zwischen der RR- und der DR-Übergangsamplitude kommen, die sich in einer asymmetrischen DR-Resonanzlinienform manifestiert. Die Beobachtung derartiger Interferenzen ist von fundamentalem Interesse, da RR und DR üblicherweise als getrennte Prozesse behandelt werden. Die in Speicherringexperimenten zur Verfügung stehende Energieauflösung reicht in besonderen Fällen für die Vermessung von DR-Linienprofilen aus. Die experimentelle Suche nach RR-DR-Interferenzen ist ein weiteres Thema dieser Arbeit.

Die bei der DR gebildeten Zwischenzustände sind teilweise nur schwach gebunden und daher empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen, wie Stößen oder äußeren elektromagnetischen Feldern. Theoretische Arbeiten sagen eine zum Teil drastische Erhöhung des DR-Wirkungsquerschnitts voraus, wenn die DR in Anwesenheit eines äußeren Feldes (DRF) stattfindet. Die quantitative experimentelle Untersuchung der DRF hochgeladener Ionen ist das zentrale Thema dieser Arbeit. Mit den hier vorgestellten Experimenten wurde erstmalig nachgewiesen, dass nicht nur elektrische Felder sondern auch magnetische Felder die DR beeinflussen, wenn die Feldvektoren senkrecht aufeinander stehen. Die theoretische Behandlung dieser Situation ist äußerst komplex und liefert zur Zeit nur qualitative Aussagen. DRF-Messungen an Schwerionenspeicherringen eilen hier der theoretischen Entwicklung voraus.

Speicherringexperimente können Rekombinationswirkungsquerschnitte mit hoher Genauigkeit absolut bestimmen. Derartige Absolutwerte sind für die Plasmaphysik von Interesse, da die bisher zur Modellierung von Plasmen verwendeten Rekombinationsraten ausschließlich theoretischer Provenienz sind. Vergleiche dieser Daten mit Resultaten von Speicherringexperimenten erbringen teilweise drastische Diskrepanzen. Dem Bedürfnis der Plasmaphysik nach verlässlichen experimentellen Daten kann durch Rekombinationsmessungen mit ausgewählten Ionen entsprochen werden. Die dabei relevanten Aspekte werden abschließend in dieser Arbeit näher beleuchtet.

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