Enterobacter sakazakii : Risikoprofil und Untersuchungen zum Nachweis in Säuglingsnahrungen

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2008

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Bakterielle Infektionen durch Enterobacter (E.) sakazakii bei Säuglingen, die durch Verunreinigungen in Säuglingsmilchpulvernahrung verursacht wurden, sind seltene jedoch gravierende Erkrankungen mit potenziell tödlichem Ausgang. Neben den Salmonellen ist dieser der einzige Keim, bei dem ein Kausalzusammenhang zwischen der Erkrankung von Säuglingen und der Kontamination von Säuglingsmilchpulvernahrung nachgewiesen werden konnte. Entsprechend der durch die CODEX ALIMENTARIUS COMMISSION vorgegebenen Grundelemente des Risikoprofils wurde in diesen Untersuchungen die Matrix/Erreger-Kombination von E. sakazakii in Säuglingsnahrung eingehend mit Hilfe von bereits vorhandenen Literaturdaten untersucht. Dabei lag der Fokus der Arbeit auf Elementen des Risikoprofils, die eine Eliminierung oder Minimierung der Gefährdung bereits im Produktionsprozess zum Ziel haben. Außerdem wurde der Evaluierung der Methoden zur Qualitätskontrolle besondere Beachtung geschenkt.Das Ziel dieses Risikoprofils liegt in der Bereitstellung von Hintergrundinformationen, basierend auf dem aktuellen Wissensstand der Literatur und eigenen Untersuchungen. Die Ergebnisse der hier vorgenommenen Erhebung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Infektionen mit E. sakazakii werden häufig durch die Kontamination von Säuglingsmilch-pulver verursacht und führen zu Septikämien, nekrotisierenden Enterocolitiden und vor allem zu Meningitiden. Hierbei sind stets Neu- (< 28 Tage) und insbesondere Frühgeborene und immungeschwächte Säuglinge betroffen. Weltweit konnten bisher bis zu 40 Erkrankungs-ausbrüche mit 60 bis 80 betroffenen Säuglingen registriert werden. Ungefähr ein Drittel dieser Erkrankungen konnte mit Säuglingsnahrung assoziiert werden. Der Großteil dieser Infektionen ist jedoch auf Kontaminationen durch das Produktionsumfeld sowie auf einzelne Rohstoffe zurückzuführen. Einige Schlüsseleigenschaften des Keims sind nach wie vor ungeklärt, wie z. B. die Virulenzfaktoren. Andere Eigenschaften wie Trocken-resistenz und Biofilmbildung konnten durch eigene Untersuchungen charakterisiert werden. Als problematisch erwies sich insbesondere die hohe Trockenresistenz des Bakteriums, da diese Rekontaminationen des Endprodukts aus dem Produktionsumfeld bedingen. Dazu wurden detaillierte Untersuchungen zum Vorkommen von E. sakazakii im Produktionsumfeld und Rohstoffen durchgeführt. Die Untersuchungen zur Trockenresistenz haben gezeigt, dass sich die Keimzahl in mit E. sakazakii versetztem Milchpulver nach Trocknung und Lagerung in 14 Wochen um nur drei Zehnerpotenzen verringerte und auch noch nach 61 Wochen zu detektieren war. Die Beseitigung einer E. sakazakii-Kontamination wird durch diese besondere Widerstandsfähigkeit des Keimes erschwert. Ein fortgesetzter Eintrag des Bakteriums über pflanzliche Rohstoffe konnte durch die Identifizierung kritischer Rohstoffe als zweite Kontaminationsquelle, neben der Präsenz des Bakteriums im Produktionsumfeld, festgestellt werden. Bezüglich der Strategien der Gefahrenkontrolle wurden einerseits Methoden der Qualitätskontrolle eingehend untersucht und außerdem Versuche zu Wachstumskinetiken vor dem Hintergrund der aktuellen Zubereitungs- und Anwendungsempfehlungen durchgeführt. Die Einhaltung der empfohlenen Richtlinien für die Zubereitung, Handhabung, Lagerung und Anwendung von Säuglingsanfangsnahrungen kann das Risiko nahezu eliminieren. Dennoch wird für besonders gefährdete Säuglinge, Neu- (< 28 Tage) und Frühgeborene und immungeschwächte Säuglinge angeregt, nur handelsübliche sterile Flüssignahrung zu verabreichen. Die Qualitätskontrollmaßnahmen sind ein wichtiges Element des Risikomanagements. Ihre Effektivität ist in besonderem Maße von der Leistungsfähigkeit der angewandten Methoden abhängig. Darum wurden verschiedene kultivierungsabhängige, biochemische und molekularbiologische Methoden getestet. Als besonders effektiv erwiesen sich die chromogenen Nährmedien sowie die spezifischen PCR-Nachweissysteme, während sich die kultivierungsabhängige Detektion durch Gelbfärbung der Kolonien und die Überprüfung des biochemischen Leistungsspektrums als ungenügend erwiesen. Mit den erarbeiteten molekularbiologischen Methoden lässt sich eine sichere Identifizierung innerhalb kürzester Zeit (3 Tage) gewährleisten. Die Methoden sind für den Routinebetrieb einer industriellen Produktion standardisierbar und auch unter diesen Bedingungen von hoher Reproduzierbarkeit. Eine schnelle, sensitive und spezifische Methode zur Detektion und Identifikation dieses opportunistischen Erregers ist für die Lokalisierung der Infektionsquelle von Bedeutung. An die Identifizierung schlossen sich Typisierungsverfahren zur weitergehenden Charakterisierung von E. sakazakii-Isolaten unterschiedlicher Herkunft (Rohstoffe, Umfeld, Endprodukte) an. Aufgrund von phänotypischen Eigenschaften und durch die spezifische PCR konnten fast alle Isolate der Spezies E. sakazakii zugeordnet werden. Eine abschließende molekulare Charakterisierung erfolgte für eine Auswahl an E. sakazakii-Isolaten durch die Makrorestriktion der chromosomalen DNA und anschließender Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE), um die Kontaminationsquellen und Kontaminationswege zu identifizieren und um die Eignung der Methoden zur Rückverfolgung von Kontaminationen zu prüfen. Dabei konnten 37 Restriktionsmuster (P1-P37) unterschieden werden. Hinsichtlich der Restriktionsmuster in der PFGE wiesen die Isolate aus dem gleichen Herkunftsort überwiegend jeweils ein einheitliches Restriktionsmuster auf. In mehreren Fällen waren jedoch bereits deutliche Unterschiede im Restriktionsmuster selbst für Isolate aus einem Herkunftsort festzustellen. Die größte genotypische Vielfalt wurde mit siebzehn unterschiedlichen Restriktionsmustern aus einem Herkunftsort festgestellt. Dies deutet darauf hin, dass die Kontaminationsquellen von Säuglingsnahrung mit E. sakazakii sehr vielfältig und damit wahrscheinlich nicht einer einzigen Quelle zuzuordnen sind. Eine weitere molekulare Charakterisierung der Isolate war durch die Randomly Amplified Polymorphic DNA Methode (RAPD) möglich. Die Ergebnisse der RAPD zeigten ähnliche Muster von verwandten Isolaten wie die PFGE, dabei zeigten beide Methoden eine ähnliche hohe diskriminatorische Stärke auf. Für eine ausreichende Sicherung des Gesundheitsschutzes des Verbrauchers und die Gewährleistung der Produktqualität konnte die Evaluierung des Risikos für das Vorkommen von E. sakazakii in Säuglingsnahrung anhand der ermittelten Daten und der Literatur-angaben erfolgen. Folglich bestätigt dies die Festlegung des Grenzwertes von 0 KbE/30x10 g durch die Europäische Union (VO/EG Nr. 2073/2005), nachdem in 30 Proben zu je 10 g Trockenmilchnahrung kein E. sakazakii nachweisbar sein darf. Als Ergebnis dieser Arbeit ist festzustellen, dass zur Kontrolle dieses Grenzwertes ein breites Spektrum kultivierungsabhängiger und molekularbiologischer Methoden vorliegt. Dennoch besteht vor dem Hintergrund der ergriffenen Produktionshygienemaßnahmen durch die Produzenten bei der Säuglingsnahrung auf Milchpulverbasis ein mikrobiologisches Restrisiko, da es sich hier nicht um ein steriles, sondern um ein keimarmes Produkt handelt. Sofern aber das Säuglingsmilchpulver hygienisch einwandfrei zubereitet und mit diesem auch hygienisch umgegangen wird, ist das Risiko einer E. sakazakii-Infektion bei Säuglingen nahezu ausgeschlossen. Zur Infektionsvorbeugung sind Hinweise zur Zubereitung, Handhabung und Lagerung von Säuglingsnahrungen im Sinne einer Guten-Hygiene-Praxis immer zu berücksichtigen. Angaben auf der Verpackung, wie Säuglingsnahrung in Pulverform immer frisch herstellen, abgekochtes Wasser verwenden, angerührte Nahrung sofort auf Trinktemperatur abkühlen und verfüttern und Nahrungsreste nicht wieder verwenden , sind unerlässlich, um einer Infektion mit E. sakazakii vorzubeugen. Eine Vermehrung von E. sakazakii in Säuglingsnahrung nach einer inadäquaten Handhabung (z. B. Herstellung auf Vorrat, Lagerung zubereiteter Säuglingsnahrung) durch den Verbraucher muss als eines der Hauptrisiken gelten. Eine Sensibilisierung der Verbraucher und des Klinikpersonals ist notwendig, um darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei der Säuglingsnahrung nicht um ein steriles, sondern um ein keimarmes Produkt handelt.


Enterobacter sakazakii - Risk profile and investigations of the pathogen detection in infant food Enterobacter (E.) sakazakii is a rare cause of invasive infection with high death rates in neonates. The fatal infection is associated with the presence of the organism in commercial powdered formula fed to the infant. Contamination of powdered infant formula with E. sakazakii and with Salmonella has been proved as the cause of infection in infants, sometimes with serious sequel of death. This thesis investigated the food/hazard combination of E. sakazakii in infant milk formula in accordance with the basic elements of a risk profile given by the CODEX ALIMENTARIUS COMMISSION. It focused on the risk factors and how they could be eliminated or minimised already in the process of production.The risk profile aims to summarise the recent knowledge based on literature data and own investigations. The evaluation results can be summarised as follows: Infections with E. sakazakii are often caused by the contamination of infant milk formula and lead to septicaemias, necrotizing enterocolitis and meningitis. The most vulnerable group are newborn (<28 days), particularly preterm and immunocompromised infants. Up to 40 outbreaks with 60 to 80 affected infants could be registered worldwide. About one third of these illnesses could be associated with baby food. There are two main routes by which E. sakazakii can enter reconstituted infant formula: a) through intrinsic contamination - either through contaminated ingredients added after drying or from the processing environment after drying and before packing or b) through external contamination of the formula during reconstitution and handling e.g. through poorly cleaned utensils. In addition, pathogen properties contribute to its infectious accessibility. Although, some of the E. sakazakii key properties such as the virulence factors are still unclear, others like resistance to drying stress and biofilm formation are well defined by own investigations. The later might be implicated in the recontamination of the end product. A long term study on the dry resistance has shown that the initial amount of E. sakazakii in dry infant formula has dropped within 14 weeks only by 3 logs and has been still detectable after 61 weeks. This higher resistance against dryness makes it more difficult to control the problems of contaminations with E. sakazakii. A continuous entry of the bacterium by raw materials has been seen by the identification of critical raw materials as the second contamination source beside the presence of the bacterium in the production environment. With regard to the hazard strategies, the quality control methods were investigated. Additionally, the study of growth kinetics of E. sakazakii in infant formula was carried out to assess the recommended guidelines for the preparation, use, storage and application of starter formula which can nearly eliminate the risk. However, for high-risk infants like neonates (<28 days) particularly preterm and immunocompromised it is recommended to use sterile ready to use formula only. The quality control measures are important elements in the risk management. Their effectiveness depends on the quality of methods being used. Thus, conventional, biochemical and molecular methods were performed for the sake of comparison. While, the chromogenic media and the specific PCR methods were defined as highly effective methods, the conventional method with a selection procedure based on yellow pigmentation and biochemical reactions was found unreliable. A safe and fast (3 days) detection should be guaranteed by the developed molecular methods. The methods should be used as standardised methods with a high reproducibility in the industrial routine lab. A quick, sensitive and specific method for the detection and identification of this opportunistic infant pathogenic bacterium is very important for the localisation of the infection. Both identification and typing methods for the characterisation of E. sakazakii isolates of different sources (raw material, environment, and end product) were investigated. All investigated isolates were identified as E. sakazakii by using phenotypical characteristics and specific PCR methods.Furthermore, E. sakazakii isolates were investigated by macrorestriction analysis of their chromosomal DNA followed by pulse field gelelectrophoresis (PFGE) to identify the source and the way of contamination and prove this method to trace back the contamination route. The restriction patterns obtained by pulsed-field gel electrophoresis displayed identical or almost identical patterns for the cultures of various sources. In addition, a total of 37 distinct patterns (P1-P37) were observed. With reference to the restriction patterns obtained by pulsed field gel electrophoresis, identical patterns for strains of the same source were realised. Nevertheless, in several cases clear differences were distinguished in the restriction pattern for isolates from the same source. The largest genotypical variety was detected for seventeen different restriction patterns from the same source. This implies that the sources of contamination with E. sakazakii in infant food are very various and it is of high probability that the contaminations are to be assigned to not only one source. Further molecular characterisations of the isolates were possible by the Randomly Amplified Polymorphic DNA (RAPD). The results of the RAPD revealed similar patterns as in the PFGE for related isolates. Both methods showed a similar high discriminatory power. An evaluation of E. sakazakii contamination risk in infant milk powder based on literature data and own investigations confirms the safety limit of absence of E. sakazakii in 30x10g set by the European directive (VO/EG No. 2073/2005). Upon the investigation results, the availability of a wide range of conventional microbiological and molecular methods can be effectively used and are reliable. Nevertheless, powdered infant milk formula is in terms of the manufacturer hygiene measures not a sterile product but is at risk of being contaminated. Concerning the preparation and handling of the infant milk formula under good hygiene conditions, there should be no risk for infants to get an infection with E. sakazakii. To prevent infections, general information about the use and storage of powdered infant formula has to be taken into consideration of a good hygiene practice. There is a general need for the labelling of the product with prepare reconstituted formula freshly, cooling before reconstituted formula is fed. Remnants of feed should be discarded and not used as part of the following feed . A risk increase caused by mishandling of the reconstituted formula by the consumer can not be excluded. The fact that powdered infant formula is not a sterile product requires more attention of the user in domestic and hospital environment for the right way of preparation and use of infant milk formula. Over and above, risk management strategies have to be developed in order to address the presence of E. sakazakii in this product.

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Giessen : VVB Laufersweiler 2007

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