Medizinische Ausbildung nach den Prinzipien von Primary Health Care: Der Aufbau der Medizinischen Fakultät der Universidad Nacional de San Antonio Abad in Cusco/Peru (UNSAAC), 1980–1996

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2020

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Im Jahre 1978 verabschiedeten die Delegierten einer von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und UNICEF (UN-Kinderhilfswerk) veranstalteten Weltkonferenz zur Primären Ge-sundheitsfürsorge (im Original: Primary Health Care, abgekürzt: PHC) in Alma Ata (ehem. Sowjetrepublik Kasachstan) die so genannte „Primary Health Care“-Strategie zur nachhaltigen Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Weltbevölkerung. Bis heute gilt die „Alma-Ata-Deklaration“ als Meilenstein in der Geschichte der globalen Gesundheitspolitik, obgleich sowohl die praktische Umsetzung in vielen Ländern der Erde als auch das 1978 ausgegebene Ziel „Gesundheit für Alle bis zum Jahre 2000“ rückblickend als weitgehend gescheitert gelten. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist ein Teilaspekt der PHC-Strategie, dem bisher in der historischen Forschung wenig Beachtung geschenkt wurde: Der Einfluss der Prinzipien von Alma Ata auf die ärztliche Ausbildung, am Beispiel der 1980 – ausdrücklich unter Bezug auf PHC – gegründeten Medizinischen Fakultät der Universidad San Antonio Abad (UNSAAC) in Cusco, im Andenhochland von Peru. Die Gründung der Medizinischen Fakultät an der UNSAAC ist ferner deshalb interessant, weil sie von 1986 bis 1996 als Entwicklungsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) umfangreiche Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland erfuhr. Die Dissertation basiert auf mehreren Forschungsaufenthalten in Cusco und Lima, auf Archivrecherchen in Peru und Deutschland, sowie auf Interviews mit Zeitzeugen und beteiligten Akteuren (oral history) sowohl an der UNSAAC in Peru als auch in der GTZ.
Daraus ergaben sich neben der detaillierten historischen Rekonstruktion der Gründungsphase der Medizinischen Fakultät der UNSAAC drei Themenschwerpunkte, welche die Herausforderung, die mit der Umsetzung der Prinzipien und Ziele von PHC in die medizinische Praxis verbunden waren, deutlich aufzeigen. Die Vorschläge, Vorhaben, Diskussionen, Initiativen und Konflikte im Hinblick auf die Neuausrichtung der ärztlichen Ausbildung an der UNSAAC illustrieren dabei in besonderer Weise die von Befürwortern und Skeptikern von PHC vertretenen Vorstellungen und Argumente sowie die in der 1978 von WHO und UNICEF verabschiedeten Konzeption. Erstens stellte sich heraus, dass das, was unter PHC verstanden wurde, keineswegs einheitlich war. Bis heute ist es umstritten, ob diese Offenheit im Sinne des Konzepts der „systematischen Unbestimmtheit“ in der Alma-Ata-Deklaration durchaus vorgesehen war, um eine Anpassung an lokale Gegebenheiten zu gewährleisten, oder ob dies als ein Versäumnis hin-sichtlich der für die praktische Umsetzung von vielen erwarteten Klarheit zu bewerten ist. Mit Blick auf das Projekt der UNSAAC wurde ersichtlich, dass die Offenheit des Konzepts eher zu einer Reduktion der Inhalte auf pragmatisch technische Aspekte führte, anstatt zu einer Öffnung und Flexibilität gegenüber den lokalen Gegebenheiten. Zweitens resultierten aus dem Bestreben der Ausrichtung der ärztlichen Ausbildung auf PHC weitreichende Spannungen und Widerstände, die in der vorliegenden Arbeit in fünf Kategorien zusammengefasst werden: 1.) Die Sorge der Studierenden, zu sogenannten „Barfußärzten“ ausgebildet zu werden. 2.) Der vermeintliche Widerspruch einer „ganzheitlichen“ im Gegensatz zu einer naturwissenschaftlich ausgerichteten Medizin. 3.) Die Sorge, eine kostengünstige Medizin niederer Qualität zu schaffen. 4.) Die Schwierigkeiten in der Vermittlung zwischen den lokalen Gesundheitseinrichtungen und spezialisierten Zentren und schließlich 5.) Das Spannungsfeld zwischen angestrebter Partizipation einerseits und Paternalismus andererseits. Im dritten Themenschwerpunkt wird noch einmal explizit auf den Widerstand der Ärzteschaft gegen das PHC-Konzept eingegangen. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Integration der PHC-Perspektive bereits im Studium von entscheidender Bedeutung ist, da auf diese Weise das Selbstverständnis der Ärzte verändert werden kann.

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