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Bestäubergemeinschaften auf subventionierten Blühflächen - Biodiversität, Konnektivität und Ressourcenverfügbarkeit

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2021-12

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Zusammenfassung

Die Zerstörung und Fragmentierung von Lebensräumen gehören zu den Hauptreibern des weltweiten Artenrückgangs. Blütenreiche Habitate der Kulturlandschaft sind davon besonders betroffen, so dass sich innerhalb der Agrarumweltprogramme die Anlage von Blühflächen etabliert hat, um durch die gesteigerte Verfügbarkeit von Pollen und Nektar vor allem dem Rückgang blütenbesuchender Insekten entgegenzuwirken. Studien zur Effektivität von Blühflächen kommen jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen. Es liegt nahe, dass bisher wenig berücksichtigte Faktoren jenseits der Habitat Ebene eine entscheidende Rolle spielen. Auch ist über die Dynamiken der Gemeinschaften über die Dauer der Maßnahmen wenig bekannt. Ziel dieser Arbeit ist es daher, zwei bedeutende Stellgrößen für eine standortangepasste Optimierung von Blühflächen näher zu unter-suchen: die umgebende Landschaft und die Zusammensetzung der ausgebrachten Blühmischung. Modellorganismen sind Wildbienen und Schwebfliegen, da sie beide eine starke Blütenbindung aufweisen, aber aufgrund ihrer Biologie unterschiedlich auf Landschaftsmuster reagieren. Die ersten drei Studien (KAPITEL II-IV) befassen sich mit dem Einfluss der Landschaft auf die Besiedlung von Blühflächen im Landkreis Marburg-Biedenkopf, Hessen, entlang eines Landschaftskomplexitätsgradienten (Anteil Grünländer und naturnaher Habitatelemente). Die Hälfte der mittels GIS gestützter Landschaftsanalysen ausgewählten Blühflächen lagen in Nachbarschaft zu mindestens einer weiteren Blühfläche („vernetzte“ Blühflächen), die anderen wiesen keine zusätzlichen Blühflächen in einem Radius von 500 m auf („isolierte“ Blühflächen). Obwohl mit über 320 Insektenarten mittels Transektfängen auf einer Auswahl etablierter Blühflächen überraschend viele unterschiedliche Blütenbesucher in der ersten Studie (Kapitel II) nachgewiesenen wurden, fiel die Hälfte aller Individuen auf die Taxa der Bienen und Schwebfliegen. Trotz dieser guten Ansprache der Zieltaxa waren jedoch nur 2,6 % aller Individuen Wildbienen abseits der Honigbienen und Hummeln. Ordinationen der Blütenbesuchergemeinschaften zeigten, dass sich sowohl der Zeitpunkt der Aufnahme, als auch die umgebende Landschaft auf die Gemeinschaftszusammensetzung auswirken. Die Landschaftskomplexität und die Konnektivität zu benachbarten Blühflächen wirkte sich positiv auf die Wildbienenvielfalt aus, während Schwebfliegen vermehrt auf isolierten Flächen zu finden waren. Für keine andere untersuchte Gruppe außer den Wildbienen konnte ein Effekt der Landschaft gefunden werden. Dieser Landschaftseffekt wurde in Hinblick auf die Besiedlung durch und die Dynamiken innerhalb der Wildbienen und Schwebfliegen im Rahmen der zweiten Studie (KAPITEL III) über drei aufeinanderfolgende Jahre mit Farbschalen auf 33 neu angelegten Blühflächen genauer untersucht. Hierbei wurden mehr als ein Viertel der regionalen Wildbienen und Schwebfliegen nachgewiesen. Erneut zeigten ausschließlich Wildbienen eine deutliche Reaktion auf die Landschaft. So stieg die Alpha-Diversität auf isolierten Flächen mit der Landschaftskomplexität an, während für verknüpfte Flächen ein gegen-teiliges Muster zu beobachten war. Jedoch waren die Wildbienen Gemeinschaften benachbarter Flächen in einfachen Landschaften ähnlicher zueinander als in komplexen Landschaften. Dieser Effekt spiegelte sich auch mit der Komplexität des Pflanzenspektrums wieder. Schwebfliegen reagierten gegenläufig und auf einer höheren taxonomischen Ebene (Pflanzenfamilienvielfalt). Als Resultat der voranschreitenden Sukzession veränderten sich zudem die Gemeinschaftszusammensetzungen über den Untersuchungszeitraum deutlich. Der Einfluss des Fragmentierungsgrades auf die Besiedlung der Blühflächen zeigte sich auch in der innerartlichen Größenvariabilität häufiger Wildbienenarten (KAPITEL IV). Bei den vier häufigsten in KAPITEL III nachgewiesenen Sandbienenarten der Gattung Andrena stieg die intra-spezifische Körpergröße (gemessen als Intertegulardistanz ITD) der beiden mittelgroßen Arten mit dem Grad der Fragmentierung an. Zum einen bestätigt die Studie, dass bei mobilen Arten in fragmentierten Landschaften die im Zusammenhang mit der Ausbreitung relevanten Körperregionen größer ausgebildet sind. Zum anderen deutet die Tatsache, dass die Anzahl der durch A. flavipes gesammelten Pollentypen mit der Körpergröße abnahm, auf funktionelle Konsequenzen dieses Mechanismus hin. Lokale Faktoren hinsichtlich der Zusammensetzung von Blühmischungen als Steuergröße der Attraktivität für umfangreichere Blütenbesuchergemeinschaften sind Gegenstand von KAPITEL V. Für die vier untersuchten Saatmischungen des Hessischen Agrarumweltprogramms zeigten umfangreiche Analysen der Pflanze-Blütenbesucherinteraktionen zwei aufeinanderfolgender Jahre für etwa die Hälfte der 94 vorgefundenen Pflanzenarten (etwa ein Drittel stammte dabei aus der Samenbank) Besuche. Dabei reichen bereits 14 Schlüssel-Pflanzenarten aus, um die gesamte lokale blütenbesuchende Wildbienen- und Schwebfliegengemeinschaft abzudecken, die Top vier Pflanzenarten unterstützten 80 % dieser Blütenbesucher. Obwohl sich die Attraktivität der Blühmischungen zwischen den untersuchten Gruppen unterschied, war das Vorhandensein der Schlüsselpflanzen wichtiger als die Pflanzen-Diversität an sich. Die vorgestellten Studien belegen anhand des breiten Besucherspektrums der Blühflächen den Bedarf einer Steigerung von Blütenressourcen in der Landschaft. Das Förderpotenzial von Wildbienen hängt dabei entscheidend von der umgebenden Landschaft ab. Durch ihre aufwendige Brutpflege sind sie auf kurze Wege zwischen Nahrungs- und Nisthabitaten angewiesen und profitierten durch die Anlage mehrerer Blühflächen, indem diese zu einer besseren Vernetzung mit bestehenden (Teil-) Lebensräumen beitragen und ihre Erreichbarkeit in fragmentierten Landschaften fördern. Dies könnte den Selektionsdruck auf Individuenebene (Körpergröße) als auch die Gemeinschaftsstruktur reduzieren. Die Berücksichtigung der vorgestellten Ergebnisse für eine standort-angepasste Optimierung von Blühflächen kann somit deren Effizienz in modernen Agrarlandschaften steigern. Da Wildbienen jedoch sehr sensibel auf Lebensraumveränderungen reagieren, können Blühflächen eine unterstützende Wirkung nur in Landschaften entfalten, die noch ausreichend naturnahe Habitate aufweisen. Gleichzeitig decken die Pflanzenzusammensetzungen bisheriger Mischungen überwiegend die Bedürfnisse häufiger Arten ab und sind für die Förderung der Mehrheit der Wildbienen nicht ausreichend. Der Erhalt oder die Restaurierung naturnaher Lebensräume sollten daher immer der Schaffung künstlicher und zeitlich begrenzter Strukturen vorgezogen werden.

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