Veränderung der klinischen Versorgungsaufgabe und deren Auswirkung auf die Behandlungsqualität an einer universitären kieferorthopädischen Poliklinik über einen Zeitraum von 21 Jahren
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Zusammenfassung
Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die Veränderung der Versorgungsaufgabe sowie der Behandlungsqualität über einen 21-jährigen Zeitraum an einer universitären kieferorthopädischen Poliklinik zu analysieren. Die kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) dienten als Hauptzielparameter zur Ermittlung des bei Behandlungsbeginn vorliegenden Schweregrades der Zahn- und Kieferfehlstellung. Das Behandlungsergebnis wurde mit Hilfe der Methode nach AHLGREN ermittelt. Der untersuchte Zeitraum wurde in zwei Zeitspannen unterteilt (von 1992 bis einschließlich 2002 bzw. ab 2003 bis einschließlich 2012 respektive vor / nach Einführung der kieferorthopädischen Indikationsgruppen).Das Patientengut umfasste alle Patienten, die im Zeitraum zwischen 1992 bis einschließlich 2012 in der Poliklinik für Kieferorthopädie im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Justus-Liebig-Universität Gießen aufgenommen wurden. Ausgehend von den Einschlusskriterien (Patienten mit vollständigen Dokumentationsunterlagen, einer begonnenen Behandlung, Kostenübernahme der Behandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und ein Patientenalter <18 Jahre) konnten 3210 Patientenakten zur Auswertung hinsichtlich der folgenden Haupt- und Nebenzielparameter analysiert werden: KIG, IOTN-DHC, Behandlungsergebnis nach AHLGREN, Alter bei Behandlungsbeginn, Geschlecht, Dentalstadium, Behandlungsstatus, Behandlungsdauer, Behandlungsmittel und Vorbehandlung. Die Vergütung, die Anzahl der Behandlungstermine sowie die Compliance, wurde für jeweils 100 zufällig ausgewählte Patienten aus den Gruppen 3, 4 und 5 ab dem Jahr 2004 ermittelt.Die statistische Auswertung der Dokumentationsunterlagen führte zu folgenden Ergebnissen:Versorgungsaufgabe Die bei Behandlungsbeginn vorliegende Zahn- bzw. Kieferfehlstellungen unterschieden sich deutlich zwischen den untersuchten Zeiträumen (p < 0,000) zugunsten schwerwiegender Malokklusion im Zeitraum 2002-2012. Die Anzahl der Patienten in den Gruppen 1 und 2 (leichtere Malokklusion) sank von 22,4 % der Patienten zwischen 1992 und 2002 auf 2,7 % der Patienten zwischen 2002 und 2012. Es bestätigte sich, dass die aktive Behandlungsdauer bei Patienten mit KIG 5 durchschnittlich ca. 7 Monate länger dauerte als bei Patienten mit KIG 3 (p < 0,000). Die Anzahl der benötigten Termine unterschied sich ebenfalls zwischen den kieferorthopädischen Indikationsgruppen. So benötigten Patienten der Gruppe 3 durchschnittlich 28,4 ± 8 Termine, Patienten der Gruppe 4 im Durchschnitt 29 ± 8 Termine und Patienten der Gruppe 5 durchschnittlich 34 ± 10 Termine während der aktiven Behandlung.Behandlungsqualität Beim Vergleich der untersuchten Behandlungszeiträume wurde deutlich, dass sich der Anteil der Patienten mit einem unakzeptablen Behandlungsergebnis zwischen 1992 und 2002 von 4,4 % auf ca. 10,3 % zwischen 2002 und 2012 erhöht hat (p < 0,000). Der Anteil an Patienten mit einem guten Ergebnis sank von ca. 45 % zwischen 1992 und 2002 auf 36 % zwischen 2002 und 2012. Die Ergebnisgruppen ausgezeichnet und akzeptabel blieben im Vergleich der untersuchten Zeiträume relativ konstant. Bei einem Vergleich des Behandlungsergebnisses hinsichtlich der kieferorthopädischen Indikationsgruppen zeigte sich deutlich (p = 0,001), dass Patienten der Gruppe 5 mit 10,3 % häufiger ein unakzeptables Ergebnis aufwiesen als Patienten der Gruppen 1 und 2, die nur in 3,1 % der Fälle ein unakzeptables Ergebnis erreichten. Ein ausgezeichnetes Ergebnis erhielten hingegen ca. 20 % der Patienten aus der Gruppen 1 und 2, während Patienten der Gruppen 5 dies nur in 12,7 % der Fälle erreichten. Die Zunahme an unakzeptablen Ergebnissen für den Zeitraum nach 2002 lässt sich durch die Verschiebung zu komplexeren Fällen begründen. Wirtschaftlichkeit Im Median wurden die Behandlungen mit ca. 2183,95 vergütet. Ein schwacher Unterschied in der Vergütung der drei kieferorthopädischen Indikationsgruppen ließ sich feststellen (p = 0,039) ein Termin während der aktiven Behandlung bei Patienten in KIG 3 wurde durchschnittlich mit 74,24 , in KIG 4 mit durchschnittlich 76,93 und in KIG 5 mit durchschnittlich 68,07 vergütet. Schlussfolgernd lässt sich feststellen, dass durch eine Verschiebung des Patientengutes hin zu komplexeren Fällen negative Auswirkungen auf die Behandlungsqualität und Wirtschaftlichkeit der Abteilung entstanden sind.
The aim of the present study was to analyse changes in the supply task and the quality of treatment over a 21-year period at the Department of Orthodontics, Justus-Liebig University, Giessen. The German Kieferorthopädische Indikationsgruppen (KIG, Orthodontic Indication Groups) system and the Index of Orthodontic Treatment Need (IOTN-DHC) served as main outcome parameters, to determine the severity of tooth and jaw deformities at baseline. The treatment quality was assessed using the method of AHLGREN (excellent, good, acceptable, and unacceptable results). The observation period was divided into two parts (1992 to 2002 and 2003 to 2012, respectively before and after the introduction of the KIG).All patients treated at the Department of Orthodontics, University of Giessen, between 1992 and 2012 were included. Based on the inclusion criteria (patients with complete documentation, active treatment below age 18 years; coverage of treatment by the social insurance system), 3.210 patient records could be assessed. The following parameters were analysed: KIG (orthodontic indication group), IOTN-DHC, treatment outcome according to AHLGREN, age at baseline, sex, dental development, treatment status, treatment duration, used appliances, and previous orthodontic treatments. The payment for treatment, number of appointments for treatment sessions, and level of compliance were determined in 100 randomly selected patients from each of groups 3, 4, and 5 (2004 onwards).The statistical analysis yielded the following results:Supply task The severity of tooth and jaw deformity at baseline differed significantly between the two periods under review (p < 0.000) in favour of more severe malocclusions between 2002 and 2012. The number of patients in groups 1 and 2 (less severe malocclusions) decreased from 22.4% between 1992 and 2002 to 2.7 % between 2002 and 2012. The active treatment period was about 7 months longer for patients in group 5 than for patients in group 3 (p < 0.000). The number of required appointments differed among the orthodontic indication groups. Patients in group 3 required 28.4 ± 8 appointments, those in group 4 29 ± 8 appointments, and those in group 5 34 ± 10 appointments during active treatment.Quality of treatment The proportion of patients with unacceptable outcomes increased from 4.4% between 1992 and 2002 to about 10.3% between 2002 and 2012 (p < 0.000). The proportion of patients with good results decreased from about 45% between 1992 and 2002 to 36 % between 2002 and 2012. The proportions of patients with excellent and acceptable results remained stable throughout the investigated periods. In group 5, 10.3 % of patients had unacceptable outcomes; this percentage was significantly larger than those in groups 1 and 2, where results were unacceptable in only 3.1 % of patients (p = 0.001). Excellent results were achieved in approximately 20 % of patients in groups 1 and 2, but in only 12.7 % of patients in group 5. The increase in unacceptable results for the period after 2002 can be explained by the shift to more complex cases.Economics The median treatment compensation was approximately 2,184. A weak difference in remuneration was found among the three orthodontic indication groups (p = 0.039). Each treatment appointment during active treatment was compensated with 74.24 for patients in group 3, with averages of 76.93 in group 4 and 68.07 in group 5.In conclusion, a shift in the patient population to more complex cases had a negative impact on quality outcome and on the economic profitability of the Department.