Untersuchungen des Leptin-Systems und des Stoffwechsels juveniler Ratten : Zwei Adipositas-Modelle

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2001

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Endogene, funktionelle Teratogene wie auch chemische Noxen können in kritischen Entwicklungsperioden zur Zerstörung zentraler Reglerund damit zu lebenslang anhaltenden Fehlfunktionen endokriner Regelungsprozesse führen. In der vorliegenden Studie wurden die akutenÄnderungen in der Energiebilanz während der Säugephase an zwei unterschiedlichen Modellen untersucht, die durch Eingriffe in denersten Lebenstagen Adipositas im adulten Tier bewirken. Im ersten Adipositasmodell wurde eine postnatale Überernährung (PNO) 21 Tage alter Rattenwelpen durch die Aufzucht in einem Nest mitnur vier Tieren, gegenüber zwölf Tieren in normal großen Nestern, induziert, wobei neben Wistarratten entweder Zuckerratten, dieheterozygot für einen Defekt des Leptinrezeptors sind (+/fa), oder deren Wildtyp-Wurfgeschwister (+/+) untersucht wurden. Bei allenPNO-Tieren ergab sich gegenüber den im normalen Nest aufgezogenen Kontrolltieren sowohl eine größere fettfreie Trockenmasse undFettmasse, wobei die normalerweise phänotypisch kaum ausgeprägte genetische Prädisposition der +/fa-Tiere zu vermehrterFettakkumulation bei den PNO-Tieren erheblich verstärkt wurde. Neben Zunahmen der Körperfettmasse entwickelten die +/fa-PNO-Tiere,aber auch die PNO-Wistarratten, eine relative Hyperleptinämie. Diese war mit einer Leptinresistenz assoziiert, wie sich in einer nahezuvollständigen Insensitivität insbesondere der PNO-Wistarratten und der +/fa-PNO-Tiere gegenüber exogen appliziertem Leptin zeigte. EineBestimmung der hypothalamischen Leptinrezeptorbindung an Hypothalamus-Homogenaten verdeutlichte, dass diese weder bei denPNO-Tieren noch durch Leptinbehandlung im Vergleich zu den Kontrolltieren verändert wurde. Unabhängig davon wiesen zum einen +/fa-und zum anderen weibliche Tiere eine verminderte Leptinrezeptorbindung auf. Diese Befunde am Untersuchungsmodell I zeigen, dass eine erhöhte Energiezufuhr im Säuglingsalter nicht nur zu einem verstärktemWachstum, sondern auch zu einer exzessiven Fettdeposition führt. Zusätzlich konnte eine auffallende Interaktion zwischen einemdefinierten, normalerweise rezessiv eingestuften Merkmal und frühen postnatalen Unwelteinflüssen gezeigt werden, die modellhaft für dieProgrammierung der phänotypischen Ausprägung genetischer Störungen sein könnte. Unabhängig vom genetischen Hintergrund tritt dabeieine Leptinresistenz als Leitsymptom auf, die jedoch nicht auf einer Änderung der Rezeptorendichte beruht. Eine analoge Beziehungzwischen genetischem Hintergrund undÜberernährung wäre auch bei der Wistarratte zu vermuten, ist aber noch nicht identifiziert worden. Grundlage des zweiten Adipositasmodelles ist die chemische Läsionierung von Nervenzellkörpern durch Verabreichung vonMonosodiumglutamat (MSG), das in hypothalamischen Gebieten mit durchlässiger Blut-Hirnschranke wirksam wird. Die postnataleMSG-Behandlung führte bei den MSG-behandelten Tiere zu einer geringeren Fettdeposition gegenüber den NaCl-behandeltenKontrolltieren. Bei identischer Nahrungszufuhr künstlich über intraösophageale Katheter aufgezogener Tiere kam es zu einem nahezuvollständigen Verschwinden der Stoffwechselabsenkung im Minimum der Tiere und einer erhöhten Energiedissipation derMSG-behandelten Tiere. Auch die künstlich aufgezogenen Tiere zeigten eine starke Abnahme besonders des Körperfettgehaltes, was dieÄnderungen in der Energiebilanz der Tiere als Ursache bestätigt. Mit dem verminderten Körperfettgehalt ging auch eine Abnahme derPlasmaleptinspiegel einher. Um die Auswirkungen der MSG-Behandlung auf die für die Energiehomöostase wichtigen hypothalamischen Kerngebiete insbesonderedes Nucleus Arcuatus (ARC) zu untersuchen wurden kresylviolett-gefärbte coronale Gehirnschnitte mikroskopisch untersucht. Währendandere Kerngebiete nicht von der chemischen Läsionierung durch MSG betroffen waren, trat eine weitgehende Zerstörunghypothalamischer Neurone im ARC ein. Zudem wurde zur Funktionskontrolle am zehn Tage alten Rattenhirn die Reagibilität auf Leptinanhand des Nachweises eines 'immediate-early-gene' Produkts, des Fos Proteins, als Marker für neuronale Aktivierung nachgewiesenund die Verteilung des durch das Neuropeptid Y (NPY) als Transmitter gekennzeichneten, hirn-intrinsischen Neuronensystems, dessenBeitrag zur Stimulation der Nahrungsaufnahme bekannt ist, trotz der neuronalen Unreife der juvenilen Tiere nachgewiesen. Die Befundedes Adipositasmodells II zeigen, dass der MSG-induzierten Adipositas im Erwachsenenalter eine Phase erhöhten Energieumsatzesvorausgeht, die in ihrer Wirkung auf den circadianen Rhythmus der einer Leptinapplikation bei der juvenilen Ratte vergleichbar ist und vorallem zu einer Verringerung des Körperfettgehaltes führt. Bei der Deutung dieses Befundes sind die histochemischen Hinweise zubeachten, dass normalerweise bereits im Alter von zehn Tagen eine Fortleitung des Leptinsignals zum Nucleus paraventricularis alsintegrative Struktur für die Kontrolle der Energiebilanz existiert und dass insbesondere das an dieser Verbindung beteiligte NPY-Systementwickelt ist. Der beobachtete Zelluntergang im ARC wirkt sich akut wie eine durch Leptin hervorgerufene Enthemmung dernormalerweise wirksamen Maßnahmen der juvenilen Energieeinsparung im Tagesminimum aus. Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass zwei völlig unterschiedliche Einflüsse, nämlich eine chemische Noxe, genauso wie einepostnatale Überernährung in einer kritischen juvenilen Entwicklungsphase, obwohl sie zunächst gegenläufige Veränderung derFettdeposition auslösen, schließlich zu Adipositas und deren assoziierten Begleitstörungen im adulten Tier führen können.


Endogenous as well as chemical functional teratogens, if administered in critical periods of neuronal development, may destroy centralregulatory mechanisms and therefore lead to lifelong-lasting dysfunctions of endocrine regulatory loops. In this study acute changes inenergy balance during suckling period has been examined in two rat obesity models, which are known to induce an obese phenotype in theadult animal. In the first obesity model a postnatal overnutrition (PNO) has been induced by rearing pups in small litters of only 4 animals (small litter size)compared to pups reared under control conditions with 12 pups (normal litter size). Besides Wistar rats either Zucker rats, which areheterozygous for a leptin receptor defect 'fatty' (+/fa), or wildtyp Zucker rats have been used in this study. All PNO-animal showed anenhanced fat-free dry-mass (FFDM) as well as an increased body-fat mass compared to their control littermates, which had been reared inlitters of normal size. The enlarged fat deposition of heterozygous animals which is normally hardly detectable by phenotype is massivelyenhanced by the postnatal overnutrition. Besides the increase in body fat mass the +/fa-PNO as well as the PNO-Wistar rats developed arelative hyperleptinaemia. This was associated with a leptin resistance, which was expressed in a nearly total insensitivity exspecially of thePNO-Wistar- and PNO-+/fa-Zucker rats against peripheral leptin treatment. The investigation of hypothalamic leptin receptor binding inZucker rats revealed that neither PNO- nor leptin-treated animals had a different binding compared to the controll animals. Independent ofthese findings, a diminished leptin receptor binding of heterozygous and female animals could be detected. These results of the first obesity model show that a higher energy supply in postnatal life not only contributes to a higher body weight butexspecially supports an exaggerated fat deposition. Additionally, this study demonstrated an obvious interaction between an usuallyinconspicous genetic trait and early postnatal enviromental influences, which could be exemplary for the programming of phenotypicalexpression of genetic disorders. Independant of genetic background, a leptin resistance as a lead-symptom develops, which is not causedby an altered expression of the leptin receptor. In the second obesity model monosodiumglutamate (MSG) in high doses has been used to lesion neuronal cell bodies in specifichypothalamic areas without a blood-brain-barrier. Postnatal MSG-treatment causes a diminshed fat-deposition of the treated suckling-ageanimals compared to the control (NaCl-treated) animals. Artificial rearing which ensures asupply with identical amounts of milk viaintraosophageal catheters revealed a nearly complete suppression of the circadian torpor-like decreases of Tc and MR in the dailyminimum and therefore lead to a higher energy dissipation of the MSG-treated animals. The artificially reared animals showed also adiminished fat mass compared to the control animals in accordance with the observed changes in energy metabolism which thus werecausal for the reduction of body weight. To study the effect of MSG treatment on hypothalamic nuclei, which are known to be involved inregulation of energy homeostasis, cresyl-violet stained brain sections have been examined. A marked loss of cells in the arcuate nucleus(ARC) could be detected while other brain regions were not affected by the treatment. Additionally, to test whether those brain regions arealready functional at an age of ten days, the expression of the Fos protein, an immediate early-gene-product, which is known as a markerfor neuronal activity, could be demonstrated. Despite the neuronal immaturity of ten day old rat pups the NPY-ergic projections, which havebeen shown to be essential for signal transmission in the control of food intake, already exist. The results show that MSG-induced obesity, which develops in adulthood, is preceded by a period of expanded energy expenditure injuvenile life. With respect to their effects on energy metabolism leptin treatment and MSG lesioning of juvenile pups are comparable andlead mainly to a diminished fat deposition. For the interpretation of these findings one has to keep in mind the histological results, whichrevealed that even at this early age the transmission of the leptin signal to the nucleus paraventricularis is already possible, because theNPY-ergic connectivities are already existent. The neuronal cell death in the ARC leads to an leptin-like disinhibition of normal energysaving mechanisms in the minimum of the daily circadian rhythm in 10 day old pups. Summarizing the results, this study shows that two totally different influences - postnatal overnutrition or a chemical teratogene - ifadministered in periods that are critical for developing organisms, can induce changes in energy metabolism and nutritional state ofanimals which may lead to a higher obesity susceptibility in adulthood.

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