Verbreitung von Acinetobacter-Spezies bei Rindern in Hessen unter Berücksichtigung der antimikrobiellen Resistenz

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2020

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Acinetobacter baumannii ist einer der wichtigsten Erreger Krankenhaus-assoziierter Infektionen beim Menschen. Zum Vorkommen bei Lebensmittel-liefernden Tieren ist wenig bekannt. Um die Prävalenz, den phylogenetischen Hintergrund, antimikrobielle Resistenzen, Virulenz und Biofilmbildung von bovinen Acinetobacter-Isolaten zu untersuchen, wurden 422 Rinder, davon 280 Milchkühe, 59 Mastrinder und 83 Kälber, in einem Zeitraum von 14 Monaten beprobt (Nasentupfer, Rektaltupfer, Sammelkotproben). Metadaten, wie etwa den vorhergehenden Einsatz von antimikrobiellen Wirkstoffen und die Fütterung, wurden erhoben um mögliche Risikofaktoren für das Vorkommen von Acinetobacter spp. zu identifizieren. Die Bakterienisolate wurden mit MALDI-TOF/MS und PCRs identifiziert, die antimikrobielle Empfindlichkeit wurde mittels VITEK2 und Gradiententests beurteilt, Resistenzgene wurden mittels PCR identifiziert. Insgesamt trugen 15,6 % der Rinder A. baumannii, hauptsächlich in der Nase (60,3 % der A. baumannii Isolate). Das Bakterium konnte häufiger aus Milchkühen (21,1 %) als aus Mastvieh (6,8 %) und Kälbern (2,4 %) isoliert werden. Ein saisonales Auftreten konnte mit einem Maximum zwischen Mai und August gezeigt werden. Eine Analyse mittels logistischer Regression identifizierte den Einsatz von Cephalosporinen der dritten Generation sechs Monate vor der Beprobung, das Trimester der Probennahme und die Kategorie (Milch, Mast, Kalb) als mutmaßliche Risikofaktoren für das Auftreten von A. baumannii. Außer den bei dieser Spezies bekannten intrinsischen Resistenzen zeigten die bovinen A. baumannii-Isolate keine zusätzlichen Resistenzen gegen die getesteten antimikrobiellen Wirkstoffe, eingeschlossen Carbapeneme. Die Multilokus-Sequenztypisierung (Pasteur-Schema) deckte 83 verschiedene Sequenztypen (STs) auf. Davon waren neun bereits mit humanen Infektionen in Verbindung gebracht worden.Bei Voruntersuchungen und während der Durchführung der Studie wurden A. indicus nachgewiesen, die teils erhöhte MHK gegenüber Carbapenemen zeigten. Die Spezies wurde daraufhin ebenfalls bei der Auswertung berücksichtigt. Die Prävalenz von A. indicus lag bei 12,6 %. Eine Fütterung mit Soja hatte einen positiven Einfluss auf das Vorkommen des Bakteriums, eine Fütterung mit Heu einen negativen. Elf Isolate trugen Carbapenemase-Gene. Das Vorkommen der Gene konnte mit einem häufigeren Einsatz von Antibiotika auf dem korrespondieren Betrieb sowie dem Einsatz der Wirkstoffgruppen Florfenicole und Sulfonamide in Verbindung gebracht werden. Die Mehrzahl der Gene gehörte zur blaOXA-23-like Gruppe und lag auf einer Tn2008 Transposon-Struktur, die auch von Krankenhaus-assoziierten A. baumannii-Isolaten bekannt ist. Diese Struktur war bei allen Isolaten, die keinen Resistenzphänotyp ausbildeten, durch ein oder mehrere Insertionselemente unterbrochen. A. indicus zeigen einen schwächeren Virulenz-Phänotyp im Galleria mellonella-Infektionsmodell im Vergleich zu A. baumannii. Virulenz-assoziierte Gene, die für A. baumannii beschrieben wurden, lassen sich entsprechend bei A. indicus nicht oder mit geringer Sequenzähnlichkeit nachweisen. Auch bildet A. indicus einen signifikant schwächeren Biofilm aus. Auf Grundlage der phylogenetischen Analysen der vorliegenden Arbeit kann ein zoonotisches Potential von A. baumannii nicht ausgeschlossen werden. Daher sollten in weiteren Studien die Virulenz-assoziierten Genotypen und Phänotypen weitergehend charakterisiert werden. Die Aufnahme von A. baumannii in nationale und internationale Überwachungsprogramme bei Lebensmittel-liefernden Tieren sollte dringend in Erwägung gezogen werden, um der Gefahr einer potentiellen Übertragung von bovinen Acinetobacter spp. und insbesondere deren Resistenzgenen in die Bevölkerung Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund sollte das Auftreten von A. indicus-Stämmen vom Rind, die Carbapenemase-Gene auf genetisch mobilen Elementen tragen, hinsichtlich des pathogenen Potentials, genomischer Charakteristika, zoonotischem Risiko und weiterer Quellen weiter untersucht werden. Zukünftige Studien werden zeigen, ob A. indicus in der Humanmedizin weiterhin eine untergeordnete Rolle spielen wird, oder ob der Erreger aufgrund bis dato unzureichender Identifikationsmethoden bisher unterschätzt wurde.


Acinetobacter baumannii is one of the most important healthcare-associated oportunistic pathogens in humans. Data concerning the occurence in livestock is scarce. To investigate the prevalence, the phylogenetic background, antimicrobial resistance, virulence and biofilm-formation of bovine Acinetobacter isolates, we sampled 422 cattle, thereof 280 dairy cows, 59 beef cattle and 83 calves, in a 14-month period (nasal swabs, rectal swabs, pen-floor fecal sample). Metadata, such as the previous use of antimicrobials or feeding were collected to identify possible risk factors for the occurence of Acinetobacter spp. The isolates were identified via MALDI-TOF/MS and PCR, the antimicrobial susceptibility was evaluated with VITEK2 and gradient tests, resistance genes were identified with PCR. In total 15.6 % of cattle carried A. baumannii mainly in the nose (60.3 % of A. baumannii isolates). The bacterium could be isolated more frequently from dairy cows (21.1 %) than from beef cattle (6.8 %) and calves (2.4 %). A seasonal occurence could be demonstrated with a peak from Mai to August. A logistic regression analysis identified the use of third generation cephalosporins six months prior to sampling, the trimester of sampling and the category (dairy, beef, calf) as putative risk factors for the occurrence of A. baumannii. Apart from the typical intrinsic resistance of this species no resistance could be shown against the antimicrobial compounds tested, including carbapenems. Multilocus-sequence typing (Pasteur) revealed 83 different sequence types (STs). Thereof nine were linked with human infections in the past.In preliminary investigations and during this study A. indicus were isolated, some of which showed increased MICs towards carbapenems. This species was furtheron included into the interpretation oft he results. The prevalence of A. indicus was 12.6 %. Feeding with soy was positively correlated to the occurence of the bacterium, feeding with straw was negatively correlated. Eleven isolates carried carbapenemase genes. The occurence of the gene was associated with a more frequent use of antimicrobials on the farm and the use of florfenicole and sulfonamides. Der majority of genes belonged to the blaOXA-23-like group and was located on a Tn2008 transposon which is known from healthcare-associated A. baumannii. This structure was interrupted in all isolates lacking a resistance phenotype. A. indicus show a reduced virulence phenotype in the Galleria mellonella infection model compared to A. baumannii. Virulence-associated genes described in A. baumannii were either not present in A. indicus or revealed low sequence homology. A. indicus showed a lower biofilm-formation capability. Based on the phylogenetic analyses of this study a zoonotic potential of A. baumannii cannot be excluded. Therefore further studies should characterize virulence-associated genotypes and phenotypes. Due to the potential risk of the transmission of Acinetobacter spp. and particulary of their resistance genes to humans, their consideration in national and international surveillance programms in livestock should carefully be discussed. The occurrence of bovine A. indicus strains which carry carbapenmase genes on mobile genetic elements should be investigated concerning the pathogenicity, genomic characteristics, putative zoonotic potential and further sources or reservoirs. Future studies will show wether A. indicus will still play a marginal role in human medicine or if it has been underrated due to inappropriate identification methods.

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Giessen : VVB Laufersweiler Verlag

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