Entwicklung und Evaluierung eines In-vitro-Testsystems zur Überprüfung der Wirkung von Organochlorpestiziden auf Sertolizellen der Ratte

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2004

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Organochlorpestizide wie Lindan, DDT und sein Hauptabbauprodukt DDE stehen unter dem Verdacht, die männliche Fertilität zu beeinträchtigen. Ihre insektizide Wirkung wurde lange Zeit auch in den Industrienationen breitflächig genutzt. Seitdem nun seit längerer Zeit über Ihre Persistenz in der Umwelt und möglichen Gesundheitsschädigungen diskutiert wird, beschränkt sich die Anwendung von Lindan auf die Therapie ektoparasitärer Erkrankungen. Allerdings wird DDT auch heute noch in den Entwicklungs-ländern zur Eindämmung der Malaria verwendet und hat daher noch immer einen aktuellen Bezug zur Fragestellung dieser Arbeit. Es wurden Rückstände von Lindan und DDT im Sperma von Probanden gefunden, die mit der Insektizidsynthese beschäftigt waren und signifikant häufig eine sekundäre Sterilität aufwiesen (Wagner et al.,1990). Im Tierversuch (Ratte, Kaninchen) war nach oraler Inokulation von 1-5 mg Lindan/kg KG eine signifikante Reduktion der Spermatozoenzahl sowie Ballonierung von Sertolizellen im Keimepithel des Tubulus contortus auffällig (Dalsenter et al.,1996; Fausto et al.,2001). Die Sertolizelle erfüllt im Rahmen der Spermatogenese wichtige Funktionen und ist Ausgangspunkt dieser Arbeit, deren Aufgabe es war, eine Aussage darüber zu machen, inwieweit eine Manipulation der Sertolizelle zu einer Beeinträchtigung der Spermatogenese (Keimzellreifung) führen kann. Kultivierte Sertolizellen der Ratte wurden mit den verschiedenen Noxen über 24 h in einer Konzentration von 6,25 - 100 µM inkubiert. Als Messparameter dienten hierbei die Zellvitalität, die Laktat-/Pyruvatproduktion sowie die sezernierte Inhibinmenge nach Noxeninkubation. Laktat/Pyruvat sind essentiell für die Energiegewinnung heranreifender Spermatozoen, Inhibin ist ein wichtiges Hormon im hormonellen Regelkreis der Spermatogenese. Keine der drei untersuchten Insektizide zeigte im getesteten Konzentrationsbereich eine Akuttoxizität, lediglich für DDT war ab 50 µM eine geringe Beeinträchtigung der Zellvitalität zu verzeichnen. Weiterhin zeigte sich bei einer Lindankonzentration von 100 µM eine signifikante Steigerung der Laktat-/Pyruvatproduktion, was seine Ursache in einer Entkopplung des oxidativen Stoffwechsels durch beginnende Schädigung der Mitochondrien haben könnte. Die Folge könnte eine verminderte Bereitstellung zellulärer Energieträger (ATP) mit reduzierter Proteinsynthese sein. Die signifikant erniedrigte Inhibinsynthese in diesem Konzentrationsbereich könnte als Indiz hierfür gelten. Inkubation mit DDT / DDE zeigte ab 50 µM sowohl eine tendenziell abnehmende Laktat-/Pyruvatmenge als auch eine reduzierte Inhibinproduktion, hierbei scheint der komplette Energiestoffwechsel der Sertolizelle negativ betroffen zu sein. Zusammenfassend kann bei den untersuchten Organochlorpestiziden von einer Beeinträchtigung der Energiebereitstellung sowie der hormonellen Spermatogenesesteuerung (Inhibin) in höheren Konzentrationsbereichen (50-100 µM) ausgegangen werden. Strukturelle Schädigungen der Sertolizelle in vivo ließen sich nur bei wesentlich größeren Mengen betreffender Organochlorpestiziden nachweisen. In Anbetracht der Lipophilie und der damit verbundenen Persistenz in der Umwelt und Anreicherung im Fettgewebe betroffener Organismen ist eine fertilitätsbeeinträchtigende Wirkung der untersuchten Noxen auch in wesentlich geringeren Blutserumkonzentrationen über Jahre hinweg nicht auszuschließen. Unabhängig von den bekannten antihormonellen Wirkaspekten der untersuchten Organochlorpestiziden kann davon ausgegangen werden, dass die chronische Beeinträchtigung der Sertolizelle durch Lindan, DDT und DDE eine ernst-zunehmende Gefahrenquelle für die männliche Fertilität darstellt. Diese Arbeit untersuchte eine Kurzzeitexposition in vitro, eine langjährige Affektion der Sertolizelle in vivo könnte weitaus schwerwiegendere morphologische und sekretorische Veränderungen zur Folge haben.

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Andrologia 32. 2000; 239-246

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