Klinische Inselzelltransplantation am Transplantationszentrum Gießen : Analyse der 15-Jahresdaten unter besonderer Berücksichtigung von Einflussfaktoren auf das Transplantatüberleben

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2010

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Innerhalb der letzten 15 Jahre hat sich die Transplantation pankreatischerInselzellen am Transplantationszentrum in Gießen als anerkanntesTherapieverfahren für ausgewählte Typ-1-Diabetiker etabliert. InsbesonderePatienten mit schwer einstellbarem Diabetes, häufigen schweren Hypoglykämienund ausgeprägten diabetesassoziierten Sekundärkomplikationen sollen von derTherapie profitieren. Nur durch den biologischen Ersatz des ausgefallenenInselapparates können eine normnahe Glucosehomöostase erreicht undgleichzeitig häufige Hypoglykämien vermieden werden. Nachteilig ist jedoch dieNotwendigkeit einer bislang lebenslangen Immunsuppression desEmpfängerorganismus.Ein wesentliches Ziel der vorliegenden Arbeit war die Analyse vonEinflussfaktoren auf das Ein-Jahres-Transplantatüberleben nach klinischerInseltransplantation.Dabei fanden sich folgende Ergebnisse: Die Ein-Jahres-Funktionsrate der transplantierten pankreatischen Inselzellenlag im Gesamtkollektiv bei 73%, die Rate an Insulinunabhängigkeit innerhalbdes ersten Jahres bei 20%. In den Gruppen SIK und ITA war eine höhereFunktionsrate nachzuweisen als in der IAK-Gruppe. Die höchste Rate anInsulinunabhängigkeit wurde in der ITA-Gruppe beobachtet, am ehestenerklärt sich dies aufgrund der Verwendung steroidfreier immunsuppressiverProtokolle. Trotz einer hohen HLA-Inkompatibilitätsrate betrug die Gesamt-Ein-Jahres-Funktionsrate des Inselgrafts 72,3%. Der Grad der HLA-Kompatibilität hatte imuntersuchten Kollektiv keinen direkten Einfluss auf dasInseltransplantatüberleben. Auch hinsichtlich der transplantierten Niere konnteim Einjahresverlauf kein direkter negativer Einfluss der hohen HLAInkompatibilitätsrateauf das Nierengraft nachgewiesen werden (Nierengraft-Funktionsrate nach 12 Monaten: 100%). Der Grad der HLA-Kompatibilität hatte keinen Einfluss auf eine CMV-Infektionim untersuchten Kollektiv.Zusammenfassung135/165 Es fanden sich keine Korrelationen von persistierenden oderneuaufgetretenen diabetesassoziierten Autoantikörpern zu der Absolut-Anzahlder HLA-Mismatches, jedoch korrelierten Persistenz und Neuauftreten vonGAD-65-Antikörpern positiv mit einem niedrigen DR- Mismatch. Die Transplantatfunktion nach 12 Monaten im untersuchten Kollektiv wurdenicht signifikant durch das (Wieder-) Auftreten von diabetesassoziiertenAutoantikörpern beeinflusst. Unter der Vierfach-Immunsuppression mit Prednison, Cyclosporin A,Mycophenolat Mofetil oder Azathioprin und der Induktion mit T-ZelldepletierendenAntikörpern fand sich eine hohe Inzidenz von neumanifestierten bzw. reaktivierten CMV-Infektionen (53%) im Ein-Jahresverlaufnach allogener intraportaler Inselzelltransplantation. Die CMV-Infektionsratewar in der SIK-Gruppe höher als bei IAK-Patienten. Eine antivirale Prophylaxemit Cytoglobin bzw. Acyclovir bietet demnach keinen suffizienten Schutz voreiner CMV-Replikation. Bei Vorliegen einer Hoch-Risiko-Konstellation von Spender und Empfänger(CMV-IgG-seropositivem Spender und initial CMV-IgG-seronegativemEmpfänger) bestand ein signifikant höheres Risiko für die Aktivierung derCytomegalievirus-Replikation, gemessen an der CMV-DNA, als in den übrigenGruppen.Das Transplantatüberleben wurde nicht durch die Replikation desCytomegalievirus beeinflusst (76,7% Transplantatüberleben in der CMVpositivenGruppe vs. 59,3% in der CMV-negativen Gruppe, Unterschiede nichtsignifikant). Die Verlaufsdaten für C-Peptid, HbA1c und Kreatinin zeigten inden beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede. Allerdings konnte inder Subgruppe mit stattgehabter CMV-(Re-) aktivierung nach 6, 9 und 12Monaten ein tendenziell niedrigeres C-Peptid beobachtet werden als in derVergleichsgruppe. Das Geschlecht von Organspender und Transplantatempfänger hatte imuntersuchten Kollektiv keinen Einfluss auf die Ein-Jahres-Transplantatfunktion. Die SIK-Gruppe zeigte eine bessere Ein-Jahres-Transplantatüberlebensrateals die IAK-Gruppe. Innerhalb der IAK-Gruppe fanden sich signifikantniedrigere CsA-Spiegel als in der SIK-Gruppe, eine signifikante Beeinflussungdes Transplantatüberlebens durch die Höhe des CsA-Spiegels ließ sichjedoch nicht nachweisen. Die Transplantatnierenfunktion bei IAK-Patienten wurde durch die additiveInseltransplantation nicht signifikant alteriert. Für die Frage, ob dieInselzelltransplantation dagegen die Nierenfunktion langfristig eher günstigbeeinflusst, müssen größere Fallzahlen über einen längeren Zeitraumbeobachtet werden.Über Langzeiteffekte der Inselzelltransplantation ist bisher noch wenig bekannt.Ein weiteres wesentliches Ziel der vorliegenden Studie war daher dieUntersuchung von Zusammenhängen zwischen Transplantatüberleben undGlucosehomöostase, Anzahl schwerer Hypoglykämien und Progressiondiabetischer Folgeschäden im Langzeitverlauf.Hierbei fanden sich folgende Ergebnisse: Eine erhaltene Inseltransplantatfunktion führte nachweislich zu einerVerbesserung der Glukosehomöostase bei gleichzeitiger Reduktion desexogenen Insulinbedarfs bis hin zur vollständigen Insulinunabhängigkeit. Die Anzahl schwerer Hypoglykämien wurde selbst durch eine nur partielleTransplantatfunktion signifikant reduziert. Nach erfolgter Inselzelltransplantation wurde im beobachteten Zeitverlaufkeine signifikante Progression hinisichtlich der diabetischen peripherenNeuropathie nachgewiesen. Ebenso wurde keine signifikante Veränderungder kardialen Surrogatparameter beobachtet. Im untersuchten Kollektiv war das Vorhandensein einer Osteoporose einhäufiges Ereignis. Tendenziell wies die IAK-Gruppe eine geringereKnochendichte auf als die SIK-Gruppe. Osteoporotisch-bedingte Wirbelkörper-Frakturen fanden sich lediglich in 2 Fällen. In 20% der Fälle waren nach allogener intraportaler InselzelltransplantationVeränderungen hinsichtlich der Lebermorphologie detektiertbar.Zwar stellt die Inselzelltransplantation im Vergleich zurPankreasorgantransplantation ein vergleichsweise weniger invasives Verfahrendar, allerdings hat die Inseltransplantation bisher noch nicht die gleichenErfolgsraten wie die Pankreastransplantation erreichen können.Zudem ist im Falle der Pankreasorgantransplantation die erhalteneTransplantatfunktion in der Regel gleichzusetzen mit Insulinunabhängigkeit,wahrscheinlich bedingt durch die höhere transplantierte Inselzahl bzw. masse.Demgegenüber stehen eine geringere Komplikationsrate derInselzelltransplantation im Vergleich zur Pankreastransplantation, eine weitauskleinere zu transplantierende Organmasse sowie die Möglichkeit, die Inselzellenvor der Transplantation bezüglich Ihrer Antigenität und Immunogenität zuverändern.Herausforderungen der Transplantation pankreatischer Inselzellen sind unteranderem im Mangel an geeigneten Spenderorganen, in der Notwendigkeitverbesserter immunsuppressiver Protokolle sowie der Verfeinerung derIsolationstechnik zu sehen.Inwieweit Konzepte zur Immuntoleranzinduktion, Xenotransplantation,Stammzelltherapie, Gentherapie und regenerative Therapieansätze Einzug in denklinischen Alltag halten, wird sich innerhalb der nächsten Jahre zeigen müssen.Neben künftigen Anstrengungen für alternative Therapiekonzepte des Diabetesmellitus Typ 1 sollte neben den metabolischen Zielkriterien die Verbesserung derLebensqualität des Patienten als oberstes Ziel der Therapie nicht aus den Augenverloren werden.


Within the last 15 years pancreatic islet transplantation has been recognized asan established treatment for patients with type 1 diabetes at the TransplantationCenter in Gießen. Especially patients with Brittle Diabetes , severehypoglycaemic episodes and severe diabetic secondary complications shouldbenefit from that therapy. Replacement of destroyed islet of Langerhans is theonly treatment to re-establish glucohomeostasis with no frequent hypoglycaemicepisodes. However, the cost of this benefit is still the need for life-longimmunosuppressive treatment of the recipient.The aim of our study was to analyse results of clinical islet transplantation andinfluencing factors for a stable graft-function within one year after transplantation.Following results have been obtained: Isletgraftfunction within one year was 73%, the rate of insulin independence20%. Simultaneous-islet-kidney-transplantation and islet-transplantation-aloneshowed better results than islet-after-kidney-transplantation. The highest ratefor insulin independence was found in the group with islet-transplantationalone,according to the steroid-free-immunosuppressive protocolls. Despite a high rate of HLA-incompatibility one-year-survival of the islet graftwas 72.3%. Data did not show a higher rate of graft failure with reference tothe degree of HLA-Mismatch. Kidneygraftfunction also was not affected byhigh rate of HLA-incompatibility Degree of HLA-Mismatch was not associated with CMV-infection. Total number of HLA-Mismatch did not show an influence to persistent ornewly detected autoantibodies, but (re-)occurrence of GAD-65-antibodies wasmore frequent in constellations with less mismatch on HLA-DR. One year islet graft function was not influenced by (re-)occurence of isletautoantibodies. Under quadruple immunosupression with induction therapy including T-celldepletingantibodies we observed a high incidence of newly detected CMVDNAemia(53%) within the first year after islet transplantation. SIK-patientsshowed a higher rate for CMV-DNAemia than IAK-patients. CMV-prophylaxiswith cytoglobin resp. acyclovir was not sufficient in preventing CMVreplication. High risk CMV-Matching, according to the pretransplant CMV-IgG serostatusof recipient and donor, was significantly associated with increased risk forCMV-replication. CMV-Infection was not associated with an increased risk of islet graft loss.Within one year we could not detect any differences in the development ofvalues for C-petide, A1c and Creatinine. One-year-graft-survival was not influencend by the gender of graftdonor or recipient. SIK-patients showed a better one-year-survival rate than IAK-patients. Withinthe IAK-group we found significant lower values for cyclosporine A than in theSIK-group, but there was no significant correlation seen between islet graftfunction and CsA-values. Additive islet transplantation did not show a negative influence to kidney graftfunction.Long term outcomes of clinical islet transplantation have not been adressed in alarge series of islet allografts yet.Follow up examinations were mainly focussed on long term islet function,metabolic situation, number of severe hypoglycaemias, progression of peripheraldiabetic neuropathy and cardiavascular function in 25 patients with type-1-diabetes.Following results have been obtained: Maintained pancreatic islet function in transplanted type-1-diabetic patients ledto improved glucose control and reduced insulin requirement up to insulinindependence. We found less severe hypoglycaemic episodes even in cases with only partialislet graft function. After islet transplantation there was no significant progression of diabeticcomplications as diabetic neuropathy. Also we did not find significant changesin cardial function. 20 Percent of the patients showed changes concerning the liver morphologyafter intraportal islet transplantation. Loss of bone densitiy had a high incidence, more in the IAK-group than in theSIK-group (differences not significant). Osteoporotic fractures just occurred intwo cases.Data of islet graft survival and insulin independence after clinical islettransplantation cannot reach the results for transplantation of the whole pancreasyet. However, advantages of the transplantation of islets of Langerhans areobviously, but we have to deal with many problems. Limited donor tissue and theneed for better immunosuppressive protocols and isolation-procedures are onlyfew of them.Many innovative solutions (as tolerance induction, stem cell therapy,xenotransplants and regenerative strategies) are created to overcome theproblem - the future will show us the transferability into the clinical practice.Despite searching for alternative treatments of diabetes we should not forget themain challenge of diabetes therapy, namely the enhancement of quality of life forthe patient.

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Giessen : VVB Laufersweiler

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