Identifikation geeigneter Familien mit Strabismus zur Initiierung von Kopplungsanalysen unter den Schielpatienten der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Giessen und Marburg GmbH, Standort Giessen aus den Jahren 2001 bis Juli 2008

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2014

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Über die Ursache und Entstehung des primären Strabismus ist wenig bekannt. Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit sekundären Schielsyndromen erhofft man sich Rückschlüsse bezüglich der komplexen neurologischen Vorgänge des primären Strabismus ziehen zu können. Auf genetischer Ebene wird eine multifaktorielle Vererbung vermutet. Die Kopplungsanalyse hat sich dabei als wichtige Methode zur Erforschung der genetischen Ursachen und Zusammenhänge etabliert. Diese Analysetechnik stellt jedoch hohe strukturelle Anforderungen an ein entsprechendes Kollektiv von Indexfamilien. Dieser Umstand erwies sich auch in jüngeren Studien als Schlüsselproblem zur genaueren Untersuchung der genetischen Komponenten und Eigenschaften von Strabismus. Ziel dieser Dissertation war die Zusammenstellung und statistische Auswertung eines für Kopplungsanalysen bei primärem Strabismus geeigneten Patientenkollektivs. Das Archiv des Zentrums für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Giessen (in der Folge Universitätsklinikum Giessen und Marburg GmbH, Standort Giessen) diente als Datengrundlage für diese Dissertation. Es wurden die Krankenblätter der Jahre 2001 bis Juli 2008 ausgewertet. Auswertungsgegenstand war der Anamnesebogen. Gesucht wurde nach Indexfamilien, in welchen mindestens zwei Mitglieder Formen des Strabismus aufwiesen. Sekundäre Strabismusformen, entstanden durch z.B. Unfall oder bekannte ursächliche Erkrankungen, wurden nicht berücksichtigt. Die Strabismusformen wurden kodiert. Die Patienten wurden nach ihren Strabismusformen klassifiziert. Zur Vereinfachung wurde ebenfalls eine numerische Kodierung angewandt. Besonders für Kopplungsanalysen geeignet erscheinende Familien wurden angeschrieben, um mittels eines für diese Studie entwickelten Fragebogens die identifizierten Stammbäume zu ergänzen. Im Untersuchungszeitraum 2001 - Juli 2008 wurden 20813 Patienten des Zentrums für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Giessen auf Strabismusformen untersucht und behandelt. Insgesamt enthält der Datensatz 2380 Patienten mit einer positiven Familienanamnese. Mehrheitlich zeigten sich Esotropien (66,9%) gefolgt von Exotropien (20,9%). Die Geschlechterverteilung ergab einen Anteil von 55,2% weiblichen und 44,8 % männlichen Betroffenen für Strabismus. In einer zweiten Auswertung richtet sich der Fokus auf die ebenfalls von primärem Strabismus betroffenen Familienmitglieder. In 1900 Fällen (79,83%) waren Verwandte ersten Grades betroffen, wobei die Kind-Eltern-Kombination mit 948 (39,83%) Fällen die größte Gruppe darstellte. Eine positive Geschwisteranamnese ergab 397 Fälle (16,68%). 432 (18,15%) Familien wiesen 3 betroffene Verwandtschaftsgrade auf, wobei die Kombination Kind-Eltern-Geschwister mit 143 Fällen (6,01%) am häufigsten auftrat. Eine positive Familienanamnese über 4 Verwandtschaftsgrade zeigte sich in 46 Fällen (1,93%), 5 Verwandtschaftsgrade von Strabismus Betroffenen fanden sich in zwei Familien (0,08%). Es ließ sich eine hohe Signifikanz bezüglich der Weitergabe des Merkmals Esotropie in der Eltern- Kind - Kombination nachweisen. Im Falle des Merkmals Exotropie ergab sich diese Signifikanz in der Eltern - Kind - Kombination nicht. Als Ursache ist hier wahrscheinlich der Einfluss von Umweltfaktoren anzusehen. Die Anzahl der Indexfamilien, welche besonders für Kopplungsanalysen geeignet erschienen, betrug 42. Von diesen Indexfamilien beantworteten 17 einen für diese Studie konzipierten Fragebogen mit dem Ziel der Vervollständigung der Familienstammbäume. Drei Familien nahmen schließlich an den angestrebten augenärztlichen Untersuchungen teil und stimmten einer Blutentnahme zur Durchführung von Kopplungsanalysen zu. Diese geringe Compliance der Indexfamilien im Rahmen von retroperspektiven Untersuchungsmethoden stellt dabei ein großes Problem dar, dem sich bislang alle Arbeitsgruppen in der genetischen Strabismusforschung ausgesetzt sahen. Die geringe Compliance erzwingt eine behandlungsnahe Aufnahme in entsprechende Studien, die in der Universitätsaugenklinik Giessen umgesetzt wird. Die Ergebnisse zur Familienstruktur deckten sich mit den Literaturdaten, wobei die Familien mit wenigen Betroffenen in der Überzahl waren. Dies ist als eine Folge des postulierten multifaktoriellen Erbgangs anzusehen, da in diesem Fall mehrere beteiligte Gene vorliegen, die unabhängig von einander vererbt werden. Die daraus resultierenden Anforderungen an die Familienstruktur wurden wie erwartet nur in wenigen Fällen erfüllt. Die Struktur der identifizierten Familien war daher nur bedingt für die Kopplungsanalysen geeignet, bietet aber einen guten Zugang zu neuen Untersuchungsmethoden auf der Basis der Exomsequenzierung, die es erlauben genetische Veränderungen in kodieren Genomabschnitten unter den Betroffenen intra- und interfamiliär zu untersuchen. Mit dieser Arbeit konnten Vorgehensweisen definiert werden, die es erlaubten ein Patientenkollektiv auf geeignete Familien zur Identifikation der genetischen Ursachen des primären Strabismus retrospektiv auszuwerten und eine prospektive Rekrutierung in der Universitätsaugenklinik Giessen zur Weiterentwicklung des Patientenkollektivs zu etablieren.


The cause and origin of the primary strabismus is not well known.Inferences regarding the complex neurological processes of primary strabismus may be drawn using the knowledge gained from the study of secondary strabismus syndromes. At the genetic level a multifactorial inheritance is presumed. Linkage analysis has been established as an important method to study the genetic causes and correlations. This method however has high demand on the structure of the analysed index families. This was a major drawback in recent studies investigating the genetic components and characteristics of strabismus.The objective of this thesis was the compilation and the statistical evaluation of a suitable collective of index families for linkage analysis in primary strabismus. The archives of the Centre for Ophthalmology at the University Hospital Giessen (hereinafter University Eye Clinic Giessen) were used as a data base for this thesis. Medical records from 2001 to July 2008 were analyzed. Evaluation was based on the medical history form. The collective was screened for index families in whom at least two members had any form of strabismus. Forms of secondary strabismus caused by accident or known causative diseases were excluded. The forms of primary strabismus were coded. Patients were classified according to their form of strabismus. To simplify the examination numerical coding was also applied. Families who were most suitable for linkage analysis were contacted. A disease specific questionnaire was developed to expand the pedigrees. In the period from 2001 to July 2008 twenty-thousand-and-eight-hundred-thirteen patients of the University Eye Clinic Giessen affected with primary strabismus were examined and treated. Overall, the dataset contained 2380 patients with a positive family history. The majority showed esotropia (66.9%) followed by exotropia (20.9%). The gender distribution showed a proportion of 55.2% female and 44.8% male affected patients. In a second evaluation the focus was adjusted to relatives affected by primary strabismus. In 1900 cases (79.83%), first grade relatives were affected. In these the child-parent relation represented by 948 (39.83%) cases was the largest group. Affected siblings were found in 397 cases (16.68%). Four-hundred and thirty-two (18.15%) families showed affecteds of three grades of relationship, the relation parent-child-sibling with 143 cases (6.01%) occurred most frequently. A positive family history of four grades of relationship was found in 46 cases (1.93%), affecteds of five grades of relationship with strabismus were found in two families (0.08%). Inheritance of esotropia was highly significant from parents to their children. While exotropia was not significantly inherited from parents to their children. The cause is probably the influence of environmental factors. Forty-two families were particularly suitable for linkage analysis. Seventeen of the 42 families answered a questionnaire to complete the sample set. Three families finally participated in the targeted ophthalmic examinations and agreed to a blood sampling to perform linkage analysis. Due to the low compliance of the index families as part of retro perspective analysis methods, sampling is a major problem envisaged by all other investigators before. At low compliance recruitment in to any study is highly recommend in proximity to treatment. Recruitment at visit is therefore now implemented at the University Eye Clinic Giessen. Results on the family structure were according to published data showing a majority of families with only small numbers of affected. This is a corollary of the postulated multifactorial inheritance resulting from the independent segregation of multiple involved genes. Therefore, family structure requirements for linkage analyses were only rarely met as expected. The number and structure of the analyzed family sample on the other hand opens access to novel techniques like exome sequencing applying intra- and interfamily comparisons of the coding parts of the genome. In this thesis procedures were developed which allowed the screening of a cohort of patients to identify suitable families for the genetic causes of primary strabismus from a retrospective assessment of records and a prospective identification and recruitment of novel patients at the University Eye Clinic Giessen.

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Giessen : VVB Laufersweiler

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