Möglichkeiten und Grenzen interkultureller Medizin für die Gesundheit von Müttern in der Sierra de Totonacapan, Mexiko

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2018

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Die Gesundheitsversorgung der Region Sierra de Totonacapan in Veracruz (Mexiko) weist unterschiedliche Menge auf. Neben fehlenden Ressourcen, ist die Qualität der medizinischen Versorgung defizitär. Patientinnen begegnen verschiedenen Typen von Diskriminierungen in medizinischen Institutionen. Das lokale medizinische Personal nimmt jedoch die Kultur der Bevölkerung als ein prinzipielles Problem der Basisgesundheitsversorgung wahr. Es zeigt sich, dass die Verbesserungen der Müttergesundheit eine besondere Priorität in der Region hat, weshalb traditionelle Hebammen und Familienplanung als Schwerpunkte der Feldforschung untersucht wurden. In der Fachliteratur gibt es Widersprüche bezüglich der Schulung traditioneller Hebammen. Unterschiedliche Studiendesigns sind hierfür ursächlich. Auch die Beurteilung des lokalen medizinischen Personals ist ambivalent. Sie bezeichnen traditionelle Hebammen als Risiko für schwangere Frauen. Gleichzeitig wird deren Arbeit als fest mit der lokalen Kultur verwurzelt assoziiert. Zusätzlich empfindet das medizinische Personal das Verhalten der lokalen Bevölkerung als fatalistisch. Nichtsdestotrotz werden traditionelle Hebammen als Verbindung zwischen Gesundheitsversorgung und lokaler Bevölkerung erachtet. Aus diesem Grund befürwortet das medizinische Personal die Schulung traditioneller Hebammen. Die Konsequenzen der Schulungen sind eine gehäufte Überweisung an medizinische Institutionen, die Zunahme biomedizinischer Behandlungen durch traditionelle Hebammen ( Biomedikalisierung ) und die Zerstörung ihrer Rolle für die lokale Gemeinschaft.In vielen Entwicklungsländern ist ein unmet need for familiy planing präsent, so auch in Mexiko. Die Kupferspirale und die Sterilisation der Frau sind die am häufigsten zur Anwendung kommenden modernen Empfängnisverhütungsmethoden in Mexiko. Auch in der Sierra de Totonacapan kommen sie überdurchschnittlich häufig zur Anwendung. Die Verwendung der Kupferspirale ist eine Obligation nach jeder institutionellen Entbindung. Auf Sterilisation wird nach mehreren Geburten gedrängt. Die Forschung konnte zeigen, dass die Umsetzung der Familienplanung sowohl rechtlich als auch ethische bedenklich ist. Aus diesem Grund wird Familienplanung zu einer Barriere zwischen schwangeren Patientinnen und medizinischer Versorgung. Für das medizinische Personal ist hingegen die Kultur der lokalen Bevölkerung verantwortlich für den Widerstand gegenüber modernen Empfängnisverhütungsmethoden. Gleichzeitig muss Familienplanung auch im Kontext von gesundheitspolitischen Entscheidungen beurteilt werden.Während der Feldforschung wurde insbesondere vom medizinischen Personal die Angst vor der Müttersterblichkeit artikuliert. Angst wird als handlungsbestimmendes Moment der Basisgesundheitsversorgung beurteilt. Das medizinische Personal ist damit überfordert die Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Die Angst vor Sanktionen, Entlassung, Bestrafung und rechtlichen Konsequenzen wird zu einer treibenden Kraft mitunter schädlicher und obsoleter medizinischer Praxis ( Biomedikalisierung ).Eine der Herausforderungen dieser Arbeit war die Analyse der Möglichkeiten und Grenzen Interkultureller Medizin. Der Begriff ist in der Literatur nicht klar definiert. Dennoch kann zusammengefasst werden, dass Interkulturelle Medizin generell für unterschiedliche Kulturkontakte im medizinischen Kontext relevant ist. Interkulturelle Medizin bezieht seine Legitimation aus den Menschenrechten, beispielsweise anhand des Rechts auf Gesundheit. Die Ergebnisse der Forschung konnten zeigen, dass interkulturelle Medizin der Umsetzung der Menschenrechte dient. Zum einen ersetzt das Konzept den im medizinischen Kontext häufig gebräuchlichen essentialistischen Kulturbegriff durch einen sozialwissenschaftlichen Kulturbegriff. Zum anderen etabliert interkulturelle Medizin Kultur als analytisches Konzept in der Medizin. Auf diese Art und Weise ist das medizinische Personal in der Lage kulturelle Aspekte von anderen (ökonomischen, sozialen, historischen oder strukturellen) zu differenzieren, sodass die Gesundheitsversorgung an die lokale Realität angepasst und das Verhalten von Patient_innen besser verstanden werden kann.


Health care services of the Sierra de Totonacapan region in Veracruz, Mexico, present several flaws. In addition to a lack of availability of health care goods and services, the quality of medical care is insufficient. Patients encounter different types of discrimination in health care facilities. Local health workers perceive a basic problem of primary health care in the culture of the local population. Improving maternal health has special priority in the Sierra de Totonacapan that´s why traditional birth attendants (TBA) and family planning were treated as special topics during the field research.In the biomedical literature there is controversy about training traditional midwives. Differently designed studies have to these contradictory conclusion. Similarly, the opinion of local health workers is ambivalent. They rank TBA as a risk to pregnant women while they consider TBA as deeply rooted in local culture. In addition, local health workers perceive the population as fatalistic. At the same time, traditional midwives are considered as the link between health care and the local population. For this reason, local health workers agree with traditional midwives training. For example an increasing referral ratio of women, assumption of biomedical treatments by traditional midwives ( biomedicalization ) and the destruction of there role in local communities are the consequences.In many developing countries unmet need for family planing is high. Intrauterin devices (IUD) and the bilateral tubal occlusion (BTO), female sterilization, are the most common modern contraceptive methods used in Mexico. Even in the Sierra de Totonacapan they are frequently applied. The IUD is represented as "provision" by local health workers. BTO s are forced upon women after several child births. Family planing is facing legal and ethical violations. For that reason family planing turns into a barrier for mothers who seek health care during pregnancy. While, local health workers accuse the culture of local people to be responsible for the resistance to modern contraceptive methods. However, family planning should be considered in the context of policy choices and decisions.During the field research, especially local health workers feared maternal mortality. Fear is considered as an action-defining moment of primary health care. Local health workers are overextended to cope with the provision of health care. The fear of sanctions, discharge, unemployment and legal consequences become one of the driving forces behind harmful and unnecessary medical treatments ( biomedicalization ).Main task of this work was to analyze the possibilities of intercultural medicine. The term intercultural medicine isn´t clearly defined. But in general it can be said that it is about different cultures interacting in a medical context. Intercultural medicine is legitimized by the human rights such as the right to health. The results of the present research suggest that intercultural medicine supports the realization of this right by creating two conditions. Firstly, it replaces the essentialist concept of culture often applied in medical contexts by a social science-based concept of culture. Secondly, intercultural medicine have to establish culture as an analytical concept in medicine. In this way, health workers are able to differentiate cultural aspects from other aspects (economic, social, historical or structural) and thus adapt health care to the local reality and assess the behavior of patients better.

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