Untersuchungen an den Haltungsbedingungen von Blutegeln für medizinische Zwecke

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2017

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Das Fertigarzneimittel Blutegel wird in den letzten Jahren in Deutschland wieder vermehrt benötigt, der jährliche Bedarf liegt derzeit bei etwa 500.000 Egeln. Dies betrifft die Arten Hirudo medicinalis, Hirudo verbana und Hirudo orientalis. Als Alternative zur bisher überwiegend praktizierten Verwendung von Blutegeln aus Wildfängen wird eine Versorgung aus Vermehrungsbetrieben angestrebt, was eine intensive Haltung bedingt. Sowohl der Tierschutz als auch die Wirtschaftlichkeit verlangen eine verlustarme Aufzucht. Das Lebensumfeld der Blutegel in solchen Betrieben wird hauptsächlich durch die Qualität des Haltungswassers bestimmt. Durch den Eintrag von Stoffwechselprodukten und Blut, dem Futtermittel für Blutegel, verändern sich chemische Wasserzusammensetzung und mikrobiologische Situation in ihrem Umfeld regelmäßig negativ für die Blutegel. Eine besondere Schwierigkeit resultiert aus den großen zeitlichen Abständen zwischen den Fütterungen. Bisher gab es keine systematischen Untersuchungen zum Einfluss intensiver Haltung auf die Blutegelgesundheit.Für die vorgelegte Arbeit wurden zwei Haltungsanlagen mit sechs technisch unterschiedlichen Wasserbehandlungssystemen konstruiert, in der Biebertaler Blutegelzucht GmbH (bbez) aufgebaut und deren Eignung für die Blutegelhaltung untersucht. Auch wurde eine Analyse des bisher praktizierten Haltungsverfahrens durchgeführt, um Schwachstellen zu identifizieren. Eine Pilotanlage arbeitete mit fünf zirkulierenden Wasserbehandlungssystemen: je ein kleiner und großer biologischer Filter, durch Eichenextraktzugabe leicht saures Haltungswasser, Ozonisierung des zirkulierenden Wassers sowie eine kombinierte Hochfrequenz- und ultraviolette Lichtbestrahlung wurden eingesetzt. Die beiden Biofilter-Anlagen verhielten sich mikrobiologisch sehr ähnlich, in beiden stiegen die Abundanzen der kultivierbaren Bakterien nach der Fütterung kaum an. Auf etwas niedrigerem Niveau ähnlich war der Konzentrationsverlauf in der Eichenextrakt-Anlage. In den Anlagen mit der Ozonisierung sowie der Hochfrequenz- und UV-Bestrahlung sanken hingegen nach der Fütterung die Abundanzen der kultivierbaren Bakterien und verblieben auf dem niedrigeren Niveau. Die Zellzahlen hingegen verblieben bis zum Versuchsende auf einem leicht erhöhten Niveau, ein Beleg für Veränderungen in der Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft. In den Versuch einbezogen wurde eine Fütterung der Blutegel mit Blut. Die Konzentration der Stickstoffabbauprodukte erschien, insbesondere kurz nach der Fütterung, kurzzeitig jedoch zu hoch für ein gesundes Umfeld für Blutegel. Die Haltung der Blutegel im leicht sauren Milieu schien ihrer Gesundheit förderlich zu sein.Zur tiefergehenden Untersuchung der Hinweise aus der Pilotanlage wurden in einer Haupt-Versuchsanlage drei Wasserbehandlungssysteme über einen Zeitraum von 15 Monaten eingesetzt. Drei Versuchsdurchgänge mit zwei Fütterungen lieferten Daten. Untersucht wurden zwei Anlagen mit leicht saurem Haltungswasser, eine Ansäuerung erfolgte mittels Eichenextrakt, eine zweite mittels Kohlendioxid in Umkehrosmosewasser, jeweils kombiniert mit einem biologischen Kanisterfilter. Eine dritte Anlage behandelte zirkulierendes Trinkwasser in einem Kanister- und einem Schwimmsandfilter. Verfahrenstechnische Mängel konnten in den beiden ersten Versuchsdurchgängen behoben werden. Die drei Systeme waren nach einer Anlaufzeit in der Lage, Ammonium und Nitrit zu oxidieren. Unmittelbar nach der Fütterung stiegen in allen Anlagen die Konzentrationen beider Stickstoffverbindungen drastisch, um dann nach kurzer Zeit wieder abzufallen. Die Nitratkonzentration stieg in allen Anlagen nach der Fütterung kontinuierlich und über einige Wochen an, fiel dann aber auch wieder ab, hier vollzogen sich An- und Abstieg über einen deutlich längeren Zeitraum. Kriterium zur Beurteilung der Leistung der Systeme waren in allen Versuchen die Anzahl der überlebenden Egel sowie ihr Wachstum.Untersuchungen zeigten Effekte auf die Mikrobiologie im Haltungswasser. Die Blutfütterung führte in allen Anlagen zu erhöhter Konzentration wasserassoziierter Bakterien, die im dritten Durchgang erkennbar schwächer ausfiel. Die Verschiebungen in der Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften wurden genauer untersucht. Flavobacterium spp. war nach der Blutfütterung in der Anlage mit Eichenextraktzugabe nicht mehr nachweisbar, wogegen dessen Konzentration in den beiden anderen Anlagen leicht anstieg. Chryseobacterium spp. war in den Anlagen mit Eichenextrakt und mit dem Schwimmsandfilter nach der Fütterung in nur leicht erhöhter Konzentration nachweisbar, in dem angesäuerten Umkehrosmosewasser mit deutlich höherer Konzentration. Die Blutfütterung veränderte die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften. Bakterien der Gattungen Cupriavidus, Variovorax, Comamonas, Bosea und Brevundimonas waren nur vor der Fütterung, Bakterien der Gattungen Tahibacter, Morganella, Aeromonas, Delftia, Aminobacter, Rhizobium, Pedobacter und Agrococcus nur danach nachweisbar. Ein Zusammenhang mit den auftretenden Erkrankungen der Blutegel war zu vermuten. Ein positiver Effekt leicht sauren Haltungswassers auf die Egel ließ sich in der Haupt-Versuchsanlage nicht bestätigen. Erkennbar war, dass die Kombination aus veränderter mikrobiologischer und chemischer Situation im Haltungswasser, verbunden mit häufigen Störungen der Blutegel, in der Verdauungsphase negativen Einfluss auf den Aufzuchterfolg hat. Die Bedeutung der chemischen Faktoren alleine wurde hingegen bisher überbewertet. Haltungssysteme mit zirkulierendem Wasser bieten hingegen mehrere Vorteile. Neben der Dämpfung physikalischer und chemischer Änderungen und der Minimierung von Störungen der Tiere, sparen sie Ressourcen und können hygienisierende Technik integrieren. Angefütterte Schwimmsandfilter sind für die Blutegelaufzucht vorteilhaft. Wesentliche Erkenntnisse aus dieser Arbeit wurden in der bbez erfolgreich umgesetzt.


Leeches for therapeutic use are classified as a drug according to German drug law. The demand amounts to 500,000 leeches yearly. This number applies to the Hirudo medicinalis, Hirudo verbana and Hirudo orientalis. Leeches for therapeutic use are predominantly caught in their natural habitat. With the objective of providing more bred leeches for medicinal use, breeders are aiming to increase the number of leeches from leech farms where they are raised under thoroughly controlled conditions. The reasons for this are protection of the species, safe production of the medicinal leech as a drug, as well as supply security. The concentration of metabolic substances in the water and changes in the bacterial population alter the living conditions of the leeches in a way detrimental to health, vitality, growth, and fertility of raised leeches. To this day, there is no research analyzing the influence of keeping requirements under intensive cultivation conditions. For this thesis, two sites with recirculating water systems and six different water treatment systems were designed and assembled at Biebertaler Blutegelzucht (bbez) in order to test their ability to enhance water quality for leech raising. Existing leech keeping techniques were examined to identify weak points.A pilot installation was set up with a large organic filter, reduction of water acidity achieved by adding oak extract, ozonation of circulating water, irradiation of circulating water with high frequency and ultraviolet light, and a commonly used organic canister filter. Both systems with organic filters had similar reactions, there being nearly no detectable reactions on blood feedings. Reaction to the system with oak extract was comparable as well, but at a lower level. However, the systems with hygienic technology (ozonation and irradiation) showed reduced abundance of cultivable bacteria and were able to maintain that level. In contrast, cell numbers remained at a slightly increased level, suggesting a change in the bacterial population. Keeping leeches under lightly acidic conditions (pH approximately 6,5) seemed to be useful for keeping them healthy. Based on the experience of the pilot installation, a second installation was designed to examine three water treatment systems. Because oak extract not only reduces pH of the water, but also adds several substances such as humins which might influence leeches, water was alternatively acidified by injecting CO2 into reverse osmosis water. The third installation used a sand filter unit with floating sand. This principle test system was pursued over a period of 15 months during three trials wherein two feedings were executed. The most important criterion to evaluate efficiency of the water treatment systems was the rate of surviving leeches and their growth. The first two trials in this site revealed faults in technical designs, which were eliminated by the third trial. Ammonia and nitrite reduction was in working order in all of the systems but with a certain delay. After feeding, concentration of both nitrogen compounds rose for a short period before subsiding. Concentration of nitrate rose continuously after blood feeding of the leeches, but eventually did decrease. The period of time in which this increase and decrease took place was noticeably longer.Microbiological research revealed a strong impact of the water treatment on abundance and type of water-associated bacterial population. After blood feeding of the leeches, concentration of these bacteria rose in all three treatment systems. During the first trial, the increase was clearer than during the third trial. Shifts in the bacterial population were observed by examining Flavobacterium spp. und Chryseobacterium spp. The oak extract installation showed no detectable Flavobacterium spp. after leech feeding; in contrast, concentration of this bacteria rose slightly in both other installations. Chryseobacterium spp. increased in abundance just slightly in the installations with oak extract and sand filter unit, noticeably more so in the installation with CO2 injection.The composition of the bacterial population was highly influenced by the blood feeding. Chryseobacterium spp. were found only before feeding, whereas Tahibacter, Morganella, Aeromonas, Delftia, Aminobacter, Rhizobium, Pedobacter und Agrococcus were found only after feeding. A connection between these bacteria and health problems of the leeches can be assumed.After the pilot trial, it was to be expected that keeping leeches under slightly acidic conditions would be beneficial; this supposition was not confirmed in the main trials.Keeping leeches in systems with recirculating water has a number of advantages in comparison with systems based on changing the water. There is less change in the chemical and physical conditions of the water. There is a saving of resources and reduction in disturbance of the leeches, and furthermore, hygienic technologies can be integrated. Water treatment systems adapted to leech needs are able to influence water quality, especially as related to blood feeding with the effect that more healthy leeches can be raised.Overall results of the main trials showed that metabolic substances in the water combined with shifts in the composition of the bacterial population have a decisive effect on the success rate of raising leeches. It also demonstrates that the impact of nitrogen compounds was overrated. The implemented sand filter unit combined with previous feeding was capable of improving water quality with regard to leech needs.

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