Ethologische Untersuchungen zur mutterlosen Lämmeraufzucht unter besonderer Berücksichtigung der Rasse

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2004

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Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde das Saug- und Tränkeverhalten von insgesamt 145 Schaflämmern in mutterloser Aufzucht an einem modifizierten Kälbertränkeautomaten unter Berücksichtigung individueller und rassespezifischer Unterschiede sowie wirtschaftlicher Aspekte im Zeitraum März 1999 bis Juli 2000 untersucht. Die einbezogenen Rassen waren Merinolandschaf (ML, n = 31), Rhönschaf (RH, n = 23), Graue Gehörnte Heidschnucke (GS, n = 1) und verschiedene Kreuzungen (n = 90) aus ML, RH, Texel (T), Romanov (Ro) und Milchschaf (M). Darüber hinaus sollte mittels indirekter Gruppenbeobachtung und visueller Direktbe-obachtung am Einzeltier festgestellt werden, inwieweit die Effekte Rasse (Merino-landschaf(ML)/Rhönschaf(RH)) und Tränkestand (heller(nTRS)/dunkler(aTRS) Tränkestand) einen Einfluss auf die Adaptionsfähigkeit, das Saug- und Tränkeverhalten sowie bestimmte Verhaltensweisen der Lämmer (Ruhe-, Aktivitäts- und stoffwechselbedingtes Verhalten, Futteraufnahme-, Spielverhalten usw.) ausübten. Durch den Einsatz der elektronischen Tiererkennung mittels an Halsbändern befestigter Ohrmarken konnten Verzehrs- und Verhaltensdaten der Einzeltiere automatisch registriert und gesammelt werden. Hierbei wurden das Tränkeverhalten (Häufigkeit der Tränkestandbesuche, Abrufmenge und Verweildauer im Tränkestand), sowie die verbrauchte Tränke- und Milchaustauschermenge für jeweils 24 Stunden aufgezeichnet und Vergleiche zum Vortag aufgezeigt. Zusätzlich wurde die Zuwachsleistung der mutterlos aufgezogenen Lämmer erfasst und mit den Vollgeschwistern in natürlicher Aufzucht am Muttertier verglichen. Die Adaptationsfähigkeit der Lämmer an das Tränkeverfahren war individuell und rassespezifisch signifikant verschieden. So benötigten ML-Lämmer signifikant länger bis zur selbstständigen Annahme des Saugers als RH-Lämmer (p < 0.001). Im Tränkestandvergleich zeigte sich, dass die Texel x Romanov-Kreuzungslämmer am 'neuen' helleren Tränkestand (Plexiglas-Tränkestand) signifikant länger bis zur selbstständigen Annahme des Saugers benötigten als am 'ursprünglichen' Tränkestand (modifizierter Kälbertränkestand). Es gab sowohl im Rasse-, als auch im Tränkestandvergleich Lämmer, die das Saugen am Tränkeautomaten innerhalb der Anlernphase von neun Tagen nicht erlernten. Die Häufigkeitsverteilung der genutzten Saugstellen ließ eine Präferenz bestimmter Saugstellen erkennen, die jedoch nicht auf die Beschaffenheit dieser zurückzuführen war, denn alle vier Saugstellen waren bautechnisch identisch konstruiert. Die Abrufmenge lag beim Merinolandschaf höher als beim Rhönschaf und den Texel x Romanov-Kreuzungstieren und war über die gesamte Tränkedauer positiv mit der Verweildauer in den Tränkeständen korreliert. Die Effekte Tränkewoche, Rasse bzw. Tränkestand und Geschlecht hatten in Bezug auf die Merkmale Abrufmenge und Verweildauer einen höchstsignifikanten Einfluss. Die kontinuierliche Gruppenbeobachtung mittels Infrarot-Videotechnik zeigte, ebenso wie die visuelle Direktbeobachtung, sowohl im Rasse- als auch im Tränkestandvergleich signifikante Unterschiede in der Dauer und dem tageszeitlichen Verlauf des Ruhe-, Aktivitäts- und Nahrungsaufnahmeverhaltens.Außerdem wurden signifikante individuelle Unterschiede innerhalb der Gruppen (ML, RH, aTRS, nTRS) im Festfutteraufnahme-, Stoffwechselbedingten, Spiel- und anomalen Verhalten festgestellt. Alle Verhaltensweisen ließen über 24 Stunden eine Symmetrie zwischen den Gruppen und eine gewisse Tagesrhythmik erkennen.Es zeigte sich, dass Rhönschaflämmer signifikant (p < 0.05) länger und häufiger am Tage spielten als Lämmer der Rasse Merinolandschaf, wobei das 'Spiel mit dem Artgenossen' gegenüber dem 'Spielen allein' bevorzugt wurde. Verhaltensanomalien, wie das Besaugen von Präputium oder Scrotum, konnten nur bei einzelnen Tieren beobachtet werden und traten über die gesamte Tränkeperiode hinweg auf, wobei es sich immer um dieselben Tiere handelte. Merinolandschaflämmer zeigten gegenüber Rhönschaflämmern eine deutliche Präferenz (p < 0.01) im Ausüben von Verhaltensanomalien. Vergleiche der Zuwachsleistung von mutterlos aufgezogenen Schaflämmern am Tränkeautomaten mit denen ihrer Vollgeschwister in natürlicher Aufzucht am Muttertier zeigten, dass die Tiere in mutterloser Aufzucht ein signifikant geringeres Absetzgewicht aufwiesen als ihre Geschwister in natürlicher Aufzucht (p < 0.001). Der Milchaustauscherverbrauch lag beim Merinolandschaf signifikant höher als beim Rhönschaf oder den Kreuzungstieren (Texel x Romanov). Im Tränkestandvergleich waren diese Unterschiede allerdings nicht signifikant. Die Tränkestände waren nur bedingt für Schaflämmer modifizierbar, entscheidende Probleme, wie das gegenseitige Verdrängen von der Saugstelle durch 'Aufspringen' oder 'Unterlaufen' des Artgenossen, waren nicht vollständig zu beheben. Als Ursache hierfür sind insbesondere rasse- und altersbedingte Größen- und Konstitutionsunterschiede zu nennen. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass die Lämmeraufzucht an einem ursprünglich für Kälber konzipierten Tränkeautomaten nach Modifikationen möglich ist, wobei individuelle und rassespezifische Unterschiede hinsichtlich des Anlern-, Saug- und Tränkeverhaltens sowie zahlreicher indirekt und direkt beobachteter Verhaltensweisen festzustellen sind. Die technische Weiterentwicklung dieser rechnergestützten Tränkeverfahren zur Optimierung der mutterlosen Lämmeraufzucht stellt somit einen entscheidenden Beitrag dar, den wirtschaftlichen Erfolg der Schafhaltung zu verbessern.


This study was made to investigate the sucking and drinking behaviour of artificially reared lambs. 145 lambs of nine different genotypes, as there were German Merinos (Merinolandschaf, ML, n=31), Rhoen sheep (Rhönschaf, RH, n=23), Grey Horned Heath sheep (Graue Gehörnte Heidschnucke, GS, n=1) and six cross breeds (n=90) from Texel sheep (Texel, T), Romanov sheep (Romanov, Ro) and East Friesian Milk sheep (Ostfriesisches Milchschaf, M), were raised on a modified calf feeder with two different feeding stations from March 1999 to July 2000. Individual and breed differ-ences as well as the commercial aspects were examined. The data were completed by indirect group observation with an infra-red video system and direct visual observation of individuals to determine the influence of breed (Merino(ML)/Rhoen(RH) sheep) and station type (brighter(nTRS)/darker(aTRS) version) on the ability of adaptation, sucking and drinking behaviour and several other behavioural traits (resting, active and metabolic behaviour, feeding and playing behaviour etc.). Individual data of milk consumption and associated behaviour could be collected using electronic identification by ear tags fixed on collars. The parameters included the frequency of feeder visits, amount of demanded milk per visit, time spent in the feeder and amount of liquid feed and milk replacer intake. They were recorded for each 24 hours and compared with the values of the previous day. The weight gains of the motherless reared lambs were compared with those of their siblings which were raised naturally by their dams. The adaptation of the lambs to the feeding system was significantly different regard-ing both individuals and breeds. So ML lambs required more time to freely accept the teats than RH lambs (p < 0.001). Comparing the two types of feeding stations, the cross breed Texel x Romanov lambs required longer to accept the nipple in the brighter Plexiglas station ('new' feeding station) than in the darker original version. Some lambs did not learn to drink during the nine day acclimatization period in both the breed and the feeding station test.The frequency monitoring of the feeding port use showed that there was a preference for particular ports, but no conclusions could be drawn concerning the reasons, as they all were of identical construction. ML lambs demanded more milk than the RH lambs and the Texel x Romanov crosses; this correlated positively with the time spent in the feeding station over the total nursing period. The sucking week, breed, type of feeding station and gender were of highly significant influence on the demanded quantity and time in feeder. Continuous observation of the groups using infrared video systems as well as the direct visual observation showed significant differences in the length and daily pattern of resting, activity and feeding behaviour in the breed test and in the feeding station test. Significant individual differences within the groups (ML, RH, aTRS, nTRS) occurred in the solid feed intake, metabolic, playing and abnormal behaviour. All behavioural traits showed symmetry in the groups over a 24 hour period as well as a certain daily rhythm. The Rhoen sheep lambs were observed to play longer and more frequently during the day than Merino lambs (p < 0.05). The lambs preferred 'playing with others' to 'playing alone'. Behavioural anomalies such as sucking the scrotum or praeputium were only ob-served in individual animals, but throughout the whole sucking period. Compared to Rhoen sheep lambs Merino lambs showed a marked prevalence for this behaviour (p<0,01). Comparison of weight gain showed, that the artificially reared lambs had a signifi-cantly lower weight at weaning (p<0.001) than their naturally reared siblings. The consumption of milk replacer was significantly higher for the Merino lambs than that of the Rhoen lambs or the Texel x Romanov crossbreeds. The differences were insignificant in the comparison of feeding stations. The feeding stations could only be partially modified for the use by lambs. Problems such as, displacing of lambs from the sucking station by 'jumping on' or 'under running' by other lambs, could not be wholly eliminated. Mainly differences in size and constitution due to breed and age differences could be blamed for this. The presented study shows that it is possible to rear lambs using automatic feeders designed for calves, if these are previously modified. Especially with regard to learn-ing, sucking and drinking behaviour and other directly or indirectly observed behav-ioural traits differences between individuals and breeds can be noticed. The further technical development of these computer controlled feeding systems for the optimisation of rearing early weaned and orphan lambs could thus be a deciding contribution to increase the commercial success of sheep production.

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Wettenberg : VVB Laufersweiler 2004

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