Suchen und Finden : Der editorische Kommentar als Folge abduktiver Spurensuche

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2011

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Diese Dissertation analysiert Praktiken des Suchens und Findens als epistemologische Prozesse im Kontext editionsphilologischer Tätigkeiten. Den Gegenstand der Untersuchung bilden die printmediale und die digitale Edition der Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt (2000-2007 und 2008-2011). Diese beiden Herausgaben bildeten optimale Voraussetzungen für eine Untersuchung des editionsphilologischen Verfahrens der Suche und des Auffindens, da aufgrund der historischen Situation sowohl materielle Lücken als auch inhaltliche Ambiguität in den Texten der Chronik vorlagen. Die Dokumentensammlung, ursprünglich eingebettet in die Wissensordnung des Gettos und primär in diesem Kontext zu verstehen, entstand insgeheim in den Jahren 1941 bis 1944 im Archiv des Gettos Litzmannstadt und ermöglicht tiefe Einblicke in das Alltagsleben des Gettos. Diese Untersuchung ist transdisziplinär ausgerichtet, indem editionsphilologische, kulturwissenschaftliche und informationstechnologische Forschungsfelder mit dem erkenntnistheoretischen Konzept der Abduktion nach Charles S. Peirce kombiniert werden. Die Rekonstruktion von Vorgängen, die zu bestimmten Fakten geführt haben, ist integraler Bestandteil des logischen Prinzips der Abduktion: Der amerikanische Philosoph Peirce entwickelte in Abgrenzung zur Deduktion und Induktion das Schlussverfahren der Abduktion; eine Operation, in der plausible Hypothesen aufgestellt werden, um Erklärungen für Fakten herbeizuführen. Die Konklusion einer Abduktion ist das Produkt eines rückschlüssigen Verfahrens wie das Überführen des Täters nach detektivischer Spurensuche. Die Abduktion zeichnet sich gerade darin aus, dass zwischen Prämisse und Konklusion kein deduktive Folgerung, sondern ein konjekturaler Raum der Assoziation, in dem Wahrnehmungseindrücke mit Elementen eines personal knowledge verknüpft werden. Die Abduktion generiert also neue gedankliche Verknüpfungen: Das Finden einer Konklusion, die Erzeugung neuer Gedanken sind immanente Schritte eines Forschungs- und Erkenntnisprozess und damit auch elementare Voraussetzung des Suchen und Findens von Information. Darauf basierend konnten diese Kulturtechniken als Grundlage für eine Untersuchung von Editionsprozessen am Beispiel der Editionen der Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt verwendet werden. Die nachgewiesenen abduktiven Inferenzen der editionsphilologischen Prozesse sind ein wichtiger Beitrag zum Verständnis von Aneignung und Konstitution von Wissen. So zielt die Leitfrage der Untersuchung letztlich über die Editionswissenschaft hinaus: Wie und wodurch abduktive Inferenzen epistemische Prozesse determinieren, ist ein essentielles Kriterium für einen allgemeinen Umgang mit Wissen, wie der aufgezeigte editionsphilologische Paradigmenwechsel von der Autorintention hin zum Nutzerbild als einem Produser mit selbstständiger Wissensorganisation im Web 2.0 belegt.


This dissertation analyses the practices of searching and finding as epistemic processes in the context of textual philology. The objects of investigation are the print edition and the digital edition of the Chronicles of the Lodz Ghetto (2000-2007 and 2008-2011). These both kinds of editing constitute ideal requirements, because of the initial situation, which includes perforate texts and ambivalent content. The chronicle documents, created in the knowledge system of the ghetto and primary to comprehend in this context, were generated in the archives of the Lodz ghetto between 1941 and 1944 to provide a deeper insight into everyday life of the ghetto. This analysis has a multidisciplinary focus, connecting textual philology, cultural Studies and information sciences with the epistemic concept of abduction, created by Charles S. Peirce. The reconstruction of processes, which bring some facts about, is the essential topic of abduction: The American philosopher Peirce developed his concept of reasoning separate to deduction and induction. It is an operation of reasoning based on feasible hypotheses, to explain uncommon or surprising phenomena. The conclusion of abduction is the product of a reconstructing technique similar to the conviction of an offender after a search of clues in criminalistics.To find a conclusion and create of new thoughts these are the immanent steps of an epistemic process, which constitute the presupposition of search and find information. Therefore, the analysis of these cultural techniques forms the substructure of the research of editing using the example of the publishing of the Chronicles of the Lodz ghetto. The detected Inferences of abduction in the objects of investigation are an important input for the understanding of the possession and development of knowledge. So, the central question is going over the examination of textual philology: It is the significant main issue in a general handling of information, how and in which way abductive Inferences determine epistemic processes. This has been demonstrated in dissertation by showing the editorial paradigm shift from the author to the reader in digital media, who becoming a produser in present and organizes his own knowledge system.

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