Phasische elektrodermale Aktivität als Persönlichkeitsindikator

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2005

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Zusammenfassung

Die elektrodermale Orientierungsreaktion und deren Habituation bei Darbietung einer Serie neutraler Reize ist ein weit verbreitetes Werkzeug zur Detektion individueller Differenzen.Dabei sind vor allem aus dem Bereich der Psychopathologie vielfältige Dysfunktionen elektrodermaler Responsivität bekannt. Jedoch ist bislang nicht geglückt, ein konsistentes Bild davon zu zeichnen, welche Verhaltensvorhersagen aus Phänomenen der Hypo- und Hyperresponsivität, des Nonrespondings oder irregulärer Reaktionsverläufe möglich sind. Dies gilt insbesondere für die Extrapolation in den Bereich gesunder Persönlichkeit. Ein Grund dafür mag in der Vielfalt methodischer Mittel liegen, mit denen elektrodermale Reaktionen ausgelöst, registriert und parametrisiert werden. Zudem geben neurophysiologische und neurochemische Studien Anlass zu der Annahme, dass eine große Zahl zentralnervöser Systeme an der Initiation und Modulation elektrodermaler Reaktionen beteiligt sind. Insbesondere dann, wenn Abweichungen von der Regelmäßigkeit eines Habituationsprozesses betrachtet werden, kommt offenbar dem Neurotransmitter Serotonin im Hippocampus eine besondere Bedeutung zu.

Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war zunächst, ein neues Maß elektrodermaler Verlaufsmuster bereitzustellen, das, über die allgemeine Responsivität und Habituationsgeschwindigkeit hinaus, irreguläre Sensibilisierungsprozesse zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Reizdarbietung zu identifizieren vermag. Die Bildung von drei Blöcken geglätteter mittlerer Reaktionsmagnituden und deren Vergleich untereinander führte zu fünf Kategorien elektrodermaler Verlaufsmuster. Diese sowie klassische Maße elektrodermaler Responsivität und Habituationsgeschwindigkeit wurden an insgesamt n = 294 gesunden Freiwilligen beiderlei Geschlechts in sechs Studien bestimmt.

Dabei konnten elektrodermalen Verlaufsmustern zuverlässige Erwartungswerte bezüglich ihrer Prävalenz, eine hohe Robustheit gegenüber unterschiedlicher Messmethodik und Stichprobenzusammensetzung, eine befriedigende Reliabilität über zwei Zeiträume hinweg sowie eine weitgehende Unabhängigkeit von Maßen allgemeiner Responsivität, Habituationsgeschwindigkeit und der Spontanfluktuationsrate nachgewiesen werden.

Erster Schritt der Validierung war die Aufdeckung von Zusammenhängen mit psychometrischen Persönlichkeitsvariablen. Dabei konnte dysfunktionalen elektrodermalen Verlaufsmustern, insbesondere generellen und späten Sensibilisierungsprozessen, eine Assoziation zu höheren Ausprägungen im Neurotizismus, in kognitiver Desorganisation und neurotischer Aggressivität nachgewiesen werden. Maße allgemeiner Responsivität, Habituationsgeschwindigkeit und tonischer elektrodermaler Aktivität zeigten keine solchen Zusammenhänge, mit der Ausnahme verlängerter Reaktionslatenzen bei Probanden mit hohen Extraversionswerten.

In einer Teilstichprobe von n = 48 männlichen Probanden kam zudem ein placebokontrollierter Neurotransmitterchallengetest unter Verwendung selektiver serotonerger (20mg Citalopram) und noradrenerger (2mg Reboxetin) Wiederaufnahmehemmer im doppelblinden Cross-Over-Design zum Einsatz. Solche Probanden, deren elektrodermale Verlaufsmuster als dysfunktional eingestuft worden waren, zeichneten sich, im Vergleich zu regelmäßig Reagierenden, durch eine signifikant erhöhte Cortisolreaktion nach Gabe der serotonergen Substanz aus. Kein solcher Effekt ergab sich für die Ansprechbarkeit des noradrenergen Systems.

In einem molekulargenetischen Ansatz an n = 64 weiblichen Versuchsteilnehmerinnen konnte elektrodermale Dysfunktionalität darüber hinaus mit der Auftretenswahrscheinlichkeit des A-Allels im A779C TPH Polymorphismus assoziiert werden, während sich kein solcher Zusammenhang mit den Genotypen des T102C 5-HT2A-Rezeptorpolymorphismus ergab.

Zusammenfassend belegt die vorliegende Arbeit Assoziationen elektrodermaler Verlaufsmuster zu neurotizismusbezogenen Persönlichkeitszügen und zwei Schätzern serotonerger Aktivität innerhalb von Kollektiven gesunder Probanden. Schlussfolgernd wird empfohlen, sich von der dimensionalen Betrachtung elektrodermaler Responsivität zu lösen und qualitative Merkmale der Orientierungsreaktion und eines stabilen Habituationsprozesses in den Vordergrund zu rücken. Besonderer Wert kann dabei der Detektion von Sensibilisierungsprozessen beigemessen werden, die einen bereits eingeleiteten Habituationsprozess im weiteren Verlauf der Reizdarbietung unterbrechen.

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