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dc.contributor.advisorHowaldt, Hans-Peter
dc.contributor.authorBöttger, Sebastian
dc.date.accessioned2023-05-17T14:04:03Z
dc.date.available2023-05-17T14:04:03Z
dc.date.issued2022
dc.identifier.urihttps://jlupub.ub.uni-giessen.de//handle/jlupub/16302
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.22029/jlupub-15682
dc.description.abstractOdontogene Infektionen sind sehr häufig und führen im Gesundheitssystem zu beträchtlichen Kosten. Sie lassen sich nach therapeutischen Gesichtspunkten in die sehr häufigen typischen odontogenen Infektionen und die seltenen atypischen Infektionen einteilen. Typische odontogene Infektionen können durch geeignete chirurgische und zahnärztliche Maßnahmen zur Ausheilung gebracht werden, wobei in ausgedehnten Fällen eine adjuvante Verabreichung von Antibiotika angezeigt sein kann. Atypische odontogene Infektionen sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie durch die üblichen chirurgischen und zahnärztlichen Maßnahmen auch unter Anwendung von Antibiotika nicht wie gewöhnlich zur Ausheilung gebracht werden können. Solche Infektionen stellen sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eine große Herausforderung dar. Ursächlich für odontogene Infektionen sind Bakterien aus der Mundhöhle, so dass es sich um endogene Infektionen aus dem oralen Mikrobiom handelt. Zahlreiche Autoren haben beschrieben, dass die Infektionen durch Erregergemische aus vorwiegend anaeroben und fakultativ anaeroben Bakterien verursacht werden, die häufig nur schwer und unvollständig mit einer kulturbasierten Untersuchung nachgewiesen werden können. Die im Rahmen dieser Habilitationsschrift vorgestellten Arbeiten führen zu einigen Schlussfolgerungen, die zukünftig zu möglichen Veränderungen in der Diagnostik und der Therapie odontogener Infektionen führen könnten: 1. Indication for an additional postoperative treatment after surgical incision of serious odontogenic abscesses: In einer retrospektiven Studie an 258 Patienten wurde nachgewiesen, dass selbst ausgedehnte typische odontogene Infektionen gut durch eine chirurgische Inzision und Drainage behandelbar sind und in vielen Fällen auch ohne postoperative Verabreichung von Antibiotika gut beherrscht werden können. Die unkritische, automatisierte Verabreichung von Antibiotika, so wie sie von manchen Autoren empfohlen wird, sollte hingegen kritisch hinterfragt werden. 2. A New Type of Chronic Wound Infection after Wisdom Tooth Extraction: A Diagnostic Approach with 16S-rRNA Gene Analysis, Next-Generation Sequencing, and Bioinformatics: Bei therapieresistenten atypischen odontogenen Infektionen kann eine erweiterte mikrobiologische Diagnostik mittels der 16S-rRNA-Gen-Analyse Keime nachweisen, die mit herkömmlichen kulturbasierten Methoden nicht nachweisbar sind. Im konkreten Fall konnte eine Infektion mit den Umweltkeimen Delftia und Alcanivorax nachgewiesen werden, die vermutlich aus einer kontaminierten dentalen Einheit stammen. Als Konsequenz ist zu fordern, dass Osteotomien von Zähnen zwingend mit sterilem Kühlwasser und nicht mit dem Leitungswasser aus einer zahnärztlichen Einheit durchgeführt werden. 3. Microbiome of Odontogenic Abscesses: Die im Rahmen dieser prospektiven Arbeit an 50 Patienten mit ausgedehnten odontogenen Infektionen durchgeführten Untersuchungen mit der 16S-rRNAGen- Analyse zeigen, dass in odontogenen Abszessen, wie zuvor auch für das orale Mikrobiom beschrieben, viel mehr Bakterien nachweisbar sind, als man auf der Basis der kulturellen Analyse allein erwarten würde. Während in der Kultur meist zwei bis drei Bakterienspezies nachgewiesen werden, sind im Mikrobiom eines odontogenen Abszesses im Durchschnitt etwa 30 Bakteriengattungen in verschieden großer relativer Häufigkeit nachweisbar. Darunter befinden sich bekannte Gattungen wie Prevotella, Porphyromonas, Fusobacterium, Peptostreptococcus, Parvimonas und Streptococcus aber auch bislang weniger mit odontogenen Abszessen assoziierte Gattungen wie Veillonella, Mogibacterium, Filifactor, Alloprevotella und Slackia. 4. Clinical Relevance of the Microbiome in Odontogenic Abscesses: In dieser prospektiven Untersuchung an 48 Patienten mit ausgedehnten odontogenen Infektionen wurde ein direkter Vergleich zwischen der kulturbasierten Analyse aus der klinischen Routine mit den korrespondierenden Mikrobiomen durchgeführt. Die Untersuchung zeigt, dass die Kultur bei odontogenen Infektionen offensichtlich nicht geeignet ist, die Vielfalt der tatsächlich im Abszess vorhandenen Bakterien darzustellen. Statt der zahlreichen empfindlichen anaeroben Organismen werden wie in vielen älteren Studien zuvor vor allem die leicht kultivierbaren Gattungen Streptococcus und Staphylococcus nachgewiesen, obwohl diese bei simultaner Betrachtung der zugehörigen Mikrobiome oft nur eine untergeordnete oder keine Rolle im odontogenen Abszess spielen. Dies sollte den klinisch Behandelnden bei der Interpretation von kulturbasierten mikrobiologischen Befunden bewusst sein. 5. Odontogenic Cervicofacial Necrotizing Fasciitis: Microbiological Characterization and Management of Four Clinical Cases: In dieser retrospektiven Untersuchung wurden vier Behandlungsfälle des seltenen, aber überaus lebensbedrohlichen Krankheitsbildes einer nekrotisierenden zervicofazialen Fasziitis beschrieben und mikrobiologisch mittels Kultur und molekularer Methoden charakterisiert. Wie der odontogene Abszess, so stellt auch die odontogene nekrotisierende Fasziitis eine polymikrobielle, endogene Infektion dar, die vorwiegend durch anaerobe Bakterien aus dem oralen Mikrobiom verursacht wird. Ein einzelnes „schuldiges“ Bakterium, welches für den nekrotisierenden Verlauf der Infektion verantwortlich gemacht werden könnte, konnte auch mit Hilfe der 16S-rRNA-Gen-Analyse nicht identifiziert werden. Damit kann vermutet werden, dass eher das Vorhandensein von bestimmten Virulenzfaktoren als das Vorhandensein einer bestimmten bakteriellen Spezies für den nekrotisierenden Verlauf der Erkrankung ausschlaggebend ist. Therapeutisch ist die frühzeitige, sehr radikale chirurgische Entfernung des gesamten nekrotischen Gewebes entscheidend für den Therapieerfolg und das Überleben der Patienten. Obwohl odontogene Infektionen klinisch in den aller meisten Fällen gut beherrschbar sind, deuten die Ergebnisse der aufgezählten Untersuchungen an, dass die klinische Routinediagnostik gerade bei ausgedehnten und atypischen Krankheitsverläufen deutlich verbessert werden könnte. Der Einsatz der 16S-rRNA-Gen-Analyse in Verbindung mit Next-Generation-Sequencing und Bioinformatik ermöglicht eine Erregerdiagnostik, die vollkommen unabhängig von der kulturbasierten Analyse durchgeführt werden kann. Die Methode kann auch dann noch Ergebnisse liefern, wenn in der Kultur kein Bakterienwachstum mehr nachweisbar ist. Daher sollte diese molekularbiologische Diagnostik die bewährte kulturelle Analyse baldmöglichst auch in der klinischen Routine ergänzen. Ihr zielgerichteter Einsatz sollte wie auch in anderen klinischen Fächern in enger Abstimmung zwischen Mikrobiologie und Klinik erfolgen. Die Erkenntnisse aus der vorliegenden Arbeit können zukünftig einen Beitrag zur Entwicklung von schnellen und kulturunabhängigen molekularen Tests leisten, die vor allem bei schweren Erkrankungsfällen eine frühe Beurteilung der Situation in Hinblick auf eine besondere Virulenz oder eine Antibiotikaresistenz ermöglichen. Aus therapeutischer Sicht wird bei der überwiegenden Mehrzahl der odontogenen Infektionen aber auch zukünftig die über 2000 Jahre alte Weisheit von Galen gelten: „Ubi pus ibi evacua – Wo Eiter ist, dort entleere ihn!“de_DE
dc.description.sponsorshipDeutsche Forschungsgemeinschaft (DFG); ROR-ID:018mejw64de_DE
dc.language.isodede_DE
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.1016/j.jcms.2020.01.009de_DE
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.3390/pathogens9100798de_DE
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.3390/microorganisms9061307de_DE
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.3390/biology10090916de_DE
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.3390/pathogens11010078de_DE
dc.rightsIn Copyright*
dc.rights.urihttp://rightsstatements.org/page/InC/1.0/*
dc.subjectMikrobiomde_DE
dc.subjectInfektionde_DE
dc.subjectAbszessde_DE
dc.subject16S-rRNA-Gen-Analysede_DE
dc.subject.ddcddc:610de_DE
dc.titleDas Mikrobiom odontogener Infektionende_DE
dc.typedoctoralThesisde_DE
dcterms.dateAccepted2023-05-08
local.affiliationFB 11 - Medizinde_DE
thesis.levelthesis.habilitationde_DE


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