Sein, Sollen und der Mensch. Anthropologie im politischen Liberalismus

Datum

2023

Betreuer/Gutachter

Weitere Beteiligte

Herausgeber

Zeitschriftentitel

ISSN der Zeitschrift

Bandtitel

Verlag

Zusammenfassung

Trotz einer langen gemeinsamen Geschichte ist die Verschränkung von Anthropologie, Anthropologiekritik und normativer politischer Theorie bislang unzureichend erforscht. Um mich sinnvoll der literaturstarken Gemengelage anzunähern, beschränke ich mich auf die argumentativen Funktionen anthropologischer Aussagen im Paradigma des politischen Liberalismus – der politischen Theorie von John Rawls. Meine erste These – der meta-perspektivischen politischen Anthropologie entgeht, dass anthropologische Aussagen sogar im erklärtermaßen anthropologisch enthaltsamen politischen Liberalismus Schlüsselfunktionen übernehmen – verteidige ich, indem ich die methodischen Unzulänglichkeiten dieser Anthropologie an zwei ihrer aktuell charakteristischen Varianten nachweise. Die Erste lehnt es ab, sich überhaupt mit Normenbegründung und -rechtfertigung zu befassen, denn Anthropologie habe rein deskriptiv zu forschen. Die Zweite ist zwar an den anthropologischen Programmen normativer Theorien interessiert, sie beschränkt sich jedoch aufs Prüfen des Wahrheitsanspruchs anthropologischer Aussagen. Damit belege ich, wie notwendig ein systematischer Neustart der meta-perspektivischen politischen Anthropologie unter besonderer Beachtung der argumentativen Funktionen anthropologischer Aussagen ist. Mit meiner zweiten These attackiere ich die Praktikabilität des politischen Liberalismus. Ich kritisiere zuerst Rawls. Er beabsichtigt, anthropologische Aussagen mittels eines formalen Rechtfertigungsverfahrens zu vermeiden, was ihm jedoch nicht gelingt, denn er verwendet sie weiterhin zum Legitimieren seiner Theorie. Er konkretisiert mit den anthropologischen Eigenschaften „Beständigkeit“ und „Normalverteilung“ die Stabilität seiner Gerechtigkeitskonzeption im menschlichen Denken und Handeln, was er als unverzichtbaren Teil jeder Legitimation ansieht. Allerdings zeige ich, dass ihn das mit einem Dilemma konfrontiert. Entweder er verzichtet auf die Stabilitätsbegründung, was die Praktikabilität seiner Gerechtigkeitskonzeption infrage stellt oder er verlässt sich auf die stabilisierende Wirkung einer öffentlich geförderten ethischen Erziehung. Martha Nussbaum ergänzte Rawls’ Gerechtigkeitstheorie um ihr Modell einer anspruchsvollen ethischen Erziehung, in der Hoffnung, den politischen Liberalismus an die zweite Seite des Dilemmas anzupassen. Allerdings rechtfertigt sie die Erziehung mit einer für den politischen Liberalismus zu umfangreichen Theorie des Guten. Damit verteidigt Nussbaum unabsichtlich die Liberalismuskritik meiner zweiten These und unterstreicht die mangelnde Praktikabilität des politischen Liberalismus.

Beschreibung

Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen

Erstpublikation in

Sammelband

URI der Erstpublikation

Forschungsdaten

Schriftenreihe

Erstpublikation in

Zitierform