Genomische und funktionelle Charakterisierung von multiresistenten Acinetobacter baumannii-Isolaten aus klinischem Untersuchungsgut von Kleintieren unter besonderer Berücksichtigung der Carbapenem-Resistenz

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2023

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Auch wenn A. baumannii (Ab) als einer der wichtigsten Erreger nosokomialer Infektionen in der Humanmedizin gilt, ist nur wenig über das potenzielle Reservoir sowie die Rolle von Tieren als Träger und Überträger dieser Spezies bekannt. Anhand dieser Arbeit sollten Informationen über das Vorkommen multiresistenter, insbesondere Carbapenem-resistenter (CR) Acinetobacter spp. aus dem klinischem Untersuchungsmaterial von Tieren gesammelt werden. Ziel war es, tierische Acinetobacter spp.-Isolate genotypisch und phänotypisch zu charakterisieren. Hierzu wurde neben dem phylogenetischen Hintergrund, dem antimikrobiellen Resistenzprofil und erworbenen Resistenz-Determinanten auch der Einfluss der Carbapenem-Resistenz auf die bakterielle Fitness, Biofilmbildung und Virulenz untersucht. Im Zeitraum von November 2000 bis September 2018 wurden insgesamt 1.540 Acinetobacter spp., darunter 821 A. baumannii, die am Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere im Rahmen der Routinediagnostik aus klinischem Probenmaterial, v.a. von Kleintieren, isoliert wurden, sowie Carbapenem-resistente Acinetobacter spp. eines kommerziellen veterinärmedizinischen Labors und zu Vergleichszwecken inkludierte humane CR Acinetobacter spp. untersucht. Die Speziesidentifikation erfolgte mithilfe der MALDI-TOF MS-Analyse und PCR, die antimikrobielle Empfindlichkeit wurde per VITEK2 und für Carbapenem-Antibiotika per E-Test bestimmt. Der Nachweis von Carbapenemase-Genen erfolgte mittels PCR. Unter 1.483 Acinetobacter spp. von Tieren konnten 74 (5 %) Isolate, darunter 48 (3,2 %) Ab, acht (0,5 %) A. pittii, acht (0,5 %) A. lwoffi, fünf (0,3 %) A. johnsonii, drei (0,2 %) A. indicus und zwei (0,1 %) A. species, als Träger von Carbapenemase-Genen identifiziert werden. OXA-58 trat als häufigste Carbapenemase auf (n=47 Isolate), gefolgt von OXA-23 (n=24) sowie OXA-72, OXA-143 und NDM-1 (je 1 Isolat). Die CR Isolate konnten von Hunden (n=39; 52,7 %) und Katzen (n=18; 24,3 %), lebensmittelliefernden Tieren (n=10; 13,5 %), Heimtieren (n=4; 5,4 %) und Pferden (n=2; 2,7 %) sowie von einer Klimaanlage einer Kleintierklinik (1,4 %) u.a. aus dem Urin (n=19; 25,7 %), dem Respirationstrakt (n=17; 23 %) und Wunden (n=10; 1,4%) isoliert werden. Die meisten Carbapenemase-positiven Acinetobacter spp. waren Träger weiterer erworbener Resistenzgene, wie str, aac oder aad, tet, sul1/2 und ihren Varianten. Bei CR Ab-Isolaten konnten diese erworbenen Resistenzgene teilweise innerhalb von Resistenzinseln nachgewiesen werden. So trugen zehn der zwischen 2016 und 2018 isolierten ST1(Pasteur) -OXA-58-positiven Ab-Isolate AbaR3-like bzw. ein Isolat eine AbaR10-like Insel.Vor 2016 isolierte Ab trugen dagegen keine Resistenzinseln. Der Erwerb der Resistengene spiegelte sich meist in einem multiresistenten Phänotyp wider. Jedoch zeigten nicht alle Isolate, die Träger eines Carbapenemase-Gens waren auch eine phänotypische Resistenz gegenüber den getesteten Carbapenemen. Dies war (i) in dem Fehlen von expressionssteigernden Insertionselementen, (ii) partiellen Deletionen in relevanten genetischen Strukturen oder (iii) in dem Fehlen von synergistischen Resistenzmechanismen, wie Efflux-Pumpen, begründet. Anhand einer MLST-Analyse (Pasteur-Schema) konnten die tierischen Ab-Isolate sechs unterschiedlichen Sequenztypen (STs), darunter den weltweit in der Humanmedizin verbreiteten Klonen ST1(Pasteur) und ST25(Pasteur), zugeordnet werden. Des Weiteren korrelierte sowohl die Verteilung der erworbenen Resistenzgene als auch die der Virulenz-assoziierten Gene mit den jeweilig zugeordneten STs. Mittels einer core genome MLST (cgMLST) konnten die CR Ab zwölf unterschiedlichen Clustern (CTs) zugeordnet werden. Der Großteil der ST1(Pasteur)-OXA- 58-positiven Ab (93,1%) wurde dem CT-1808 zugeordnet. In Isolaten aus Deutschland dominierte bei OXA-23-Ab der CT-2177, während Isolate auf Frankreich und Italien acht unterschiedlichen CTs angehörten. Dies deutet auf eine klonale Verbreitung des CT-1808 bzw. CT-2177 bei Haustieren in Deutschland hin, wohingegen die Verbreitung von OXA-positiven Ab in Frankreich und Italien unabhängig von diesem Geschehen zu sein scheint. Der genetische Kontext der Carbapenemase-Gene, sowohl bei Ab als auch bei non-baumannii Acinetobacter zeigte Überschneidungen mit der Struktur von CR Isolaten, die bei nosokomialen Infektionen beim Menschen auftreten. Besonders die Einbettung innerhalb mobiler genetischer Elemente wie blaOXA-23 in die Transposonstruktur Tn2008 sowie blaNDM-1 in Tn125 liefern Hinweise auf einen möglichen Austausch entsprechender Resistenzgene zwischen Acinetobacter spp. tierischer sowie humaner Herkunft. Im Rahmen der vergleichenden Untersuchung des Einflusses der CR auf die bakterielle Fitness zeigte das Tragen des Resistenz-Plasmids einen negativen Einfluss auf die Fitness von Ab. Gleiches lässt sich bei der Biofilmbildung beobachten: so zeigten CR Ab eine signifikant niedrigere Biofilmbildung als die jeweils isogenen plasmidfreien Varianten. Im Gegensatz dazu zeigten die CR Ab-Isolate im Galleria mellonella-Infektionsmodell einen deutlich virulenteren Phänotyp als die entsprechenden Carbapenem-sensiblen Varianten. Der Erwerb von Carbapenemase-Genen hat nach den vorliegenden Daten einen negativen Einfluss auf die bakterielle Fitness und Biofilmbildung, nicht jedoch auf die Virulenz der Isolate. Anhand phylogenetischer Analysen konnte gezeigt werden, dass die tierischen Isolate dieser Arbeit vermutlich eine eigene Gruppe repräsentieren, die jedoch mit humanen Isolaten aus Australien, Südkorea, Thailand, Tschechien und den USA, clustern. Die für die Analysen verfügbaren Genome humaner Ab aus Europa wiesen dagegen nur geringe Ähnlichkeiten zu den veterinärmedizinischen Isolaten auf. Ähnlich wie in der Humanmedizin haben sich offenbar auch in der Tiermedizin erfolgreiche Klone etabliert, die sich nosokomial im veterinärklinischen Umfeld verbreiten. Es muss angenommen werden, dass Ab-Isolate und/oder deren Resistenzdeterminanten zwischen Tieren und Menschen übertragen werden. Während Tiere intitial als Empfänger fungierten, ist inzwischen eine gegenseitige Übertragung nicht auszuschließen. Eine gezielte Überwachung und Charakterisierung multiresistenter Ab, insbesondere von CR Isolaten, in der Veterinärmedizin sollte daher in Betracht gezogen werden. Dies ist zudem unerlässlich, um in Veterinärkliniken effektive Interventionsmaßnahmen zur Reduzierung von Infektionen mit diesem nosokomialen Erreger zu implementieren. Schließlich ist eine gemeinsame Betrachtung von humanen und tierischen Isolaten mit zeitlichem und regionalem Zusammenhang zwingend erforderlich, um die Ausbreitung und Übertragung von CR Ab-Isolaten im One-Health-Kontext besser beurteilen zu können.

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Giessen: VVB Laufersweiler Verlag, 2023

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