Professionalisierung anhand des Kompetenzerwerbs im kindheitspädagogischen Studium

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2023

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Die Professionalisierung der Kindheitspädagogik wird in dieser Arbeit empirisch anhand des Kompetenzerwerbs im kindheitspädagogischen Studium untersucht. Auf theoretischer Ebene sind daher formale und kompetenztheoretische Entwicklungen von Bedeutung: Professionstheorien weisen übereinstimmend auf die Relevanz einer akademischen Ausbildung für die Entwicklung einer Profession hin. In Deutschland wurden die ersten kindheitspädagogischen Studiengänge 2004 ins Leben gerufen, die mit dem Berufsabschluss „Kindheitspädagogin“ bzw. „Kindheitspädagoge“ abschließen. Inzwischen ist der Abschluss staatlich anerkannt und es gibt differenzierte Berufsbeschreibungen und Qualifikationsrahmen. Da jedoch parallel auch fachschulische Zugangswege zur Qualifikation für das Praxisfeld bestehen, finden sich in Kindertageseinrichtungen zunehmend heterogene Teams mit Fachkräften verschiedener Abschlüsse wieder (vgl. Autorengruppe Fachkräftebarometer 2023, S. 55). Auch wenn Kindheitspädagoginnen und -pädagogen aktuell nur 6 % des Personals in Kindertageseinrichtungen ausmachen (vgl. ebd., S. 33), sind in ihrem Berufsprofil verstärkt konzeptionelle Aufgaben vorgesehen, die zur Professionalisierung des Feldes beitragen sollen. Kindheitspädagogische Kompetenz umfasst viele Facetten und wird bislang unterschiedlich operationalisiert. Bisherige Studien orientieren sich meist an ersten Systematisierungen der Qualifikationsrahmen der Robert-Bosch-Stiftung (2008, 2011). Hier besteht jedoch weiterer Forschungsbedarf (vgl. Limberger et al. 2021, S. 104). Für die vorliegende Untersuchung wurde sich an bisherigen Operationalisierungen orientiert. Es wurde daher eine theoretisch fundierte vierfaktorielle Kompetenzstruktur entwickelt, die aus zwei handlungsfeldbezogenen und zwei querschnittlichen Kompetenzbereichen besteht. Insgesamt lassen sich bisher wenige Studien finden, die die allgemeine Kompetenz von Kindheitspädagoginnen und -pädagogen in den Blick nehmen. Vorliegende Untersuchungen weisen auf die Bedeutung pädagogischer Vorerfahrung bzw. Vorwissens sowie pädagogischer Erfahrung im Allgemeinen für die Entwicklung kindheitspädagogischer Kompetenz hin (vgl. Weltzien & Söhnen 2020; Helm 2011; Strohmer & Mischo 2015; Reyhing et al. 2022). Auf Grundlage der theoretischen Vorarbeit wird daher im empirischen Teil der Arbeit untersucht, ob sich die entwickelte Kompetenzstruktur anhand der Daten wiederfindet (Forschungsfrage 1), ob Studierende mit pädagogischer Vorerfahrung ihre Kompetenzen zu Beginn des Studiums höher einschätzen (Forschungsfrage 2), ob die Kompetenzeinschätzung im Verlauf des Studiums ansteigt (Forschungsfrage 3) und welche Prädiktoren für die Kompetenzentwicklung bedeutsam sind (Forschungsfrage 4). Zur Umsetzung des Vorhabens wurden Kindheitspädagogik-Studierende der Justus-Liebig-Universität Gießen mit Hilfe eines Online-Fragebogens befragt. Es kam eine Stichprobe von 460 Teilnehmenden zustande. Dabei konnten drei Querschnitte miteinander verglichen werden. Für die Datenauswertung kamen verschieden bi- und multivariate Analyseverfahren (Konfirmatorische Faktorenanalyse, Mehrgruppen-Faktorenanalyse, t-Test, einfaktorielle Varianzanalyse, multiple lineare Regression) zum Einsatz. Die Ergebnisse weisen auf eine gute Modellgüte der vierfaktoriellen Kompetenzstruktur hin. In drei der vier Kompetenzbereichen geben Studierende mit pädagogischer Vorerfahrung signifikant höhere Kompetenzeinschätzungen zu Beginn des Studiums ab. Auch steigen die Einschätzungen der Kompetenzen in allen vier Bereichen signifikant während des Studiums an. Hinsichtlich der Prädiktoren erweist sich das Studium selber als bedeutsam für alle Kompetenzbereiche. Zu verschiedenen praktischen Erfahrungen vor und während dem Studium zeigen sich ebenfalls prädiktive Zusammenhänge. Diese variieren jedoch abhängig vom Kompetenzbereich. Für die handlungsfeldbezogenen Kompetenzbereiche stellt sich vor allem die Vielfalt der Erfahrung als bedeutsam heraus, während für die querschnittlichen Kompetenzbereiche eher das Ausmaß an Erfahrung ins Gewicht fällt. Die Berücksichtigung der „Kommunikationsprozesse“ als eigener Kompetenzbereich ist im Vergleich zu anderen Studien neu und die Ergebnisse zeigen, dass es sinnvoll sein kann diesen als eigenen Bereich zu berücksichtigen. Die Ergebnisse weisen auch darauf hin, dass der Kompetenzbereich „Inklusion und Diversität“ als Bestandteil eines allgemeinen Kompetenzmodells genutzt werden kann. Der Anstieg der Kompetenzeinschätzungen in den vier Bereichen kann größtenteils mit den Modulen des Studiengangs in Verbindung gebracht werden. Interessant ist zudem, dass vor allem pädagogische Vorerfahrung von mehr als sechs Monaten, teilweise auch erst von mehr als einem Jahr bedeutsam für die Kompetenzeinschätzung zu sein scheint, was die Bedeutung eines freiwilligen sozialen Jahrs oder vorhergehender Berufstätigkeit hervorhebt. Aus den Ergebnissen können Implikationen für den Gießener Bachelorstudiengang abgeleitet werden, die vor allem die Ermöglichung zusätzlicher pädagogischer Erfahrungen betreffen. Limitierende Aspekte der Untersuchungen liegen in der Selbsteinschätzung, die verschiedene Vor- und Nachteile mit sich bringt. Zudem wäre die Umsetzung eines längsschnittlichen Designs wünschenswert gewesen, was aufgrund eines zu geringen Rücklaufs nicht realisiert werden konnte. Darüber hinaus weist das Grundmodell zur Überprüfung der Messinvarianz Schwächen auf. Die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie führten zudem zu veränderten Bedingungen für die Studierenden sowohl im Studium, als auch in den Praxiserfahrungen, die möglicherweise auch Einfluss auf die eigenen Einschätzungen hatten.

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