Die perioperative Entzündungsreaktion nach Hengstkastration – eine Behandlungsvergleichsstudie zwischen Flunixin und Traumeel ad us. vet.
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Zusammenfassung
Die Kastration von Hengsten ist einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe in der Pferdemedizin und ist mit einem Risiko für postoperative Komplikationen, wie Wundheilungsstörungen oder die Bildung von Ödemen, verbunden. Jeder chi-rurgische Eingriff erzeugt ein Gewebetrauma, wodurch eine Akute-Phase-Reaktion (APR) im Körper ausgelöst wird. Die APR fördert die Reparatur des Gewebes und hilft, die Homöostase des Organismus wiederherzustellen. Die dabei gebildeten Akute-Phase-Proteine (APP) können im Blut gemessen werden. Bei Pferden ist das Serum-Amyloid A (SAA) ein gut untersuchtes APP. Es hat sich als geeigneter Indikator für die Entwicklung von postoperativen Komplikationen erwiesen.
Ziel der klinischen Studie war es, die Wirkung von Traumeel ad us. vet. (Biologi-sche Heilmittel Heel GmbH) (TR-Gruppe, n = 28) und Flunixin-Meglumin (Phlo-goxin, SelectaVet GmbH) (FL-Gruppe, n = 29) auf die postoperative Entzündungsreaktion und die Wundheilung bei Pferden nach einer Kastration zu vergleichen.
Dafür wurden Zeitraum von März 2020 bis September 2021 57 Hengste in die Studie eingeschlossen und randomisiert in die Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Hengste wurden in der Klinik für Pferde der JLU Gießen unter Allgemeinanästhesie und mit zusätzlicher intratestikulärer Lidocain-Anästhesie bedeckt über einen inguinalen Zugang kastriert. Bei allen Pferden wurden die Wunden primär verschlossen.
Die Studienmedikation wurde verblindet verabreicht und die Verblindung wurde durch die Beauftragung von Personen, die nicht an der Studie beteiligt waren, sichergestellt.
Da eine Kastration ein schmerzhafter Eingriff für die Tiere ist, wurden Schmerzmessungen mit Hilfe des Horse Grimace Scales und eines modifizierten Composite Pain Scales durchgeführt. Am Tag der Kastration wurden die Pferde alle 4 Stunden kontrolliert, dann nach 24, 36, 48 und 72 Stunden. Im Anschluss an die Schmerzmessungen erfolgte eine Beurteilung der Kastrationswunden. Die Wunden wurden hinsichtlich möglicher Schwellungen, Nahtadaptation und eventueller Exsudation bewertet und fotografisch dokumentiert.
Blut wurde zu drei Zeitpunkten postoperativ aus dem Venenverweilkatheter entnommen und es wurde jeweils eine hämatologische Untersuchung und eine klinisch-chemische Untersuchung durchgeführt, sowie SAA, Fibrinogen und Interleukin-1ß bestimmt. Plasma-Cortisol wurde zusätzlich als Parameter zur objektiven Beurteilung einer schmerzbedingten Stressbelastung gemessen.
Bei der Auswertung der Entzündungsparameter lagen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen vor. Wie die Ergebnisse der klinisch erhobenen Parameter deuten auch die Ergebnisse der APPs auf eine nur schwach ausgeprägte postoperative APR hin. Die im Blut gemessenen Kreatinin-Werte blieben im Referenzbereich, waren aber in der FL-Gruppe 48 und 72 Stunden postoperativ signifikant höher als in der TR-Gruppe (p = 0,0019 und p = 0,0141).
Die Ergebnisse der Schmerzevaluierungen zeigten, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen vorlagen. Beide Gruppen wiesen lediglich moderate Schmerzwerte auf. Die postoperativen Plasma-Cortisol-Werte blieben bei den Patienten in beiden Gruppen niedrig und im Referenzbereich. Bei genauer Betrachtung bestand 24 Stunden postoperativ ein knapper signifikanter Unterschied (p = 0,0479) zwischen den Behandlungsgruppen mit niedrigeren Werten in der TR-Gruppe. Eine zusätzliche Schmerzmedikation war bei keinem Pferd erforderlich.
Bei den Wundbeurteilungen fielen sechs Hengste im Beobachtungszeitraum mit einer Nahtdehiszenz unterschiedlichen Grades auf. Ein Pferd gehörte zur TR-Gruppe und fünf Pferde gehörten zur FL-Gruppe.
Die größte Limitation der Studie ist das Fehlen einer Placebo-Gruppe, da diese aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigt wurde. Es konnte deshalb nicht sicher nachgewiesen werden, ob die mäßige Ausprägung der APR allein auf die unterschiedlichen Behandlungsregime mit Flunixin oder Traumeel ad us. vet. zurückzuführen war oder ob das prä-, intra- und postoperative Management zusätzlich Einfluss auf den Entzündungsverlauf und das Ausbleiben behandlungsbedürftiger postoperativer Komplikationen hatte.