Genetische Vielfalt von im Gatter gehaltenem Damwild in Hessen
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Zusammenfassung
Damwild war während seiner Entwicklungsgeschichte auf dem ganzen europäischen Kontinent vertreten. Nach seinem Aussterben während der letzten Eiszeit im Großteil dieser Gebiete bevölkerte es schrittweise unter menschlichem Einfluss seine ehemaligen Verbreitungsgebiete erneut. Heutzutage sind Damwildpopulationen wieder weltweit anzutreffen.
Die vorliegende Dissertation beschäftigte sich mit dem heutigen Stand der genetischen Variationen in vier hessischen Damwildpopulationen und verglich die Ergebnisse dabei sowohl untereinander als auch mit den Ergebnissen anderer Literaturstudien zu Damwild.
In dieser Studie wurden hierfür sowohl Stangen- als auch Gewebeproben aus vier hessischen Populationen gewonnen und deren populationsgenetische Kennzahlen sowie die Kennzahlen der einzelnen verwendeten Mikrosatelliten ermittelt.
Die Populationen aus dem WildtierPark Edersee, dem Englischen Garten zu Eulbach, dem Tierpark Sababurg und einer anonymisierten Population wurden mit 25 Mikrosatelliten getestet. Nach Ausschluss der Multilokus-Genotypen aus den Datensätzen und der in mindestens drei der vier Populationen vorgekommenen monomorphen Mikrosatelliten wurden die verbleibenden 229 Proben mit 20 Mikrosatelliten untersucht und die populationsgenetischen Parameter ermittelt. Hierbei wurde auf das Vorliegen einer Abweichung vom Hardy-Weinberg-Gleichgewicht getestet sowie Nullallelfrequenzen und private Allele der untersuchten Populationen bestimmt. Des Weiteren wurden populationsgenetische Parameter, wie die Allelanzahl, der Allelreichtum, die beobachtete und erwartete Heterozygotie sowie der FIS Wert, berechnet. Die effektive Populationsgröße wurde dabei sowohl mittels des NeEstimators als auch auf Grundlage der demografischen Daten bestimmt. Hinsichtlich der Populationsdifferenzierung wurde mit den Werten FST, GST, G'ST, 𝛳 und Jost's D gearbeitet. Zusätzlich wurden ein Dendrogramm, eine Diskriminanzanalyse der Hauptkomponenten, eine Structure Analyse sowie eine Analyse der molekularen Varianz durchgeführt.
Die Ergebnisse wurden mit Daten aus vier fachliterarischen Arbeiten zur genetischen Diversität bei Damwild, welche sich ebenfalls auf Mikrosatelliten stützen, verglichen.
Deren Daten stammten dabei sowohl aus Deutschland als auch aus anderen europäischen Ländern und Kanada.
Durch die populationsgenetische Untersuchung der Damwildproben konnten folgende Erkenntnisse hinsichtlich der Mikrosatelliten und populationsgenetischen Parameter gewonnen werden:
Die vier untersuchten hessischen Damwildpopulationen zeichneten sich durch eine geringe genetische Vielfalt aus. Mit lediglich neun, acht und sechs Allelen in den vier untersuchten Populationen zeigte der Mikrosatellit NVHRT21 dabei die höchsten Allelanzahlen. Im Durchschnitt lagen pro Mikrosatellit lediglich 2,6 Allele in den vier Populationen vor.
Im deutschlandweiten Vergleich zeigte sich in den sechs verglichenen deutschen Populationen ein weitestgehend homogenes Bild mit für die vorliegende Arbeit höheren Werten der verglichenen populationsgenetischen Parameter. Im europäischen und internationalen Vergleich traten die vier untersuchten hessischen Populationen in der genetischen Diversität ebenfalls mit vergleichbaren Werten einer geringen Ausprägung auf. Die Population Sababurg und die anonymisierte Population nahmen dabei zumeist die geringsten Werte an.
In der Population Eulbach zeigte der hohe jährliche Inzuchtzuwachs trotz der hohen beobachteten Heterozygotie eine mögliche Inzuchtproblematik in den kommenden Generationen auf. In der anonymisierten Population sowie in der Population Edersee wiesen die vergleichsweise niedrigen Raten des jährlichen Inzuchtzuwachses auf eine zum Zeitpunkt der Probenentnahme stabile Population hin. Jedoch gab die in der anonymisierten Population geringe beobachtete Heterozygotie einen Anhaltspunkt für zukünftig mögliche Inzuchtproblematiken. Die Population Sababurg zeigte eine zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit bestehende und zukünftig wahrscheinlich noch ansteigende Inzuchtrate, obgleich über alle untersuchten Populationen hinweg keine negativen Auswirkungen einer Inzuchtdepression identifiziert werden konnten.
Trotz der vorherrschenden geringen genetischen Diversität konnte für jede der vier untersuchten hessischen Populationen ein signifikant abgrenzbares Gencluster ermittelt werden. Bei vereinzelten Individuen wurden genetische Anteile anderer Gencluster identifiziert, die aufgrund des jungen Alters der Tiere mit einem früheren genetischen Austausch zwischen den untersuchten Populationen erklärt werden kann.
Untersuchungen zu den Auswirkungen einer Inzuchtdepression bei Damwild sind in der Fachliteratur nur unzureichend dokumentiert. Die identifizierten Auswirkungen werden dabei oftmals als entweder nicht existent oder vernachlässigbar beschrieben. Die Erhaltung möglichst vieler verschiedener Allelvarianten ist für das Management gesunder Herden dennoch als essentiell zu bewerten. Eine Auffrischung der genetischen Diversität sollte in den vier untersuchten hessischen Populationen aufgrund der Gefahr eines Eintrages schädlicher Genvarianten nur mit großer Sorgfalt erfolgen.
Vor dem Hintergrund der durchgeführten Untersuchungen der vorliegenden Arbeit und der Fachliteratur wird die Empfehlung einer ausreichend großen Anzahl von mindestens 16 verwendeten Mikrosatelliten und eines möglichst großen Stichprobenumfangs von mindestens 60 Individuen ausgesprochen, um die statistische Signifikanz der ermittelten Ergebnisse erhöhen und genauere Rückschlüsse über die Population ableiten zu können. Sollen Vergleiche zwischen verschiedenen Studien gezogen werden, muss sich die Auswahl der Mikrosatelliten an den bereits in diesen Studien verwendeten Markern orientieren.
Obwohl sich die vorliegende Arbeit hinsichtlich der populationsgenetischen Parameter damit weitestgehend in die Ergebnisse der bestehenden Studien einreiht, kann sie dazu beitragen, einen Überblick über den aktuellen Stand der genetischen Diversität des Damwilds zu erlangen und eine Hilfestellung zur Erhaltung der bestehenden genetischen Diversität zu geben. Zusätzlich können für die Durchführung weiterer populationsgenetischer Untersuchungen Empfehlungen hinsichtlich der Methodik, des Probenmaterials und des -Umfangs ausgesprochen werden.
Beschreibung
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Anmerkungen
Erstpublikation in
Gießen: VVB Laufersweiler Verlag, 2024