Interindividuelle Unterschiede in Emotionsverarbeitung und -regulation: Familiäre emotionale Expressivität, habituelle Emotionsregulation und elektrokortikale Korrelate
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Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Dissertation wurden die Voraussetzungen geschaffen, um zukünftig den Zusammenhang der beiden Konstrukte familiäre emotionale Expressivität (FEE) und adulte kognitive Emotionsregulation (ER) untersuchen zu können. Dazu wurde zunächst der Familiy Expressiveness Questionnaire (FEQ; Halberstadt, 1983, 1986) übersetzt und die deutsche Übersetzung, der FEQ-GR, hinsichtlich seiner psychometrischen Eigenschaften überprüft (Fragestellung 1).
Des Weiteren wurde ein Paradigma adaptiert, um unmittelbare und überdauernde (differentiellen) Effekte der kognitiven Neubewertungstaktiken Reinterpretation und Distanzieren sowie den Einfluss der habituellen ER auf elektrokortikaler und subjektiver Ebene zu messen (Fragestellung 2).
Zur Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften des FEQ-GR wurde zunächst in Fragestellung 1 die Faktorstruktur überprüft, wobei sich in Einklang mit einigen Befunden (Baker & Crnic, 2005; Jones et al., 1998) eine 3-faktorielle Lösung bestätigte, nämlich positive, negativ-dominante sowie negativ-submissive FEE. Zusätzlich wurde die Konstruktvalidität anhand von Fragebogen zu assoziierten und divergenten Komponenten überprüft, wie beispielsweise des erinnerten elterlichen Erziehungsverhaltens oder der Schüchternheit. Auch die Reliabilitätswerte gemessen anhand der internen Konsistenz lagen in einem zufriedenstellenden bis exzellenten Bereich. Insgesamt ist der FEQ-GR als ein psychometrisch solides Instrument zur Erfassung der FEE während der Zeit des Aufwachsens zu beurteilen.
Bei der Untersuchung der unmittelbaren Wirkung der Neubewertungstaktiken Reinterpretation und Distanzieren zeigte sich in Fragestellung 2, dass Versuchspersonen darin erfolgreich
waren, ihre negativen Gefühle durch beide Taktiken zu verringern. Reinterpretation führte dabei zu einer stärkeren Reduktion. Auch resultierte der Einsatz der beiden Taktiken in eine Verringerung des Late Positive Potentials (LPP; verglichen mit dem Betrachten aversiver Bilder). Bei erneutem Betrachten der Bilder nach einer halben Stunde zeigte sich ein überdauernder Effekt auf subjektiver Ebene, nicht jedoch auf elektrokortikaler. Während der aktiven Emotionsregulationsphase war eine höhere habituelle Neubewertung mit höherer emotionaler Reaktivität in der P300 und dem frühen LPP verbunden. Dieser Befund wurde vor dem Hintergrund diskutiert, dass Individuen, die habituell häufiger Neubewertung anwenden, möglicherweise eine höhere Regulationsbereitschaft aufweisen. Das Emotionsregulationsparadigma erwies sich insgesamt betrachtet als ein geeignetes Verfahren, Effekte der Neubewertung auf elektrokortikaler und subjektiver Ebene zu erfassen.
Bisher liegt weder in einer gesunden noch einer klinischen Stichprobe eine Studie zu unmittelbaren und überdauernden Effekten der ER sowie deren elektrokortikalen Korrelaten in Zusammenhang mit der FEE im Erwachsenenalter vor. Aufgrund des Zusammenhanges beider Konstrukte mit psychischer Gesundheit stellen sie einen Ansatzpunkt für Präventionsprogramme dar (Ogbaselase et al., 2022; Speidel et al., 2020), welcher in zukünftigen Fragestellungen ebenfalls weiter erforscht werden könnte. Durch die vorliegende Dissertation wurden die Voraussetzungen geschaffen, diese anschließenden Fragen tiefergehend zu beleuchten.