Auswirkungen von Examensstress auf die Cortisolreaktion: Cortisol Awakening Response und Reaktion auf eine akute psychische Belastung
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Zusammenfassung
Stress gilt als Risikofaktor hinsichtlich der Entwicklung einer Vielzahl an physischen wie psychischen Erkrankungen, wobei eine Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA) in diesem Kontext als Mediator zwischen chronischem Stress und Morbidität diskutiert wird. Die vorliegende Arbeit untersucht unter quasi-experimentellen, prospektiven und kontrollierten Bedingungen, ob es unter chronischen, d. h. länger andauernden, Stressbedingungen, zu einer veränderten Reagibilität der HHNA kommt. Eine andauernde Stressphase wurde über die Teilnahme am Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung operationalisiert. Als Maß für die Reagibilität der HHNA wurde die akute Cortisolreaktion auf einen standardisierten Laborstressor (Redestressparadigma) über messwiederholt entnommene Speichelproben erfasst. Verglichen wurden Medizinstudierende, die sich in der Examensphase befanden (n = 40), mit Medizinstudierenden ohne Examensbelastung (n = 40). In einem Zeitraum von insgesamt zehn Tagen vor der schriftlichen Prüfung durchliefen alle Teilnehmenden an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Tagen eine akute Stress- sowie eine Ruhebedingung in randomisierter, gegenbalancierter Abfolge. Parallel zur akuten Cortisolstressreaktion erfolgte hier eine Erfassung der akuten psychischen Stressreaktion. Als physiologisches Maß für eine andauernde Belastung wurde zusätzlich die Cortisol-Aufwachreaktion (CAR) an insgesamt vier Messzeitpunkten über die Examensphase hinweg erhoben. Dazu entnahmen die Probandinnen und Probanden an jedem Messzeitpunkt unmittelbar nach dem Aufwachen sowie 30 und 40 Minuten danach je eine Speichelprobe. Es sollte als zweite Hauptfragestellung dieser Arbeit eine veränderte CAR bei Studierenden unter chronischer Stressbelastung dargestellt werden.
Entgegen der Hypothese, dass längerfristige Belastung einen möglichen Moderator für die Reagibilität der HHNA in einer Akutstresssituation darstellt, konnten trotz erfolgreicher Akutstressinduktion weder für die psychische noch für die Cortisolreaktion ein signifikanter Unterschied zwischen den Studierenden mit und ohne Examensbelastung aufgezeigt werden. Aufgrund mangelnder Compliance bei der Entnahme der morgendlichen Speichelproben erfolgte die Auswertung der CAR bei einer reduzierten Stichprobegröße (n = 54). Während alle Probandinnen und Probanden eine typische Aufwachreaktion mit ansteigenden Cortisolkonzentrationen aufwiesen, zeigten sich auch hier keine signifikanten Gruppenunterschiede.
Trotz nicht signifikanter Resultate hinsichtlich der Fragestellungen konnten deskriptiv Geschlechtsunterschiede sowohl für die psychische als auch die physische Stressreaktion auf einen akuten und auch einen andauernden Stressor festgestellt werden, die für eine unterschiedliche Bewertung und daraus folgend eine unterschiedliche Reaktion von Männern und Frauen auf Akutstress unter chronischer Stressbelastung sprechen. Weibliche und männliche Probanden scheinen einer längerfristigen, akademischen Belastung unterschiedliche Qualitäten beizumessen, was in unterschiedlichen Copingstrategien unseres Stresssystems und daraus folgend einem abweichenden Aktivierungsmuster der HHNA resultieren könnte. Dieser Ansatz sollte in prospektiven Studien unter Einbezug größerer Stichproben und breiter gefächerter Stichprobenzusammensetzung weiterverfolgt werden.