Manfred Pflanz (1923-1980). Biographie und Werk eines Protagonisten bei der Institutionalisierung von Sozialmedizin und Medizinsoziologie
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Zusammenfassung
Der Mediziner Manfred Pflanz (1923-1980) war als konzeptioneller Denker und Wissenschaftler ein maßgeblicher Protagonist für die Etablierung und die Entwicklung der Sozialmedizin und Medizinsoziologie in der Bundesrepublik Deutschland. Pflanz habilitierte 1961 unter Thure von Uexküll für Innere und Psychosomatische Medizin. Er wurde 1966 erster außerordentlicher Professor für Sozialmedizin an der Universität Gießen und 1967 erster Lehrstuhlinhaber für Epidemiologie und Sozialmedizin an der neu gegründeten Medizinischen Hochschule Hannover. Seine vielfältigen Tätigkeiten in Fachgremien, als Schriftleiter und Herausgeber von Zeitschriften, als Mitbegründer der Akademie für Sozialmedizin Hannover e.V. (1968) und auch international in der International Sociological Association (1970-1978) und als Gastprofessor an der University of Connecticut, USA (1974-1975) bezeugen sein bemerkenswertes Engagement. Pflanz‘ wissenschaftliches Wirken fiel in eine Zeit, in der die Medizin und die medizinischen Fakultäten von strengen hierarchischen Strukturen und einer klinisch-naturwissenschaftlichen Denkweise geprägt waren. Seine Untersuchungen und Publikationen zur Bedeutung sozialer Faktoren für die Entstehung und Behandlung von Erkrankungen öffneten den Blick für eine Medizin, die den Patienten als ein soziales Wesen in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen und ärztlichen Handelns stellte. Geprägt wurde Pflanz dabei sicherlich von seiner mehrjähriger ärztlichen Tätigkeit in München und Gießen unter Thure von Uexküll, der als zentrale Figur dieser neuen Denkweise gilt. Eine rechtswirksame Bestätigung fand diese Bewegung mit der Integration von Medizinischer Psychologie, Medizinischer Soziologie, Psychosomatik, Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Geschichte der Medizin in die Approbationsordnung von 1970. Widerstände und Konflikte begleiteten diese Entwicklung, wie der Aufschrei der Chirurgen wegen seiner Veröffentlichungen zur Epidemiologie der Appendizitis oder die Auseinandersetzungen um seine Mitwirkung und seinen Austritt aus dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer zeigen. Nicht frei von Spannungen war auch sein Verhältnis zur Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin, deren Gründungsmitglied er war, sowie zu zentralen Vertretern der Sozialmedizin, wie seinem Kollegen Hans Schaefer. Manfred Pflanz trat ein für ein erkenntnisbasiertes ärztliches Handeln und ein systematisch evaluiertes Gesundheits- und Vorsorgesystem. Zentral war für ihn stets eine sozialmedizinische Forschung, die die Bedingungen von Gesundheit und Krankheit erforschte und daraus Lehren für die Diagnostik, die Therapie und die Prävention ableitete.