Untersuchungen zur Überlebensfähigkeit von Francisella tularensis ssp. holarctica in Weißwein, Traubensaft und Traubenmost

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2020

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Vor dem Hintergrund eines Ausbruches der Tularämie, ausgelöst durch den Verzehr frisch gepressten Traubenmostes, wurde die Überlebensfähigkeit des Erregers Francisella (F.) tularensis ssp. holarctica in Traubensaft, Weißwein und Traubenmost mittels Kontaminations- und Lagerungsversuchen untersucht. Bis dato liegen wenige Erkenntnisse zur Überlebensfähigkeit von Francisella in Lebensmitteln vor. Es gibt keine standardisierte Methode zur Isolierung des Erregers aus Lebensmittelproben. Häufig gelingt die Erregerisolierung nicht. Der Nachweis erfolgt dann über molekularbiologische Methoden, welche keine Aussage über die Lebensfähigkeit des Erregers erlauben. Um das Infektionsrisiko durch die Lebensmittel Traubensaft, Weißwein und Traubenmost besser abschätzen zu können, wurden diese Matrizes in der vorliegenden Arbeit künstlich mit dem Erreger inokuliert und dessen Überlebensfähigkeit für bis zu 42 Tage untersucht. Dazu wurde der Martin-Lewis-Agar (MLA) sowie als Nährbouillon das „Tularemic-(T-)Medium“ verwendet. Um die Sicherheit im Labor zu gewährleisten, wurde weiterhin untersucht, ob sich während der Gärung kontaminierten Traubenmostes erregerhaltiges Aerosol bildet. Die Untersuchungen mittels quantitativer Polymerasekettenreaktion (qPCR) erfolgten nach der Amtlichen Methodensammlung „Tularämie“ des Friedrich-Loeffler-Institutes (FLI) (2014), die auf dem Protokoll nach Versage et al. (2003) basiert. Als Grundlage zur Detektion von Erregerzellen, die sich im lebensfähigen, aber nicht kultivierbaren Status (engl.: viable-but-non- culturable; VBNC) befinden, wurde eine qPCR mit langem Amplikon (engl.: long amplicon; LA) (LA-qPCR) entwickelt, welche zukünftig mit dem Einsatz der DNA-interkalierenden Substanz Propidium-Monoazid (PMA) kombiniert werden könnte (PMAqPCR). Insgesamt wurden 176 Proben in Kontamination- und Lagerungsversuchen untersucht und miteinander verglichen, davon 65-mal Weißwein, 64-mal Traubensaft und 47-mal Traubenmost. Als Inokula dienten neun F. tularensis ssp. holarctica-Wildtypstämme, die in unterschiedlichen Zusammensetzungen („Pool“) berücksichtigt wurden. Aus Sicherheitsaspekten wurde auch die Möglichkeit einer Laborinfektion einbezogen, insbesondere bezüglich der Gärungsversuche mit Traubenmost. Es konnte gezeigt werden, dass während der Gärung unter Laborbedingungen kein Erreger-haltiges Aerosol gebildet wurde. Erstmalig (!) können für Francisella tularensis Subspezies holarctica Angaben zu Halbwertzeiten (HWZ) in Lebensmitteln vorgelegt werden. Francisella-Populationen starben in Weißwein, je nach Zusammensetzung der Poole, mit HWZ von 4,4 h bzw. 6,96 h ab. Nach sieben Tagen konnten die ursprünglich in einer Größenordnung von ca. 107 Kolonie-bildenden Einheiten pro Milliliter (KbE/ml) zugesetzten Francisellen nicht mehr nachgewiesen werden. Insgesamt konnte also eine Reduzierung um sieben Zehnerpotenzen (Log-Einheiten) innerhalb einer Woche gefunden werden. In Traubensaft ebenso wie in Traubenmost zeigte sich eine zweiphasige Absterbekinetik. Einer ersten Phase beschleunigten Absterbens schloss sich eine retardierende Phase an. Beim Traubensaft lagen die HWZ bei 13,5 h bzw. 47 h. Es konnte eine 6-Log-Reduzierung innerhalb von sechs Wochen ermittelt werden. Bei Traubenmost ergab sich eine HWZ von 11,7 h in der ersten und von 61 h in der zweiten Phase. Es wurde eine 5-Log-Reduzierung innerhalb von drei Wochen festgestellt. Für die erste Woche ergab sich eine 4-Log-Reduzierung. MLA erwies sich als Medium der Wahl für die Anzüchtung von Francisella. Das T-Medium erwies sich für die Anzüchtung von vorgeschädigten Francisella-Zellen aus Weißwein als nicht geeignet. Es ist zu vermuten, dass im Sinne der Hürdentechnologie der Alkohol- und Säuregehalt zu einer Schädigung der Francisella-Zellen führt, die sich somit einer kulturellen Anzüchtung im Flüssigmedium entziehen. Da die Anzucht von Francisella schwierig und zudem zeit- und materialintensiv ist, besteht weiterhin Bedarf an einer kulturunabhängigen Schnellmethode zum Nachweis von F. tularensis spp., die auch eine Identifizierung von Zellen im VBNC-Status ermöglicht. Als Grundlage dafür könnte die in der vorliegenden Arbeit entwickelte LA-qPCR mit einer Amplikonlänge von 239 Basenpaaren dienen. Basierend auf den eigenen Untersuchungen kann davon ausgegangen werden, dass Weißwein und Traubensaft kein Risiko hinsichtlich einer Infektion durch F. tularensis ssp. holarctica darstellen. Im Gegensatz dazu stellt frisch gepresster Traubenmost eine Gefährdungsquelle dar. Auf entsprechenden Konsum sollte daher verzichtet werden.

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Gießen: VVB Laufersweiler Verlag, 2020

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