Modifikation des Risikoprofils durch Adipositas in der Herzchirurgie - Hat Adipositas ein isoliertes Risiko für Patienten nach einer Herzoperation?
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Zusammenfassung
Übergewicht und Adipositas sind assoziiert mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko und der Entstehung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. In deren Folge können pathologische Veränderungen des Herzen entstehen mit Indikation zur herzchirurgischen Versorgung. Der Einfluss von Übergewicht und Adipositas auf das Risikoprofil für herzchirurgische Eingriffe wurde untersucht.
Eine statistische Auswertung von 497 Patienten, die sich sechs verschiedenen herzchirurgischen Eingriffen unterzogen, wurden prä- und postoperativ erfasst. Alle erfassten Daten zu Adipositas und kardiochirurigschen Interventionen stehen in Bezug zur aktuellen Forschung. In einem ein- und sechsmonatigem Follow-up wurden weitere Daten mittels Telefoninterview erhoben. Alle Daten wurden anhand der WHO-Klassifikation in vier BMI-Klassen eingeteilt und miteinander verglichen.
Die demographische Entwicklung und die Korrelation zwischen Adipositas und kardiovaskulären Erkrankungen lässt Rückschlüsse auf einen steigenden zukünftigen Bedarf an herzchirurigischen Operationen zu. Das berücksichtigte Patientenkollektiv ist sehr überschaubar und dadurch an mancher Stelle nicht signifikant aussagkräftig, lässt aber durchaus einen Trend erkennen. Die Probanden waren zwischen 63 und 77 Jahre alt, den größten Anteil bildeten Übergewichtige (n = 231) und den kleinsten Anteil Personen, die am stärksten an Adipositas leiden (n = 37). Es wurden insgesamt vier BMI Gruppen gebildet, deren Einteilung in Anlehnung der WHO erfolg-te. Untergewichtige Patienten und Normosome wurden wegen der geringen Teilnehmerzahl (n = 113) und der damit verbundenen statistischen Signifikanz zusammengefasst als Gruppe eins mit einem BMI < 25 kg/m2.
Die jüngsten Patienten der Studie mit durchschnittlich 68 Jahren waren mit Adipositas Grad I oder höher assoziiert. Daraus könnte man schließen, dass jüngere Menschen aufgrund ihres erhöhten Körperfettes kränker sind. Kardiospezifische Vorerkrankungen standen in keinem statistischen Zusammenhang mit dem BMI. Hypertonie, Diabetes und Dyslipidämie waren signifi-kant über die Gruppen verteilt und zeigten eine deutliche Steigerung bei Probanden mit Adipositas Grad I und höher. Diese Erkrankungen zusammengefasst unter dem Begriff metabolisches Syndrom, erlauben die Aussage, dass Probanden mit Adipositas-Assoziierten BMI-Gruppen ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko präoperativ mit in die Operation bringen. Viele Probanden mit Adipositas Grad II oder höher hatten bereits im Vorfeld eine kardiologische Intervention. Laborchemisch fielen die HDL- und Triglyceridwerte in der BMI-Verteilung besonders auf. Ab der Gruppe der Übergewichtigen nahmen die HDL-Werte im Verlauf ab, wodurch die Probanden die kardioprotetive Wirkung dieser Proteine verloren hatten. Gegenstand der Studie waren insgesamt sechs verschiedene herzchirugische Verfahren. Am häufigsten erfolgte eine Bypass-versorgung über alle BMI-Klassen hinweg. Die Mortalität war insgesamt sehr niedrig und eine Abhängigkeit zum BMI war nicht erkennbar. Es starben geringfügig mehr Patienten mit einem BMI über 35 kg/m2. Diese Aussage gilt nicht als statistisch signifikant und sollte in einer größeren Population reevaluiert werden.
Postoperativ war die stationäre Versorgungsdauer sowohl des gesamten Krankenhausaufenthaltes als auch die Intensivstationszeit bei Adipositas-Grad-I-Patienten am höchsten. Postoperative Komplikationen stehen in keinem Zusammenhang mit dem BMI. In der Gruppe mit den Normalgewichtigen mussten die meisten Re-Eingriffe durchgeführt werden.
Im Follow-up über einen und sechs Monate wurden drei Parameter statistisch signifikant ausgewertet. Die Belastbarkeit stieg präoperativ von 5,10 Punkten im Mittel über 6,02 Punkte im Mittel einen Monat nach der Operation, bis hin zu 6,64 Punkten im Mittel stufenweise signifikant an. Über das gesamte Kollektiv ist somit eine Steigerung der Belastbarkeit von im Schnitt 1,54 Punkten zu verzeichnen.
Die gravierendsten Unterschiede sind in Gruppe vier mit einem BMI über 35 kg/m2 zu ver-zeichnen. Sie sind mit der subjektiv niedrigsten Belastbarkeit in der Studie gestartet (4,36 Punkte) und machten über ein halbes Jahr postoperativ die größten Fortschnitte mit im Mittel 2,08 Punkten. Ein weiterer Parameter ist Dyspnoe. Innerhalb des gesamten Patientenkollektivs ver-besserte sich die Dyspnoe präoperativ von 5,17 Punkten im Mittel über 2,88 Punkte im Mittel einen Monat nach der Operation bis hin zu 2,41 Punkten durchschnittlich nach einem halben Jahr.
Die besten Ergebnisse zeigen die Einschätzungen bei Patienten mit Adipositas Grad I. Mit 3,29 Punkten im Mittel sind sie in Bezug auf Dyspnoe die klaren Profiteure von einer Herzoperation. Nach einem und nach sechs Monaten waren die Patienten mit einem BMI über 35 kg/m2 am zufriedensten mit ihrem postoperativen Gesundheitszustand und konnten eine Verbesserung feststellen. Am wenigsten hat sich der Zustand bei Patienten mit Adipositas Grad I nach einem Monat verändert. Nach sechs Monaten gaben allerdings die meisten aus der Gruppe mit Übergewicht an, keinen Unterschied zu ihrem Zustand vor der Operation zu erkennen. Eine Ver-schlechterung nach einem Monat äußerten die meisten normosomen Patienten. Diese Haltung änderte sich auch nach einem halben Jahr nicht.
Die Bemessung des BMIs, welche als Basis für die Hypothese des Obesity Paradox gilt, unterscheidet nicht zwischen dem Geschlecht, dem Alter oder der Körperfettzusammensetzung. Die Einteilung nach BMI-Gruppen erfolgt in dieser Studie zur besseren Vergleichbarkeit mit der aktuellen Fachliteratur, in der weiterhin der Body-Mass-Index als Standard zur Erfassung gilt. Sinnvoller wäre weiterhin, auf die Fettverteilung bei Patienten zu achten, um ungünstigeres viszerales Fettgewebe und die damit verknüpften Risiken schneller erkennen zu können.
Pauschal bestätigten die vorliegenden Daten Adipositas als Risikofaktor für Herzchirurgie nicht. Es sollte in weiteren Studien eine gezieltere Differenzierung der BMI-Klassen erfolgen, um Kachexie als Risikofaktor zusätzlich zu berücksichtigen und die gefundenen Unterschiede zwischen Übergewicht und Adipositas in einer größeren Population zu beurteilen.