Risikoeinschätzung einer transfusionsbedingten bakteriellen Infektion von Yersinia enterocolitica aufgrund von Experimenten zur in vitro Kontamination von Blut und unter Einbezug von Daten aus Epidemiologie und Hämovigilanz

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2016

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Yersinia enterocolitica wird durch den Verzehr von kontaminierten Nahrungsmitteln, vor allem durch ungenügend durchgegartes oder rohes Schweinefleisch, aber auch durch verunreinigtes Wasser auf Menschen übertragen. Seit 2001 ist die Yersiniose eine meldepflichtige Zoonose. Die Anzahl der Neuerkrankungen hat sich bei Frauen und Männern im blutspendefähigen Alter seit Erfassung in 2001 von 2276 auf 991 Fälle im Jahr 2015 reduziert.Weiterhin kann diese Spezies durch die Transfusion von Blut asymptomatischer Spender weitergegeben werden. Für die sinkenden Zahlen von transfusionsbedingten Übertragungen durch Yersinia enterocolitica in den letzten Jahren wird die in einigen Ländern eingeführte Leukozytenfiltration von zellhaltigen Blutkomponenten verantwortlich gemacht. Gründe hierfür waren einerseits die Übertragung der Creutzfeld-Jakob-Krankheit zu unterbinden und andererseits Immunreaktionen beim Empfänger durch Spenderleukozyten zu begegnen. Da sich Y. enterocolitica an Leukozyten anlagert bzw. in Leukozyten eindringt und dort überlebt, ist eine Abreicherung dieser Bakterien durch die Leukozytenfiltration in Blutkomponenten möglich. Bei Körpertemperatur exprimiert Y. enterocolitica die notwendigen Proteine, um im Wirt überleben und sich vermehren zu können. Die Genloki hierfür liegen auf dem Bakterienchromosom und auf einem Virulenzplasmid (pYV), das essenziell für das Überleben im Wirt ist. In vitro kann es verloren gehen. Die exprimierten Virulenzproteine ermöglichen dem Bakterium sich an Wirtszellen zu adhärieren und einzudringen. So können sie sich gegen Phagozytose und Komplement behaupten. Apathogene Stämme der Spezies können im Wirtsorganismus nicht überleben. In der vorliegenden Arbeit wurden plasmidhaltiges und plasmidloses Referenzmaterial von Y. enterocolitica des Serotyps O:3 hergestellt. Die Anzahl der lebenden sowie plasmidhaltigen Bakterienzellen wurde erfasst. Zur speziesspezifischen Kontrolle wurde ein plasmidloser Stamm mitgeführt, der chromosomal kodierte Virulenzfaktor ail war hier noch vorhanden. Beide Referenzstämme wurden aliquotiert tiefgefroren und zeigten über zehn Jahre hinweg stabile Keimzahlen und einen stabilen Plasmidbesitz. Somit eignen sie sich zur Herstellung von standardisierten Bakteriensuspensionen. Die quantitative Bestimmung plasmidhaltiger Zellen war auf Basis der Koloniegröße möglich, da die erhöhte Produktion von auf dem Plasmid kodierten und zur Pathogenität benötigten Yersinia outer Proteins (Yops) mit einem leicht verzögertem Wachstum der plasmidhaltigen Kolonien einhergeht. In dieser Arbeit wurde erstmals ein standardisierter pYV-positiver Referenzstamm eingesetzt, um den Einsatz von pathogenen Bakterien zu verifizieren. In bisher durchgeführten Studien wurden meist Patientenisolate von Y. enterocolitica verwendet, die im Vorfeld nicht auf ihren Plasmidgehalt untersucht worden waren.Die standardisierten Bakteriensuspensionen wurden zur Evaluierung der Leukozytenfilter mit verschiedenen Matrizes (Erythrozytenkonzentrat, Additivlösung für Erythrozytenkonzentrat, physiologische Kochsalzlösung), zur Verteilung von Y. enterocolitica in Vollblut und seinen Komponenten im Labormaßstab sowie unter Routinebedingungen in den Blutspendediensten genutzt. Die Ergebnisse dieser Arbeit haben gezeigt, dass sich die Bakterien bei der Zentrifugation zur Herstellung der Blutkomponenten in alle Phasen verteilen. Im Plasma wurden nur noch sehr wenige bis keine Bakterien mehr gefunden. Es wird angenommen, dass die im Plasma enthaltene unspezifische Abwehr des Wirtes (Komplementsystem) Y. enterocolitica eliminieren kann. In Vollblutspenden, die mit dem plasmidhaltigen Referenzstamm von Y. enterocolitica kontaminiert worden waren, konnte erst bei Inokulationskeimzahlen größer 20 KBE/ml in zwei von sechs hergestellten Erythrozytenkonzentraten Wachstum detektiert werden. Eine dieser positiven Komponenten war filtriert worden und wies überraschenderweise Wachstum von Y. enterocolitica auf. Eine vollständige Eliminierung von Y. enterocolitica durch Leukozytendepletion kann demnach nicht erreicht werden. Im Experiment zur Effektivität der Leukozytendepletion mit unterschiedlichen Matrizes wurde eine sehr effektive Retention (99,8%) von plasmidhaltiger Y. enterocolitica mit Additivlösung erreicht. In frischen unfiltrierten Erythrozytenkonzentraten konnten Retentionsraten von ca. 98% erfasst werden. Im Trockenfilter mit 0,85%iger NaCl-Lösung wurde eine durchschnittliche Retention von 97% erzielt. Der zum Vergleich eingesetzte plasmidlose Y. enterocolitica Stamm zeigte in Kochsalzlösung (26%-86%) und der filtriertem roten Blutkomponente (69%-93%) sehr unterschiedliche und gleichzeitig schlechtere Adhäsionseigenschaften. Transfusionszwischenfälle mit Y. enterocolitica durch kontaminierte Erythrozytenkonzentrate beruhen wahrscheinlich auf den plasmaarmen und dadurch günstigen Umgebungsbedingungen für das Bakterium. Die seit 2001 eingeführte Leukozytenfiltration kann zur Reduktion von Y. enterocolitica (Serotyp O:3) beitragen, bietet aber keinen vollständigen Schutz vor einer Übertragung. Diese tendenzielle Abnahme transfusionsbedingter bakterieller Infektionen in Deutschland kann zusätzlich durch die sinkende Prävalenz von Yersiniosen in Deutschland und die damit verbundene sinkende Wahrscheinlichkeit von kontaminierten Blutspenden erklärt werden. Eine nahezu 100-prozentige Sicherheit wäre durch die Einführung eines Bakterienscreenings der Blutkomponenten möglich (z.B. mit Blutkulturautomaten). Hierbei könnten auch andere kontaminierende Mikroorganismen erfasst werden.


Yersinia enterocolitica is commonly transmitted to humans by contaminated food, especially by insufficient cooked or raw pork, but also via contaminated water. Since 2001, the Yersiniosis is a notifiable zoonosis. The number of new cases of women and men aged between 20 and 69 has been decreased during the last 15 years from 2276 cases to 991 cases. This species can also be transferred via transfusion of contaminated blood from asymptomatic donors. The reduction of transfusion-transmitted infections due to Yersinia enterocolitica in the last years is associated with the implementation of leukodepletion in different countries. Reasons for this implementation were to stop the transmission of Creutzfeld-Jacob-Disease as well as to avoid immune reactions from donor leukocytes in recipients. Because these bacteria are able to adhere to or invade in leukocytes and survive therein, it is possible to reduce the bacterial load in blood components via leukodepletion.At body temperature Y. enterocolitica expresses the necessary proteins to survive and replicate in the host. The genes for virulence are located on both the chromosome and on the plasmid pYV. The plasmid is crucial for survival in the host. However, it can be lost in vitro. The expressed proteins for virulence enable the bacteria to adhere to and enter the host cell. They mediate the resistance to phagocytosis and complement killing. In contrast, apathogenic strains of this species cannot prevent being killed from the hosts immune defence. In this thesis two bacterial reference strains of Y. enterocolitica, serotype O:3 were studied, one plasmid containing virulent strain and one strain lacking the plasmid. Their viable bacterial count and the number of plasmid containing bacterial cells were evaluated. For species specific control the plasmid lacking strain was carried along, because in this strain the chromosomal located ail gene was present, too. Both strains were stored deep-frozen in aliquots. They showed stable bacterial counts and plasmid containing cells over ten years. These characteristics made them suitable for the application as standardized bacterial suspensions. Due to the size of colonies, it was possible to quantify plasmid containing bacterial cells. Based on the enhanced production of the plasmid coded Yersinia outer proteins (Yop) that are necessary for pathogenicity the replication of these cells was prolonged. Therefore the plasmid containing colonies appeared smaller. This is the first time that a standardized pYV-positive strain was used for experiments to ensure the pathogenicity of the bacteria. The two reference strains were used to evaluate the leukocyte filters with different matrices (red blood cells (RBCs)/ additive solution for RBCs/ saline) for distribution of Yersinia enterocolitica in whole blood and its components in laboratory-scaled experiments as well as under conditions in the blood bank routine.The results demonstrated the distribution of bacteria in all components. In plasma, only a few or no bacteria could be detected. It is assumed that the immune defence mechanism of the donor (complement) has been eliminated Yersinia enterocolitica.Whole blood, contaminated with the plasmid containing reference strain of Yersinia enterocolitica, growth was detected at an initial colony count of 20 cfu/mL in two of six derived red blood components. Even though one of these two components was leukodepleted, it showed bacterial growth. Therefore a complete elimination of Yersinia enterocolitica cannot be achieved with this method. The leukodepletion with a wet filter of plasmid containing Yersinia enterocolitica showed an effective retention of 99.8% in additive solution. Together with fresh and not leukodepleted RBCs, Yersinia could be retained with a percentage of 98%. Compared with the matrix saline filtered through a dry filter an average retention of 97% could be achieved. The strain lacking the plasmid showed a divergent and lower adhesion to this filter material in saline (26%-86%) as well as in leukodepleted RBCs (69%-93%). It is assumed that transfusion-transmitted bacterial infections due to contaminated red blood cells with Yersinia enterocolitica depend on the plasma poor RBCs and therefore suitable environmental conditions for the bacteria. The leukodepletion, implemented in 2001 may have contributed to a decrease of transfusion transmitted infections with Yersinia enterocolitica (serotype O:3) but does not offer full protection. Additionally the downward trend might have been caused by the decreasing prevalence of Yersiniosis in Germany and the related declining likelihood of contaminated blood donations. An almost 100 percent safety might be achieved due to the implementation of a bacterial-screening method of blood components (i.e. culture-automated systems). With this preventive measure other contaminating microorganisms could be detected, too.

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