Die Bedeutung der Glutaredoxine und Thioredoxine für die pankreatische β-Zelle bei Diabetes mellitus
Datum
Autor:innen
Betreuer/Gutachter
Weitere Beteiligte
Herausgeber
Zeitschriftentitel
ISSN der Zeitschrift
Bandtitel
Verlag
Zitierlink
Zusammenfassung
Die Diabetologie erlebt eine rasante technologische und pharmakologische Entwicklung mit zahlreichen neuen Behandlungsmöglichkeiten. Die Insuffizienz und der Verlust der pankreatischen, einzig insulinproduzierenden β-Zellen ist bisher im klinischen Alltag jedoch nach wie vor nicht gezielt therapierbar. In der vorliegenden Arbeit wurden die Gluta- und Thioredoxine
als potentielle Zielproteine für neuartige Therapien in verschiedenen Modellen des Diabetes mellitus untersucht. Diese ubiquitär exprimierten Proteine beeinflussen grundlegende zelluläre Funktionen. Glutaredoxin (Glrx) 1 und 2 sind wesentlich für die zelluläre Redoxregulation. Glrx3 und 5 werden für die Biosynthese der mitochondrialen Eisen-Schwefel (FeS)-Kofaktoren und die Reifung von FeS-Proteinen benötigt. Die Thioredoxine (Trx1 und 2) sind in die Regulation der DNA-Synthese, Genexpression, den Zellzyklus und die Immunmodulation eingebunden.
Das Glutaredoxinsystem wurde im Kontext der Lipotoxizität untersucht. Die verfügbaren Erkenntnisse zur Auswirkung letzterer auf die β-Zellen wurden in einer ausführlichen Übersichtsarbeit zusammengestellt und diskutiert. Es konnte herausgearbeitet werden, dass die Beurteilung der vorhandenen Literatur wesentlich durch die heterogenen methodischen Ansätze erschwert wird. Parameter wie die Zusammensetzung der Fettsäurelösungen, die Kultivierungszeit, die Kettenlange der Fettsäuren, ihre Sättigung und vor allem ihre Konzentration führen zu mitunter stark divergierenden Ergebnissen. Solche Einflüsse wurde im murinen β-Zellmodell anhand der MIN6-Zelle untersucht. Es zeigte sich, dass z.B. die optische Dichte des MTT-Assays und die Insulinsekretion in hohem Maße von der Zusammensetzung der Fettsäurelösung, des verwendeten Lösungsmittels und der Behandlungsdauer abhängig sind. Aus der Untersuchung erwuchs ein Standardprotokoll zur Herstellung von Fettsäurelösungen zwecks Sicherstellung der Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit, welches bereits von anderen Autoren angewendet wurde.
Anhand von homozygoten, leptinresistenten db-Mäusen, welche spontan eine Adipositas mit Diabetes mellitus entwickeln, konnte erstmals den Verlust der insulären Glutaredoxine, insbesondere 1 und 5, nachgewiesen werden. Dieser Befund korrelierte mit dem diabetischen Phänotyp der Tiere und tiefgreifenden, pathologischen Veränderungen der Proliferation, Apoptose, Morphologie, zellulären Zusammensetzung und Funktion ihrer Langerhans’schen Inseln sowie einer gesteigerten insularen ROS-Produktion im Vergleich zu den gesunden Kontrollen, heterozygoten db-Tieren bzw. C57BL/6-Wildtypen. In einer weiteren Studie wurde der Verlust des insulären mitochondrialen Glrx5 auch in einem Mausmodell des per stark fetthaltiger Diät induzierten Diabetes mellitus mit Adipositas nachgewiesen. Bemerkenswerterweise führte die Umstellung der Ernährung auf eine Standardkost neben der Regredienz des Phänotyps und der Wiederherstellung der Glukosetoleranz in C57BL/6-Tieren auch zu einer Rekonstitution der insulären Glrx5-Expression. Anhand von MIN6-Zellen wurden die Effekte der Lipo-, Glukotoxizität und Inflammation separiert. Die Lipotoxizität stellte sich als Mediator des Glrx5-Verlusts heraus, wohingegen die Hyperglykämie und inflammatorische Zytokine keinen Einfluss auf die Expression des Redoxins nahmen. Die β-Zellen mit Glrx5-Verlust wiesen eine ausgeprägte mitochondriale Dysfunktion, charakterisiert durch den Mangel an ATP, dem Überfluss von ROS und der gestörten mitochondrialen Bioenergetik auf. In Folge dessen war die endokrine Funktion, gemessen an der Insulinsekretion, signifikant beeinträchtigt. Als Schlussfolgerung wird Glrx5 als potenzielles Bindeglied zwischen der Lipotoxizität, der mitochondrialen Dysfunktion und der gestörten Insulinsekretion der β-Zelle im Diabetes mellitus angesehen.
Das Thioredoxinsystem wurde im Kontext der Inflammation sowie der Hypoxie und Reoxygenierung untersucht. Erstmals wurde im Modell der Schwein-zu-Maus-Inseltransplantation, der MIN6-Zelle sowie humanen Blutproben aus der klinischen Inseltransplantation eine kompartimentalisierte Regulation der zytosolischen, mitochondrialen und extrazellulären Thioredoxine nachgewiesen. Zudem konnte die Sekretion von Trx1 aus der β-Zelle, welche jedoch eine funktionierende Trx-Reduktase voraussetzt, gezeigt werden. Das sezernierte Trx1 übte eine redoxvermittelte parakrine Wirkung auf die Langerhans’schen Inseln und MIN6-Zellen aus und forderte deren Viabilität und Insulinsekretion.
Folglich wird für die Gluta- und Thioredoxine Potential für weitere translationale Forschungsbemühungen im Hinblick auf β-zellerhaltende und -regenerative Therapien gesehen.