Identifizierung und Charakterisierung von Wirkstoffen und Targets für neue Bekämpfungsansätze gegen Trematoden

dc.contributor.advisorGrevelding, Christoph
dc.contributor.authorHäberlein, Simone
dc.date.accessioned2024-08-06T09:07:43Z
dc.date.available2024-08-06T09:07:43Z
dc.date.issued2021
dc.description.abstractSchistosomen und Leberegel gehören zu den medizinisch bedeutsamsten Trematoden, weshalb die Kontrolle dieser Zoonose- und NTD-Erreger und die Suche nach neuen, effizienteren Bekämpfungsansätzen hohe Priorität hat. Die Grundlagenforschung kann hierzu über die Identifizierung neuer aktiver Substanzen und die Charakterisierung von Targets, also zellbiologischer “Achillesfersen” der Erreger, einen wichtigen Beitrag leisten. Im Bereich der Target-basierten Wirkstoffforschung wurden hier erstmals Autophagie-assoziierte Proteine in *Schistosoma mansoni* und ausgewählte Proteinkinasen in *Fasciola hepatica* untersucht. Dazu gehören die Fragen, welche Parasitenstadien diese Proteine exprimieren und in welchen ihrer Gewebe, ob pharmakologische Inhibierung der Proteinaktivität zum Absterben des Parasiten führt, und welche Wirkmechanismen daran beteiligt sind. Im Bereich des Wirkstoffscreenings wurden ausgewählte Naturstoffe aus Insekten hinsichtlich ihres antischistosomalen Potentials untersucht. In *F. hepatica* wurden bioinformatisch zunächst fünf vielversprechende Proteinkinasegene identifiziert. In situ-Hybridisierungen und quantitative realtime-PCR (qRT-PCR) zeigten, dass Abl-Tyrosinkinasen in allen pathologisch relevanten Parasitenstadien hoch exprimiert vorliegen, v.a. in der Gastrodermis. Aufgrund der hohen Konserviertheit vieler Proteinkinasen ist es aussichtsreich, Kinaseinhibitoren aus der Humanforschung auch gegen *Fasciola* zu testen. In der Tat zeigte der Abl-Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib eine deutliche, stadienübergreifende fasziolizide Wirkung *in vitro*. Um einen ersten Einblick in die Wirkungsweise von Imatinib im Leberegel zu erhalten, quantifizierten wir die Expression von Genen mit Beteiligung an der Regulation von oxidativem Stress, Zellzyklus und *drug efflux* aus Zellen. Die erhöhte Expression eines Superoxiddismutase-Gens deutete eine Induktion bzw. Abwehr oxidativen Stresses im Wurm nach Imatinib-Exposition an. Über hochauflösende bildgebende Atmosphärendruck-Matrix-unterstütze Laserdesorptions/-ionisations-Massenspektrometrie (AP-sMALDI-MS Imaging) wurde die Aufnahmeroute und -kinetik sowie der Gewebetropismus von Imatinib in *S. mansoni* und *F. hepatica* untersucht. Imatinib war bereits nach wenigen Minuten vorrangig im Gastrodermisgewebe detektierbar, was eine orale Aufnahme vermuten ließ. Schließlich konnten wir im Gewebe beider Spezies eine Metabolisierung von Imatinib zu N-Demethyl-Imatinib nachweisen, dem Abl-Kinase inhibierenden Metabolit, welches auch im Menschen gebildet wird. Es ist anzunehmen, dass das Metabolit zur anthelmintischen Aktivität von Imatinib beiträgt. Neben Proteinkinasen stellen Autophagie-assoziierte Proteine aufgrund ihrer vielfältigen Rolle in der Zellbiologie attraktive Wirkstofftargets dar. Autophagie beinhaltet die gesteuerte Degradation zellulärer Bestandteile durch autophagolysosomalen Verdau und dürfte, wie für andere Eukaryoten, auch für Trematoden lebenswichtig sein. Beispielhaft für *S. mansoni* wurde untersucht, welche Proteine des Autophagiesystems in diesem Parasiten existieren und welche Rolle Autophagie für dessen Zellerhalt, die Reproduktion und letztlich das Überleben des Parasiten spielt. Konservierte Autophagie-Gene konnten in *S. mansoni* sowohl bioinformatisch als auch über qRT-PCR und Western Blot erstmals nachgewiesen werden. Pharmakologische Inhibierung der Autophagie im Wurm mit Inhibitoren aus der Humanforschung hatte eine deutliche antischistosomale Wirkung *in vitro*. Bafilomycin A, ein Makrolidantibiotikum und V-ATPase-Inhibitor, und der Phosphoinositid-3-kinase (PI3K)-Inhibitor Wortmannin reduzierten nicht nur die Fitness der Würmer, sondern schädigten spezifisch die Keimzellen in den Gonaden und beeinträchtigten die Bildung von Eiern. Wir vermuten, dass Autophagie u.a. für die Reproduktion von Schistosomen ein essentieller Prozess ist. Neben dieser Target-basierten Forschung ist das Screening von Naturstoffbibliotheken ein wichtiger Bestandteil der Wirkstoffforschung. Obwohl auch Insekten ein riesiges Arsenal bioaktiver Substanzen produzieren, wurden Naturstoffe aus Insekten in der Anthelmintika-Forschung bislang nahezu ignoriert. Hier wurden als Pilotstudien erstmals Substanzen aus der Hämolymphe des Asiatischen Marienkäfers *Harmonia axyridis* und dem Venom der Raubwanze *Rhynocoris iracundus* *in vitro* gegen *S. mansoni* getestet. Die Substanzen werden von den beiden Spezies zur Verteidigung gegen Pathogene, Konkurrenten oder Prädatoren eingesetzt, zeigten aber auch pleiotrope antischistosomale Effekte. Für beide Substanzen wurde überdies eine inhibitorische Wirkung auf die Stammzellproliferation im Parasiten festgestellt. Da Stammzellen essentiell für Wachstum und Entwicklung der Parasiten sind, stellen Substanzen, die mit der Stammzellaktivität der Parasiten interferieren, attraktive Wirkstoffkandidaten dar. Für das Alkaloid Harmonin wurde ein möglicher Wirkmechanismus in der Inhibierung der enzymatischen Aktivität der schistosomalen Acetylcholinesterase gefunden. Eine Translation der Ergebnisse auf *F. hepatica* ist vielversprechend, denn in ersten Tests tötete Harmonin juvenile Leberegel innerhalb kürzester Zeit. Im Rahmen der Arbeiten wurden verschiedene molekular- und zellbiologische Methoden für die Analyse von Targets und Wirkstoffen in Trematoden optimiert bzw. etabliert. Dazu gehören die (1) Optimierung einer verlässlichen Genexpressionsanalyse in beiden Trematodenspezies durch bioinformatische und experimentelle Validierung von Referenzgenen für den Einsatz in qRT-PCRs, (2) die Quantifizierung von Stammzellen im Parasiten nach Substanzbehandlung mittels fluoreszenzbasierter 3D-Analysen, und in Kooperation (3) AP-sMALDI-MS Imaging zum bildgebenden Nachweis von Wirkstoffen im Parasitengewebe. Diese Methoden werden auch in zukünftigen Studien zu *S. mansoni* und *F. hepatica*, und bei entsprechender Translation darüber hinaus, tiefere Einblicke in den Wirkmechanismus anthelmintischer Substanzen liefern. Die Kombination aus anwendungsorientierter Substanztestung und grundlagenwissenschaftlich orientierter, molekularer Target-Forschung stellt insgesamt eine vielversprechende Strategie zur Identifizierung neuer Bekämpfungsansätze gegen *S. mansoni* und *F. hepatica* dar. Zukünftig könnten Kombinationstherapien, etwa von Proteinkinase- und Autophagieinhibitoren, systematisch gegen Schistosomen und Leberegel getestet werden, um einen potenzierenden Effekt zu erzielen. Ziel internationaler Forschung sollte es auch sein, ein umfassenderes Wissen über das Kinom in *F. hepatica* zu erlangen und die Testung von Naturstoffen aus Insekten in den nächsten Jahren deutlich voranzutreiben, um neue Targets und Wirkstoffe zu identifizieren.
dc.identifier.urihttps://jlupub.ub.uni-giessen.de/handle/jlupub/19361
dc.identifier.urihttps://doi.org/10.22029/jlupub-18721
dc.language.isode
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.1016/j.ijpara.2019.01.006
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.1038/s41598-019-52416-x
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.1007/s00216-021-03230-w
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.3389/fvets.2020.611270
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.1016/j.ijpara.2020.11.011
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.1371/journal.pntd.0007240
dc.relation.hasparthttps://doi.org/10.3390/antibiotics9100664
dc.rightsIn Copyright*
dc.rights.urihttp://rightsstatements.org/page/InC/1.0/*
dc.subjectFasciola hepatica
dc.subjectLeberegel
dc.subjectSchistosoma mansoni
dc.subjectSchistosomen
dc.subject.ddcddc:570
dc.titleIdentifizierung und Charakterisierung von Wirkstoffen und Targets für neue Bekämpfungsansätze gegen Trematoden
dc.typedoctoralThesis
dcterms.dateAccepted2021-12-15
local.affiliationFB 10 - Veterinärmedizin
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