Untersuchungen zum Vorkommen und zur Stabilität von Colistin-Resistenzdeterminanten in pathogenen Escherichia coli-Isolaten aus klinischem Untersuchungsgut von Schweinen
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Zusammenfassung
Colistin stellt in der Humanmedizin als Reserveantibiotikum eine der letzten Therapieoptionen bei der Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Gram-negativen Bakterien dar. Die weltweite Ausbreitung von mobilen Colistin-Resistenzgenen (mcr), unter anderem in lebensmittelliefernden Tieren, gefährdet diese wichtige Rolle von Colistin und stellt eine erhebliche Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Bei Schweinen wurde das Vorkommen von mcr-Genen in kommensalen E. coli bereits in zahlreichen Studien untersucht. Dagegen ist zur Ausbreitung von mcr-Genen in E. coli-Pathovaren, die als Krankheitsauslöser beim Schwein eine Rolle spielen, bislang wenig bekannt. In dieser Arbeit wurden 10 573 porcine E. coli-Isolate, die von Juli 2000 bis Dezember 2021 von Schweinen aus Deutschland gewonnen wurden, mittels Multiplex-PCRs auf das Vorhandensein von Virulenz-assoziierten Genen (VAGs) sowie der Resistenzgene mcr-1 bis mcr-10 untersucht. Die Mehrzahl der Isolate konnte als eines von verschiedenen E. coli-Pathovaren identifiziert werden, die im Zusammenhang mit Krankheitsgeschehen bei Schweinen bekannt sind, wie enterotoxische E. coli (ETEC, 31,9 %), Ödemkrankheit auslösende E. coli (EDEC, 12,8 %), attaching and effacing E. coli (AEEC, 12,4 %) und Shigatoxin-bildende E. coli (STEC, 3,5 %). In 10,2 % der untersuchten Isolate konnte ein mcr-Gen nachgewiesen werden, wobei mcr-1 (8,4 %) und mcr-4 (1,6 %) am häufigsten vorkamen. Die Gene mcr-2 (0,02 %), mcr-3 (0,03 %) und mcr-5 (0,3 %) konnten ebenfalls vereinzelt nachgewiesen werden, wohingegen die mcr-Gene mcr-6 bis mcr-10 in keinem der untersuchten Isolate identifizierbar waren. Die mcr-1 Nachweisraten stiegen kontinuierlich bis zum Jahr 2015 (15,2 %) an und gingen im Jahr 2016 auf 11,4 % und im Jahr 2017 auf 6,3 % zurück. Enterotoxische und Shigatoxin-bildende E. coli (ETEC/STEC-Hybrid) sowie EDEC waren am häufigsten positiv für mcr-Gene (je 21,9 % und 17,6 %). Mittels Ganzgenomsequenzanalysen von 220 repräsentativen mcr-positiven E. coli-Isolaten konnten sowohl bereits zuvor nachgewiesene mcr-Varianten (mcr-1.1, mcr-1.26, mcr-3.12, mcr-4.1, mcr-4.2, mcr-4.3, mcr-4.6 und mcr 5.1) sowie drei neue Varianten (mcr-1.36, mcr-4.8 und mcr-5.5) identifiziert werden. Das am meisten verbreitete mcr-1-Gen konnte auf IncX4- (83 %), IncHI2- (13 %) und IncI2-Plasmiden (4 %) lokalisiert werden, während der Großteil der mcr-4-Gene (97,1 %) auf einem ColE10-Plasmid vorkam.
Neben der Untersuchung von E. coli-Isolaten aus Deutschland wurden ebenfalls 1936 pathogene Isolate aus 17 europäischen Ländern, die von 2010 bis 2020 isoliert wurden, auf das Vorkommen von mcr-1 und mcr-2 untersucht. Dabei konnte in einem Großteil der E. coli-Isolate aus Ungarn, Spanien, Italien und Portugal das mcr-1-Gen nachgewiesen werden (33,3 - 60,7 %). In zwei ETEC-Isolaten, die von zwei Schweinen aus einem Betrieb in Belgien gewonnen wurden, wurde eine bislang unbekannte mcr-2-Genvariante (mcr-2.8) gefunden. Neben der Lokalisierung von mcr-2 auf IncX4-Plasmiden (n = 8) und dem Chromosom (n = 1), konnte ein bislang unbekanntes IncP-ähnliches Plasmid als Träger von mcr-2.1 in drei Isolaten aus einem belgischen Betrieb identifiziert werden.
Unter Anwendung definierter Kriterien wurden retrospektiv drei Schweinebetriebe in Deutschland identifiziert, bei denen über mindestens vier aufeinander folgende Jahre mcr-positive E. coli-Isolate nachgewiesen wurden. Um Rückschlüsse auf den möglichen Verbleib von bestimmten E. coli-Pathovaren und mcr-tragenden Plasmiden oder einen wiederholten Eintrag unterschiedlicher mcr-positiver E. coli-Isolate ziehen zu können, wurden 87 repräsentative Isolate von insgesamt 154 vorliegenden E. coli-Isolaten Ganzgenomsequenziert und mittels bioinformatischer Methoden auf das Vorkommen von VAGs, Resistenzgenen und Plasmidtypen untersucht. Je 42 %, 30,8 % und 57,7 % dieser Isolate aus den Betrieben 1 bis 3 waren mcr-1.1-positiv und ein ETEC-ähnliches Isolat aus Betrieb 3 war positiv für mcr-4.8. Basierend auf der Bestimmung von Sequenztypen sowie Virulenzgen- als auch Resistenzgenprofilen konnten keine klonalen E. coli-Linien in den Betrieben festgestellt werden. E. coli-Isolate der Sequenztypen ST10 und ST131, die als E. coli mit zoonotischem Potenzial gelten, wurden in den drei untersuchten Betrieben als Träger von mcr-Genen identifiziert. Über mehrere Jahre hinweg konnten mcr-1.1-Gene auf identischen Plasmiden in Betrieb 1 (IncHI2), Betrieb 2 (IncX4) und Betrieb 3 (IncX4, IncI2) nachgewiesen werden.
Die vorliegende Arbeit betont die Relevanz der Weiterentwicklung von bestehenden Überwachungskonzepten, welche durch eine umfassende und kontinuierliche Datenerhebung in Nutztierbetrieben mögliche Risikofaktoren zum Eintrag, Verbleib und der Verbreitung von Colistin-resistenten Mikroorganismen identifizieren und mit gezielten Maßnahmen reduzieren können.
Beschreibung
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Anmerkungen
Erstpublikation in
Gießen: VVB Laufersweiler Verlag, 2025