Intellektuelle Reparationen und westdeutscher Wiederaufstieg : Die Chemische Industrie 1945 - 1955
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Zusammenfassung
Wohlstand für alle , Wirtschaftswunder und soziale Marktwirtschaft lauten die Schlagworte, die meist sofort präsent sind, wenn die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland in den 1950er und 1960er Jahren umschrieben werden soll. Von den ökonomisch Interessierten wird diese Liste noch um den Begriff des Exportwunders ergänzt. Tatsächlich waren die Industriegüterausfuhren in der Dekade ab 1950 doppelt bzw. dreimal so hoch wie die Steigerungsraten der Industrieproduktion und des Bruttosozialproduktes. In einzelnen besonders exportstarken Branchen wie etwa der Chemieindustrie, lagen die entsprechenden Kennziffern sogar noch einmal deutlich höher. Dieser Erfolg beruhte, so die Aussage zahlreicher Wirtschaftshistoriker wie etwa von Abelshauser, auf der Fähigkeit der deutschen Wirtschaft, die besonders nachgefragten innovativen und diversifizierten Qualitätsprodukte erzeugen zu können. Kriegsfolgen wie Besatzung, zerstörte Infrastruktur und Reparationsleistungen hätten hierbei keine negativen Effekte ausgeübt. Im Gegenteil: Gerade durch die Demontagen sei eine Modernisierung des Kapitalstocks der Unternehmen erzwungen und damit der Aufschwung unterstützt worden. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Erfolgs, in Wahrnehmung und Analyse weitestgehend ausgeklammert, bleibt, die im Kontext der Kriegsniederlage und Besatzung ausgeübte Einflussnahme auf das parallel zum Bilanzkapital in den Betrieben vorhandene intellektuelle Kapital. Zwar hatte John Gimbel bereits vor einigen Jahren den für die westdeutsche Wirtschaft angerichteten Schaden auf rd. 10. Mrd. Dollar taxiert diese Schätzung basierte jedoch nur auf einer deskriptiven Analyse der in den Archiven vorhandenen Akten. Mit dieser Dissertation wird ein Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke geleistet, indem Auswirkungen der unter intellektuellen Reparationen subsumierbaren Handlungen und Anordnungen der Alliierten direkt auf das Wissenskapital (Beziehungs-, Human- und Strukturkapital) ausgewählter Unternehmen der Chemieindustrie im Zeitraum 1945-1955 untersucht und deren Folgeeffekte bewertet werden.