Die Kürzung oder Streichung übertariflicher Geldzulagen : Versuch einer Harmonisierung der individual- und kollektivrechtlichen Kürzungs- und Streichungsinstrumente
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Zusammenfassung
Die dem Arbeitgeber für die Ablösung der Verpflichtung zu übertariflichen Geldzulagen zur Verfügung stehenden individual- undkollektivrechtlichen Kürzungs- und Streichungsinstrumente sind durch Wertungswidersprüche gekennzeichnet. So kann sich einArbeitgeber von arbeitsvertraglich gewährten übertariflichen Geldzulagen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch einenWiderruf nur dann lösen, wenn er diesen nach billigem Ermessen gem. § 315 Abs. 1 BGB ausübt. Andererseits kann ein Arbeitgeber, deraufgrund einer Betriebsvereinbarung zur Zahlung übertariflicher Geldzulagen verpflichtet ist, sich hiervon ohne Angabe von Gründen lösen,indem er die Betriebsvereinbarung mit Dreimonatsfrist gem. § 77 Abs. 5 BetrVG kündigt, ohne daß die gekündigte Betriebsvereinbarungeine Nachwirkung gem. § 77 Abs. 6 BetrVG entfalten würde. Diesen Wertungswiderspruch vermag die in dieser Arbeit entwickelteKonzeption - Zulässigkeit des Widerrufes auch nach freiem Belieben - zu überwinden. Ein zweiter Wertungswiderspruch in dergegenwärtigen Rechtslage betrifft die betriebliche Mitbestimmung und die Nachwirkung einer nach § 77 Abs. 5 BetrVG gekündigtenBetriebsvereinbarung über übertarifliche Geldzulagen. Sofern der Arbeitgeber mit der Kündigung beabsichtigt, die Geldzulagen zu kürzenund/oder deren Verteilungsgrundsätze zu ändern, soll nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte eine solche Kündigung nach § 87 Abs.1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein und die Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 6 BetrVG insgesamt - auch hinsichtlich desungekürzten Dotierungsrahmens - nachwirken, dagegen soll die Kündigung mitbestimmungsfrei sein und die Betriebsvereinbarung nichtnachwirken, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, die Geldzulagen gänzlich zu streichen. Darin besteht ein Widerspruch insofern, als diemildere Maßnahme des Arbeitgebers mitbestimmungspflichtig sein und zur Nachwirkung der Betriebsvereinbarung führen soll. DieserWiderspruch wird in der vorliegenden Arbeit einerseits durch die generelle Mitbestimmungsfreiheit der Kündigung einerBetriebsvereinbarung über freiwillige übertarifliche Leistungen, andererseits durch die generelle Ablehnung der Nachwirkung einer solchengekündigten Betriebsvereinbarung, gelöst. Der Mitbestimmung unterliegen in solchen Fällen nur die neuen Verteilungsgrundsätze, wennder Arbeitgeber gekürzte oder anders verteilte übertarifliche Zulagen weiter gewähren will.