Brasilien, Deutschland und Japan für die UN-Sicherheitsratsreform: eine Kritische Diskursanalyse der Online-Reformvorschläge
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Zusammenfassung
Im Rahmen des Weltgipfels 2005 begründeten Brasilien, Deutschland, Japan und Indien die Gruppe der Vier (G4-Staaten), die nach einer Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen streben. Von den vier Mitgliedern erstellten die Auswärtigen Ämter Brasiliens, Deutschlands und Japans ihre eigenen Webseiten für die Reform. Auf diesen Seiten begründen sie die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Reform, sodass der Sicherheitsrat „repräsentativerer, legitimerer und effizienterer“ werden kann. Die vorliegende Promotionsstudie fokussierte sich auf den Vergleich der diskursiven Betrachtung der gleichen Fragen zur Reform des UN-Sicherheitsrates in unterschiedlichen Sprachen, also im Portugiesischen, Deutschen und Japanischen. Texte und Bilder auf den drei genannten Webseiten setzen das Korpus zusammen. Die Analyse wurde anhand des Ansatzes der Kritischen Diskursanalyse durchgeführt, insbesondere die in Language and Power eingeführte Methode Faircloughs (2015) und die in Linguistische Diskursanalyse zusammengefasste Bildanalyse Bendel Larchers (2015). Es konnte festgestellt werden, dass die brasilianischen Texte über kurze Sätze, meistens aktive, und über eine Häufigkeit von Koordination verfügen. Nennenswert ist zudem das häufige Vorkommen expressiver Modalitäten. Die deutschen Texte wirken sehr objektiv und zeigen einige Fälle von Superlativ, was die Dringlichkeit der Reform und die Vorteile eines ständigen UN-Sitzes für Deutschland hervorhebt. Die japanischen Texte hingegen verfügen über viele Nebensätze und, wie die brasilianischen, über vielen expressiven Modalitäten. Da die deutschen und die japanischen Webseiten über einen Q&A-Bereich verfügen, kommen Fragesätze vor, die aber auf der brasilianischen Webseite nicht zu sehen sind. Zudem können mehr assertive (behauptende) Sprechakte in den brasilianischen Texten gesehen werden, wohingegen deklarative (performative) Sprechakte häufiger in den deutschen und japanischen Texten zu finden sind, welche die aktive Teilnahme dieser Länder an der UNO hervorhebt. In Bezug auf die Bildanalyse ist das Foto auf der brasilianischen Startseite groß und wirkt ziemlich subjektiv, indem der leere Hörsaal des Sicherheitsrates in unterschiedlicher Intensität beleuchtet wird. Das deutsche Foto ist kleiner und wirkt eher objektiv, da der volle Raum betrachtet wird und der Fokus auf den menschlichen Aktivitäten liegt. Japan zeigt hingegen abstrakte Abbildungen wie Diagramme, was eher wissenschaftlich und didaktisch wirkt. Des Weiteren konnte noch festgestellt werden, dass der Diskurs Brasiliens die Unterrepräsentation der Entwicklungsländer im Sicherheitsrat hervorhebt, wohingegen Deutschland und Japan ihre finanziellen Beiträge für die UNO oft betonen. Die Entstehung der G4-Staaten kann daher als strategisch interpretiert werden. Einerseits vertreten Brasilien und Indien die Repräsentativität der Entwicklungsländer, andererseits bringen Deutschland und Japan ihren Status als Wirtschaftskräfte für die Gruppe. Auf diese Weise stehen die nationalen Interessen dieser Länder im Vordergrund, während die Lösung von praktischen Problemen, wie das Vetorecht, im G4-Reformvorschlag nicht vorgesehen ist. Nichtsdestotrotz kann man durch die informative und teilweise didaktische Art und Weise der Texte und Bilder der drei Webseiten von einer gewissen argumentativen Stärke sprechen, die bei der Leser:innenschaft Wahrheit und Reliabilität erzeugt. Dies legitimiert und normalisiert die Diskurse.