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Psychosoziale Praxis, Drogengebrauch und das Problem der Identität

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2002

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Zusammenfassung

Die Dissertation sucht eine theoretische Deutung des Zusammenhangs von Identitätsbildung, Drogengebrauch und psychosozialer Praxiszu leisten. In einer multiperspektivischen Vorgehensweise werden identitätstheoretische und entwicklungspsychologische Aussagen miteiner Analyse des gesellschaftlichen Strukturwandels verknüpft. Auf diese Weise wird ein umfassender theoretischer Deutungsrahmenerstellt, der die Wechselbeziehungen zwischen den Bildungsprozessen individueller und sozialer Identität sowie den unterschiedlichenFormen und Funktionen des Gebrauchs von psychoaktiven Substanzen (Drogen) zu analysieren erlaubt. In der anschließenden kritischenAuseinandersetzung mit psychosozialen Interventionsstrategien bei Drogenproblemen wird die theoretische Analyse ergänzt durch eineReflexion (eigener) praktischer Erfahrungen in entsprechenden Arbeitsfeldern.

  1. Neuere gesellschaftliche Entwicklungstendenzen, die mit den Stichworten Individualisierung, Pluralisierung, Globalisierung umschriebenwerden können, haben die Grundlagen für die Herausbildung stabiler Identitäten geschwächt. Wir finden heute eine zunehmende innerePluralisierung (Patchwork-Identität) und Flexibilisierung von Identität. Identitätsbildung ist zu einer biographischen Daueraufgabe geworden,die eine lebenslange seelische Integrationsarbeit erfordert. Diese Entwicklung ist ambivalent: Sie eröffnet neue Möglichkeiten für einekreative Nutzung von Spielräumen, provoziert aber auch ein chronisches Sinndefizit und eine zunehmende Krisenhaftigkeit vonIdentitätsbildungsprozessen. Die Verteilung der Chancen und Risiken ist sozialstrukturell (klassen- und geschlechtsspezifisch) determiniert.Die Schwierigkeiten und Belastungen der Identitätsbildung zeigen sich in besonderer Weise in der Jugendphase, die immer mehr denCharakter eines psychosozialen Moratoriums verliert.

  2. Aufgrund dieser Tendenzen ist eine neue Konfiguration im Verhältnis von Drogengebrauch und gesellschaftlichen Bedingungenentstanden, die sich als doppelte Entgrenzung der Modalitäten des Gebrauchs von psychoaktiven Substanzen bestimmen läßt:Drogengebrauch ist nicht mehr nur an bestimmte Szenen bzw. Subkulturen der Gesellschaft und auch nicht mehr ausschließlich an dieLebensphase der Adoleszenz gebunden. Analog zur Multioptionalität der Lebenskonzepte und zur intrapsychischen Pluralisierung derPerson haben sich multioptionale Drogengebrauchsmuster herausgebildet. Drogengebrauch spielt eine mehrdeutige Rolle als Vehikel derroutinierten Alltagsbewältigung und der Rekreation im Kontext einer Lifestyle- und Erlebniskultur wie auch als prekärer Versuch der'Selbstheilung' einer verunsicherten Identität. Im Kontext adoleszentärer Entwicklungsprobleme finden wir gleichfalls ein breites Spektrumdifferenzierter, abgestufter Muster des Drogenkonsums.

  3. Die neue Konfiguration im Verhältnis von Drogengebrauch und Identitätsentwicklung macht sich auch bezüglich der Strategienpsychosozialer Intervention bemerkbar, die auf die neuen gesellschaftlichen Verwerfungen antworten. Die Analyse der Möglichkeiten undGrenzen eines beratenden, therapeutischen, begleitenden etc. Umgangs mit Betroffenen sowie von präventiven Strategien zeigt, daß dasintegrative Modell psychosozialer Praxis tendenziell in die Polarität therapeutisierender Hilfsangebote auf der einen sowie ausgrenzenderKontrollsysteme auf der anderen Seite zerfällt. Der präventiven Vorverlagerung psychosozialer Aktivitäten korrespondiert eine neueAusschluß- und Ausgrenzungstendenz. Während ausdifferenzierte Strategien psychosozialer Intervention die heterogenenProblemsituationen bearbeiten, die mit Drogenmißbrauch und -abhängigkeit verbunden sind, blockieren drogenpolitischeRahmenbedingungen und institutionelle Eigendynamiken vielfach die Entfaltung psychosozialer Praxis.

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