Eine evolutionäre Analyse individueller strategischer Entscheidungen in Kooperationssituationen

dc.contributor.authorFrey, Ulrich
dc.date.accessioned2023-03-03T14:44:40Z
dc.date.available2016-02-23T11:16:15Z
dc.date.available2023-03-03T14:44:40Z
dc.date.issued2015
dc.description.abstractZunächst werden mögliche evolutionäre Mechanismen wie etwa Mutualismus, Reziprozität usw. für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Kooperation in der Biologie anhand von Beispielen diskutiert. Es folgt eine Klärung der zentralen verwendeten biologischen Begriffe und des theoretischen Analyserahmens. Dann wird die Analyse auf soziale Dilemmasituationen, d.h. Kooperation bei Menschen verengt.Die Arbeit untersucht drei Fragestellungen zur menschlichen Kooperation:1. Es ist bekannt, dass es individuell verschiedene Kooperationsstrategien (Spielertypen) gibt. Lassen sie sich auch außerhalb des Laborkontextes bestätigen?2. Wie gehen Kooperierende (Altruisten) mit Trittbrettfahrern um? Erweisen sich beispielsweise Sanktionen als effizient?3. Wie schneiden Strategien auf dem Kontinuum von egoistisch bis hoch kooperativ im evolutionären Vergleich ab?Im anschließenden Methodenteil werden die Daten, die Arbeitsschritte bei der Datentransformation und die verwendeten statistischen Methoden dargestellt.Die Arbeit kombiniert zwei verschiedene Datensätze: Zum einen Daten aus fünf im peer-review-Verfahren publizierten Studien aus der experimentellen Ökonomik zu public goods games (PGG). Zum anderen einen Datensatz aus einem Online-Browser-Spiel, in dem völlig analog zu Standard-Gemeingutproblemen, drei public goods games eingebaut sind. Mehrere Besonderheiten zeichnen diese Daten aus: Erstens gibt es kein PGG, das jemals mit mehr als einigen hundert Teilnehmern gespielt wurde hier sind es über 18 000. Zweitens umfassen die Daten fünf Länder solche länderübergreifende Vergleiche sind selten. Drittens ist die Spieldauer in PGG meist auf zehn Runden bzw. einige Stunden realer Zeit beschränkt bei Ikariam liegen dagegen Daten für zehn Monate und tausende von Runden vor. Viertens liegt der Kontext und die Motivation der Spieler näher an der Realität als bei Laborexperimenten.Die erste Studie findet in einer länderübergreifenden, großen Stichprobe von über 18 000 Spielern stabile Anteile von Spielertypen über die Zeit: der Altruistenanteil (> 50% Einzahlung der eigenen Ressourcen in das Gemeingut) liegt bei etwa 5 %; der Anteil der Trittbrettfahrer (keine Einzahlungen) bei etwa 25 % und der Anteil konditional Kooperierender (Einzahlung je nach Einzahlung der anderen) bei etwa 70 %.In der zweiten Studie wird das Strafverhalten für Nicht-Kooperation nach Spielertyp differenziert. Strafen erweisen sich dabei überraschenderweise im Gegensatz zur üblichen Forschermeinung als effizient. Es zeigt sich auch, dass Strafverhalten und Kooperationsniveau weitgehend unabhängig sind. Anfangs werden in kooperierenden Gruppen demnach die später geltenden Normen etabliert. Kooperative Individuen können sich in einem Umfeld, in dem die Institution Bestrafung vorhanden ist, durch ihre hohe Einzahlungen in das öffentliche Gut einen Vorteil erarbeiten, da Trittbrettfahrerverhalten abgewehrt werden kann.Die dritte Studie zeigt, dass Kooperationsstrategien durchaus erfolgreicher als Trittbrettfahrer sein können, wenn eine gewisse räumliche Trennung gegeben ist, da sie zum eigenen langfristigen Vorteil effiziente öffentliche Güter erzeugen. Dagegen konnten einige Hypothesen, etwa eine längere Interaktionsdauer mit Kooperierenden im Gegensatz zu Trittbrettfahrern, nicht bestätigt werden.Es wird der erfolgreiche Nachweis geführt, dass Investitionen in ein Gemeingut auch egoistische Gründe haben können.Die neuen Erkenntnisse der Arbeit sind demnach:1. Die in der ökonomischen Experimentalliteratur beschriebenen Spielertypen konnten auch außerhalb des Laborkontextes in einem Online-Spiel bestätigt werden.2. Diese Arbeit bietet für zwei bislang ungeklärte Effekte aus der Experimentalliteratur den endgame- und den partner/stranger-Effekt eine evolutionäre Erklärung über fortgesetzte Interaktionen in der in-group an.3. Diese Arbeit konnte gegen die vorherrschende Forschungsmeinung zeigen, dass Sanktionen nicht die Wohlfahrt schmälern, sondern im Gegenteil vergrößern.4. Diese Arbeit findet effiziente Sanktionen v. a. bei konstant zusammengesetzten, homogenen Gruppen mit längerfristigen Interaktionen.5. Diese Arbeit erklärt über die evolutionäre Funktionslogik den hohen Anteil konditional kooperierender Strategien als Reaktion auf Trittbrettfahrer.6. Diese Arbeit macht plausibel, dass Investitionen in ein Gemeingut nicht notwendigerweise altruistisch motiviert sein müssen, sondern auch aus egoistischen Motiven entstehen können. Kooperation wird damit über Reziprozität und Partnerwahlmechanismen (partner choice) erklärt.Die Arbeit schließt mit der allgemeinen Folgerung, dass selbst sehr robuste Ergebnisse aus Laborexperimenten, beispielsweise die schlechte Effizienz von Strafen, sich nach kleinen Modifikationen als nicht haltbar erweisen können, wie es etwa die Erweiterung von 10 auf 50 Runden in PGG zeigt. Evolutionäre Interpretationen erweisen sich für einige rätselhafte Effekte als überaus fruchtbar.de_DE
dc.description.abstractCooperation in human interaction is fragile. There have been many attempts to identify the drivers of high cooperation levels, but most approaches have assumed that humans play basically one strategy maximizing a profit oriented utility function. However, evidence shows that there are different player types. Therefore, one reason for the often demonstrated decline of cooperation may be that a substantial percentage of reciprocal player types stop cooperating as soon as they experience free riding behaviour by others. Evidence for player types has so far come largely from laboratory experiments. Here, we use another controlled setting a public goods game in an online browser game with around 18 000 players from five countries to test the robustness of previous findings about player types and whether different types of cooperative behaviour extends beyond the laboratory setting. Thus, our data provides external validity to existing laboratory experiments. Our results are largely consistent with previous work, since we find stable player types and consistent differences between countries. In particular, we estimate the percentage of free riders at about 25% and the percentage of high cooperators at about 5%. We find a high variance of reciprocators. The high percentage of conditional cooperators may be due to the necessary reaction to free riding individuals.Since we find different strategies free riding and cooperating among them one question is how cooperators cope with free riders. Much research has shown that different mechanisms may increase cooperation levels: Reputation, assortment, homogeneous and stable groups, face-to-face communication and punishment being the most important ones. However, many studies show that punishment, although able to stabilize cooperation at high levels, destroys gains which makes it less efficient than alternatives with no punishment. Standard public goods games (PGGs) in fact show exactly these patterns. However, both evolutionary theory and real world institutions give reason to expect institutions with punishment to be more efficient, particularly in the long run. Long-term cooperative partnerships with punishment threats for non-cooperation should outperform defection prone non-punishing ones. We demonstrate that fieldwork data from hunter-gatherers, common pool resource management cases and even PGGs support this hypothesis. Although earnings in PGGs with a punishment option may be lower at the beginning, efficiency increases dramatically over time. Most ten-period PGGs cannot capture this change because their time horizon is too short.The existence of different strategies leads us to the question of their evolutionary success. We show, that under different settings, the success of three strategies, free riding, conditional cooperation and high cooperation heavily depends on the frequency of the other strategies as well as the specific composition of the group a strategy finds itself confronted with. In particular, high cooperators are successful if they are among themselves, which may be a result of stochastic processes or active assortment. If they are not able to exclude free riders, they do worse. We confirm that all player types associate preferably with high cooperators as shown by longer interaction times. We demonstrate that investing in a public good may pay off if free riding individuals can be excluded at least to a minimal degree. We offer an evolutionary explanation for this behavior by exposing the egoistic direct benefits behind it, making explanations via indirect benefits or via kin selection unnecessary.en
dc.identifier.urihttp://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:26-opus-119447
dc.identifier.urihttps://jlupub.ub.uni-giessen.de//handle/jlupub/10976
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.22029/jlupub-10359
dc.language.isode_DEde_DE
dc.rightsIn Copyright*
dc.rights.urihttp://rightsstatements.org/page/InC/1.0/*
dc.subjectKooperationde_DE
dc.subjectEvolutionde_DE
dc.subjectAltruismusde_DE
dc.subjectSanktionende_DE
dc.subjectcooperationen
dc.subjectevolutionen
dc.subjectaltruismen
dc.subjectpunishmenten
dc.subject.ddcddc:570de_DE
dc.titleEine evolutionäre Analyse individueller strategischer Entscheidungen in Kooperationssituationende_DE
dc.title.alternativeAn evolutionary analysis of individual cooperative strategiesen
dc.typedoctoralThesisde_DE
dcterms.dateAccepted2016-02-10
local.affiliationFB 08 - Biologie und Chemiede_DE
local.opus.fachgebietBiologiede_DE
local.opus.id11944
local.opus.instituteInstitut für Philosophiede_DE
thesis.levelthesis.doctoralde_DE

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